Lexikon

Vietnmkrieg

die 2. Phase der Indochinakriege, anfangs ein vietnamesischer Bürgerkrieg, der durch die Unterstützung der UdSSR und Chinas auf nordvietnamesischer Seite und durch das Eingreifen der USA auf südvietnamesischer Seite zu einem südostasiatischen Krieg wurde. Die USA griffen ein, weil sie fürchteten, dass die südostasiatischen Staaten kommunistisch würden (Dominotheorie) und dass sie selbst Macht und Einfluss in den östlichen und südöstlichen Pazifik-Staaten verlieren könnten.
Nachdem die USA bereits 1953/54 erwogen hatten, in den Indochinakrieg zwischen Frankreich und den nationalkommunistischen Befreiungsbewegungen einzugreifen, wurden sie nach der Genfer Indochinakonferenz von 1954 zur Garantiemacht des antikommunistischen Südvietnam. Problematisch wurde diese Rolle, als Südvietnam sich 1956 weigerte, die in Genf vorgesehene Volksabstimmung zur Wiedervereinigung abzuhalten. Daraufhin kam es in Südvietnam seit 1957 zunehmend zu Guerillatätigkeit und Terrorakten der kommunistischen Viet-Cong, die von Nordvietnam Unterstützung und Anleitung erhielten. Obwohl die USA seit 1961 Militärberater entsandten und die Viet-Cong mit deren eigenen Methoden zu bekämpfen suchten, schließlich auch zum Sturz der Regierung Diem beitrugen, verschlechterte sich ständig die militärische Situation.
1964 entschieden sich die USA nach dem Tonkin-Zwischenfall für einen begrenzten Einsatz eigener Streitkräfte in Südvietnam.
Der Krieg in Vietnam: "Das neue Gesicht eines alten Feinde
Der Krieg in Vietnam: "Das neue Gesicht eines alten Feindes"
Am 7. 4. 1965 legt US-Präsident Lyndon B. Johnson in seiner Rede über die "Friedensmöglichkeiten in Südostasien" die Gründe dar, aus denen er das politische Eingreifen der USA in den Krieg zwischen Nord- und Südvietnam für unausweichlich hält:

Heute Abend sterben Amerikaner und Asiaten für eine Welt, in der jedes Volk seinen eigenen Weg wählen kann. Das ist das Prinzip, für das unsere Vorfahren in den Tälern von Pennsylvania gekämpft haben. Das ist das Prinzip, für das unsere Söhne heute Abend in den Dschungeln Vietnams kämpfen. Vietnam ist weit von diesem friedlichen Campus. Wir haben kein Territorium dort und wir suchen auch keines. Der Krieg ist schmutzig, brutal und schwierig. Mehr als 400 junger Männer, geboren in einem Amerika, das überquillt von Möglichkeiten und Hoffnungen, haben ihr Leben auf Vietnams rauchender Erde beendet ... Wir kämpfen, weil wir kämpfen müssen, wenn wir in einer Welt leben wollen, in der jedes Land sein eigenes Schicksal bestimmen kann, und nur in einer solchen Welt wird unsere eigene Freiheit endgültig sicher sein. Diese Welt wird nie durch Bomben und Granaten errichtet werden. Doch die menschlichen Schwächen sind solcher Art, dass Gewalt oft der Vernunft, die Verwüstung des Krieges den Werken des Friedens vorangehen muss ... Die Welt in Asien ist kein heiterer und friedlicher Ort. Die erste Realität ist, dass Nordvietnam die unabhängige Nation Südvietnam angegriffen hat. Das Ziel ist die totale Eroberung. Natürlich unterstützen einige Südvietnamesen den Angriff auf ihre eigene Regierung. Aber ausgebildete Männer, Nachschub, Befehle und Waffen fließen unaufhörlich von Nord nach Süd. Diese Unterstützung ist der Lebensstrom des Krieges. Und es ist ein Krieg von unvergleichlicher Brutalität ... Die konfuse Natur dieses Konflikts kann die Tatsache nicht überdecken, dass es sich um das neue Gesicht eines alten Feindes handelt. Über diesem Krieg - und über ganz Asien - hängt der dunkle Schatten des kommunistischen Chinas. Die Regierung in Hanoi wird gelenkt von Peking ... Warum sind wir in Südvietnam? ... Durch die vielen Jahre hindurch haben wir versprochen, Südvietnams Unabhängigkeit verteidigen zu helfen. Und ich beabsichtige, dieses nationale Versprechen zu halten. Das Versprechen zu missachten, die kleine tapfere Nation ihren Feinden und dem dann folgenden Terror preiszugeben, wäre ein unverzeihlicher Fehler ..."

