Lexikon
Staatsphilosophie
die systematische Beschäftigung mit den Fragen nach Ursprung, Wesen und Sinn sowie der (moralisch) besten Form des Staats (Staatstheorien), zu unterscheiden von der Allgemeinen Staatslehre. Die Staatsphilosophie fragt nach dem Seinsgrund des Staats (ontologische Frage) und entnimmt die Antwort einer bestimmten Auffassung von der Natur des Menschen. Seit Aristoteles wird die Staatenbildung aus dem gesellschaftlichen Wesen des Menschen abgeleitet und dem Staat eine gewisse Autarkie zugeschrieben. Die bei Platon noch stark metaphysisch-erkenntnistheoretisch gemeinte Staatsphilosophie geht bei Aristoteles und Cicero realistischer von Familien und deren Zusammenschlüssen aus. Augustinus legt der staatlichen Gemeinschaft die Idee des Friedens und der aus ihm entspringenden Ordnung zugrunde. Thomas von Aquin gibt dieser staatlichen Gemeinschaftsordnung als Friedensordnung, die das „Gemeinwohl“ im Auge hat, den Vorrang vor den einzelnen Gliedern; allerdings lässt er den auf Gott ausgerichteten Menschen über den Staat als irdische Gemeinschaft erhoben sein.
Aristoteles
Aristoteles
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Augustinus, Aurelius
Aurelius Augustinus
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Mit der Idee des Rechtsstaats (J. Althusius) und der (Volks-)Souveränität (J. Bodin) wird die Herrschaft der Regierenden als Mandat verstanden, doch zugleich auch die rechtspositivistische Auffassung der Unterwerfung der im Naturzustand freien Individuen unter das staatliche Gesetz – später einziger Maßstab für Recht und Unrecht – vorbereitet. Für T. Hobbes ist der Staat zur Überwindung des im Naturzustand stattfindenden Kampfs aller gegen alle notwendig. J.-J. Rousseau vertritt dagegen die Auffassung, der Staat habe den Menschen in den Naturzustand allgemeine Freiheit zurückzuführen (Sinn des Gesellschaftsvertrags). I. Kant sucht schließlich durch den Staat die allgemeine Freiheit (durch Zwangsgesetze) sicherzustellen, während J. G. Fichte den Staat als Reich der Sittlichkeit bezeichnet. F. W. J. von Schellings „Staat als überindividuelles Wesen“ und G. W. F. Hegels „Staat als Verkörperung des Volksgeistes“, in dem der Mensch seine volle geistige Wirklichkeit erst im Staat findet, führen zur Überbetonung des Staats gegenüber dem Individuum. Aus dem Staat, der nur Entfaltung und Sicherung der freien sittlichen Einzelpersönlichkeit zu garantieren und zu ermöglichen hatte (18. Jahrhundert; Kant, Schiller, W. von Humboldt), wird der Staat als die „Wirklichkeit der sittlichen Idee“ selbst, der dem Einzelnen keinen selbständigen Eigenwert zuerkennt; der Wille des Staats wird zur obersten Quelle des Rechts (Hegel, J. Binder).
Die marxistische Staatsphilosophie – im Staatsdenken von K. Marx, F. Engels, W. I. Lenin bis zu den Staatstheoretikern der DDR – ging bei der Gegenüberstellung von Mensch, Klassengesellschaft und Staat vom Instrumentcharakter des Letzteren in der Hand der herrschenden Klasse zur Ausbeutung der unterworfenen aus. Erst die Wirtschaftsplanung und organisierte Arbeitsteilung der Gegenwart lassen die marxistische Staatsphilosophie die notwendige Existenz eines sozialistischen Staats für die Epoche des entwickelten Sozialismus annehmen und das immer wieder behauptete Absterben des Staats umdeuten in wachsende gesellschaftliche Organisiertheit. Dem Recht als „Regulator“ kommt damit eine neue, im „Überbau“ nicht ganz verständliche Leitfunktion in die „Basis“ hinein zu (Rechtsphilosophie).
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