Lexikon
Kreide: Unterkreide
Vor 140–97 Mio. Jahren: Die Unterkreide
140–97 Mio.
Das Klima ist wie in den vorhergehenden Epochen des Mesozoikums weiterhin weltweit mild und global ausgeglichen. Die Flora ist deshalb auf der ganzen Erde weit gehend einheitlich.
Von Angola bis Gabun bilden sich bei sehr trockenem und warmen Klima mächtige Lager von Steinsalz und Carnallit.
Mitteleuropa ist landschaftlich durch weite Meeresgebiete, unterbrochen von Rossßen Inseln und Festlandschwellen, geprägt.
Erste Mitglieder der Rhodophyta-Familie Corallinaceae (Korallenalgen, Nulliporen) lassen sich fossil nachweisen.
Aus dieser Zeit stammen erste Überlieferungen von einzelligen so genannten Wimpertierchen (Ciliata) sowie von Vertretern der Strahlentierchen-Unterordnung Phaeodaria. Die Oberfläche der ersteren ist ganz oder teilweise mit feinen Wimpern bedeckt, die der Bewegung der Tiere dienen. Phaeodaria besitzen hohle Skelettelemente und sind daher nur mit wenigen Arten fossilisiert erhalten.
Wie in geringem Ausmaße bereits im Jura entstehen – jetzt besonders mächtige – marine Sedimente von Schreibkreide, vor allem im nördlichen Mitteleuropa. Zu dieser Formation gehören u.a. die Kreidefelsen von Rügen und das Klint auf der dänischen Insel Møn.
Porzellanschnecken (Überfamilie Cypraeacea) erscheinen erstmalig in den warmen (kalkreichen) Meeren.
In Europa, Nordamerika, Asien, Afrika und sogar in Antarktika leben zahlreiche Iguanodon-Arten. Dabei handelt es sich um Pflanzen fressende Dinosaurier, die zu den Ornithopoden (»Vogelfüßigen«) zählen und in Herden leben.
Im Nordosten Brasiliens setzen sich Sedimentgesteine von Knollenalgen mit zahlreichen Wirbeltierfossilien im Vorkommen Chapada do Araripe ab.
Die Farngewächse bringen mehrere neue Formen hervor, darunter die Gruppe der in Sand wachsenden Weichseliaceae, ferner die in ihrer Belaubung an gewisse Ginkgogewächse erinnernde Gattung Acrostichopteris und die Unterordnung Schizaeaceae. Weit verbreitet sind in dieser Zeit die tropischen kletternden Farne der Unterordnung Gleicheniaceae.
Erstmals erscheinen die Brachsenkräuter (Isoëtineae). Sie sind mit den Schuppenbäumen (Lepidophyten) verwandt.
Im Rahmen der langsam anlaufenden Artenvermehrung der Bedecktsamer entstehen einige Familien der Reihen Sumpfliliengewächse (Helobiae) und der Schraubenbaumgewächse (Pandanales). Es handelt sich um krautige Pflanzen wie z.B. bei den Helobiae die Froschlöffelgewächse (Alismataceae) und – um 97 Mio. – die Laichkräuter (Potamogetonaceae). Die ersten Pandanales sind die in Japan verbreiteten Rohrkolben (Typhaceae).
Bedecktsamer sind auch unter den Bäumen verbreitet. Sie gehören zu zwei Reihen, den Ranales mit Magnolie, Anona, Sassafras und Zimtbaum, und den Weidengewächsen (Salicales) mit Weiden und Pappeln.
In den Wäldern sind die so genannten echten oder höheren Pilze weit verbreitet. Ihr erstes erdgeschichtliches Auftreten ist nicht gesichert.
140–80 Mio.
Erste Schlangen (Serpentes oder auch Ophidia) entwickeln sich. Ihr ältester bekannter Vertreter ist Pachyrhachis, ein 1 m langes wasserbewohnendes Reptil, das in Israel nachgewiesen ist.
140–66 Mio.
Das Wasser in der Tiefsee ist etwa 15 °C warm gegenüber 2 °C heute.