Es kam jedoch bald zu einer Steigerung (Eskalation) des US-amerikanischen Engagements; die Zahl der eingesetzten Soldaten stieg von 23 000 im Januar 1965 auf 550 000 im Juni 1968. Die USA führten auch Luftangriffe gegen nordvietnamesische Ziele; sie verzichteten jedoch auf eine Kriegserklärung und volle Kriegführung gegen Nordvietnam, um jede direkte militärische Einmischung der UdSSR oder Chinas zu vermeiden.
Vietnamkrieg: Napalmbombenangriff
Napalmbombenangriff in Vietnamkrieg
Kinder sind während des Vietnamkrieges auf der Flucht vor dem Napalmbombenangriff durch Flugzuge der südvietnamesischen Regierung, der aus Versehen ihr Dorf traf, das 26 Meilen von Saigon entfernt lag.
Nachdem die fortwährend gesteigerte Bombardierung Nordvietnams die Gegenseite nicht verhandlungsbereit gemacht hatte und andererseits die groß angelegte Tet-Offensive des Viet-Cong im Januar/Februar 1968 zwar militärisch erfolglos geblieben war, aber einen Stimmungswandel in der US-amerikanischen Bevölkerung gegen den Kurs der eigenen Regierung verstärkt hatte, befahl US-Präsident L. B. Johnson einen Bombardierungsstopp. Am 13. 5. 1968 begannen daraufhin langwierige, mehrfach unterbrochene amerikanisch-nordvietnamesische Verhandlungen in Paris zur Beendigung des Krieges (Vietnamkonferenz). Entscheidend waren in der Schlussphase die Geheimgespräche zwischen H. Kissinger, dem Berater des US-Präsidenten Nixon, und dem nordvietnamesischen Politbüro-Mitglied Le Duc Tho, die am 27. 1. 1973 zur Unterzeichnung eines Waffenstillstandsabkommens führten. Unterzeichner waren die USA, Nordvietnam, Südvietnam sowie die „Provisorische Revolutionsregierung“ Südvietnams, d. h. die Viet-Cong. In der Zwischenzeit hatten die USA eine „Vietnamisierung“ des Konfliktes eingeleitet, indem sie ihre Truppen schrittweise abzogen und die Kriegführung mehr und mehr der südvietnamesischen Armee überließen. Doch weder die Ausweitung des Krieges auf die Nachbarländer Laos und Koambodscha, der Waffenstillstand noch die Vietnamisierungspolitik brachten ein Ende der Kämpfe und eine Klärung der Machtverhältnisse in Südvietnam. Nach dem Abzug fast aller US-Truppen und der Kürzung finanzieller Hilfe durch die USA befahl der südvietnamesische Präsident Thieu im Frühjahr 1975 den strategischen Rückzug aus dem Hochland, der zu einer militärischen Katastrophe wurde. Die Kommunisten besetzten schnell das aufgegebene Terrain. Das militärische Debakel hatte den Sturz Thieus und seines Regimes zur Folge. Nach der Kapitulation von Saigon am 30. 4. 1975 hatte der 30-jährige Krieg ein Ende.
Der Vietnamkrieg verwüstete beide Teile Vietnams durch mehrere Mio. Tonnen von Bomben und den Einsatz von Herbiziden (Entlaubungsmittel). Die exakte Höhe der Opferzahl konnte nur schwer beziffert werden. Die Angaben schwanken je nach Zähl- und Sichtweise zwischen 1,8 Mio. und über 3 Mio. Toten. Rd. 58 000 Amerikaner kamen in den Kämpfen ums Leben. In Südvietnam allein gab es 6 Mio. Flüchtlinge. 1975 setzte eine Massenflucht von Vietnamesen, meist chinesischer Abstammung („Hoa“), über das Meer in andere Länder Südostasiens sowie nach Amerika und Europa ein, die 19781980 ihren Höhepunkt erreichte (Boatpeople).
In den späten 1960er Jahren hatte der Vietnamkrieg in den USA die Gesellschaft gespalten und zu einer breiten Anti-Kriegsbewegung geführt, die im Zusammenhang mit der Bürgerrechtsbewegung die bestehende politische Ordnung kritisch hinterfragte. Diese Protestbewegung griff auch auf die westeuropäischen Staaten über, in deren Öffentlichkeiten der Anti-Amerikanismus zunahm. Mit dem Schlagwort Vietnam-Syndrom wurde nach dem Ende des Vietnamkrieges die mangelnde Bereitschaft der US-amerikanischen Politik bezeichnet, längere Auslandseinsätze der Streitkräfte zu befürworten. Die Traumata der Vietnamveteranen fanden Eingang in soziale und kulturelle Diskurse. Das Verhältnis zwischen den Vereinigten Staaten und Vietnam blieb zunächst belastet, vor allem auch durch das Problem der mangelnden Information über vermisste US-amerikanische Soldaten. Erst nach dem Ende des Kalten Krieges, unter der Präsidentschaft B. Clintons, entspannten sich die Beziehungen. 1994 hoben die USA das Handelsembargo gegen Vietnam auf. 1995 wurden die diplomatischen Beziehungen zwischen den beiden Staaten wieder hergestellt.
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