Die Driftbewegung der Südkontinente voneinander fort, die sich im vorausgehenden Jura bereits durch innerkontinentale Grabenbrüche ankündigte, verstärkt sich. Dies führt jetzt zum raschen Auseinanderfallen des Gondwana-Gebietes.
In den Meeren Nordeuropas sind Coccolithen, kleine kalkige Skelettplättchen der so genannten Coccolithophoriden, derart häufig, dass sie kreidige Kalksedimente bilden. Die Coccolithophoriden gehören zu den Flagellaten.
Leitfossilien sind u.a. Foraminiferen-Arten, Korallen, verschiedene Kopffüßer und Armfüßer sowie besonders Muscheln.
Milleporen und Stylasteriden, kleine kolonienbildende marine Nesseltiere (Hydrozooen), sowie die ebenfalls in Kolonien lebenden Moostierchen der Unterklasse Cheilostomate sind in den Meeren weit verbreitet und erstmals fossil gut belegt.
Kieselige Skelette von Silicoflagellaten lassen sich erstmals in Meeressedimenten nachweisen. Die heute noch verbreiteten einzelligen Organismen leben im Plankton.
Nachfahren der in der Unterkreide lebenden Urvögel sind die »neuen Mögel« (Neornithes), eine Unterklasse der Mögel (Aves), zu der alle heute lebenden Vögel gehören. Je nach Lebensraum kommen laufende und schwimmende Formen ohne oder mit verkümmerten Flügeln sowie fliegende Neornithes vor.
In zahlreichen Gruppen des Tierreiches kommt es zu Riesenwuchs. Dieses Phänomen ist u.a. bei Muscheln, Ammoniten und Belemniten, Flugsauriern und vielen Dinosauriern zu beobachten. Die Ursachen hierfür sind nicht bekannt.
Als neue Nadelhölzer erscheint die Familie Podocarpaceae, die heute vorwiegend auf der Südhemisphäre verbreitet ist. Neu unter den Koniferen sind auch drei Gattungen der Kieferngewächse (Pinaceae). Es handelt sich dabei um die Fichte (Picea), die Lärche (Larix) und die Zeder (Cedrus).
Um 130 Mio.
Die Indische Tafel beginnt, sich von Antarktika zu lösen. Dieses Auseinanderdriften lässt Antarktika weiter nach Süden wandern.
Um 100 Mio.
Viele Geosynklinalgebiete vor allem in Südeuropa, Südasien und Amerika, engen sich ein und beginnen sich aufzufalten. Faltengebirge entstehen hierdurch im Alpenraum, in den Dinariden, den Karpaten, in Transkaukasien und Südchina sowie im Westen Nord- und Südamerikas.
100–66 Mio.
In Nord- und Südamerika entwickeln sich die ersten Beuteltiere (Marsupialia) in Form der so genannten Rattenbeutler (Unterordnung Didelphoidea). Zu ihnen gehört das noch heute in Südamerika beheimatete Opossum.
Um 97 Mio.
In Südfrankreich (Aix-en-Provence), den USA (Two Medicine Formation) und in der chinesisch-mongolischen Wüste Gobi fossilisieren Dinosaurier-Gelege. Sie umfassen jeweils 18 bis 24 Eier und sind in regelmäßigen Spiralen abgelegt. Die Anlage der Gelege weist auf Nest- und Brutpflege hin.
Die Klasse der Calpionellidea, das sind einzellige glockenförmige Organismen, stirbt aus.
Zahlreiche Dinosaurier-Arten überleben die Unterkreide nicht. Dazu gehören die großen Fleisch fressenden Allosaurier, die Mehrzahl der Iguanodons und viele Hypsilophodontiden, außerdem alle Stegosaurier.
Mehrere frühe Säugetierordnungen verschwinden. Zugleich gehen mit ihnen ganze Infraklassen zugrunde. Die aussterbenden Infraklassen sind die Pantotheria, die Eotheria und die Trituberculata. Zu den erlöschenden Ordnungen zählen Eupantotheria, Tricodonta, Symmetrodonta und Multituberculata.
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