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Naturally Bond

von Jörg Peter Urbach, wissen.de

Geschüttelt oder gerührt?

Nullen haben es schwer im Leben. Doppelnullen sowieso. Schließlich gilt es, als Gegenleistung für die Lizenz zum Töten, zwei Menschen das Leben zu nehmen. Eingefleischte James Bond-Fans wissen das natürlich alles. Aber auch sie machen in der drastischen, als Rückblick in grobkörnigem Schwarzweiß gedrehten Eingangszene von „Casino Royale“ die Bekanntschaft mit einem neuen Bond. Unkonventioneller, härter,einsilbiger, animalischer ist er als es uns die 20 Vorgängerfilme weismachen wollen. Dieser Geheimagent ist zu Beginn der Handlung eine knallharte Killermaschine, die keine Gefühle kennt oder gar zulässt, und der es gleich ist, ob der Wodka Martini geschüttelt oder gerührt ist.

 

Mit der jetzt auch in die deutschen Kinos kommenden Verfilmung des ersten Bond-Romans „Casino Royale“ aus der Feder von Ian Fleming kehrt nicht nur die Figur 007, sondern auch die bis heute erfolgreichste Filmserie aller Zeiten zu ihren Ursprüngen zurück. Das ist nach den übertrieben lauten, bis ans äußerste des filmisch erträglichen getriebenen „Die Welt ist nicht genug“ und „Stirb an einem anderen Tag“ eine ausgesprochen überfällige Wendung: Weg von den am Ende unsäglichen Altherrenwitzen eines Roger Moore, weg von der bisweilen aalglatten Selbstironie eines Pierce Brosnan. Und auch den technischen Spielereien aus Q’s Laboren weint man keine Träne nach. Um es gleich vorweg zu nehmen: „Casino Royale“ ist nicht nur ein ausgezeichneter Bond-Film, sondern auch ein guter Film. Eine Nachricht, die nach den schlicht abstrusen Vorverurteilungen des Boulevards über Bond-Darsteller Daniel Craig nicht unbedingt zu erwarten, in Kenntnis dessen schauspielerischer Fähigkeiten und der Mitwirkung von Oscar-Preisträger Paul Haggis am Drehbuch aber durchaus keine Sensation ist.

 

Auch wenn die schriftstellerische Vorlage von Ian Fleming sicherlich die halbe Miete ist, bietet das Drehbuch von „Casino Royale“ eine Steilvorlage für einen ambitionierten, James-Bond-erfahrenen Regisseur wie Martin Campbell, der schon 1995 in „GoldenEye“ mit Pierce Brosnan einen neuen Bond einführte. Es bietet ebenso Raum für überaus rasante und geschmeidige Verfolgungsjagden etwa im Stil des französischen „Parcours“ und klassische Actionfeuerwerke wie für – bei eher Bond untypische - rasiermesserscharfe Dialoge und feinnervige Duelle am Pokertisch. Campbell gelingt ein müheloses Spiel mit unterschiedlichen Erzähltempi. Folge: ein schöner Rhythmus und wechsevolle Spannungsbögen.

 

Bond wird nach einer missglückten Operation in Afrika, die eine schwere diplomatische Krise auslöst, auf eine Mission gegen den als Banker globaler Terroristengruppen arbeitenden Le Chiffre geschickt. Der hat das ihm anvertraute schmutzige Geld beim riskanten Börsenspiel verloren und muss es sich jetzt beim Pokerspiel der Reichen – es geht um mehr als 100 Millionen Dollar - im Casino Royale zurückholen. Bond zur Seite steht in diesem Psychoduell Vesper Lynd, eine Beamtin des britischen Schatzamtes, die ihm das Geld der Regierung für den Einsatz zur Verfügung stellt.

 

Die Story ist klar und schnörkellos. Die Umsetzung auch. Natürlich reist Bond im Laufe seiner Ermittlungen wie schon seine Vorgänger um die halbe Welt, legt auf der Jagd nach Terroristen eine Botschaft in Schutt und Asche, bricht in die Privatwohnung seiner Chefin M ein und verhindert in letzter Sekunde einen Terroranschlag auf den Flughafen von Miami, aber das konzentrierte Kernstück des Films spielt sich im Casino selber ab, ist das Duell zweier Machtmenschen um den Sieg, das mit wenigen erlaubten und vielen schmutzigen Tricks bis zum bitteren Ende geführt wird. Um diese Schlüsselszene zu tragen, braucht es gute bis sehr gute Schauspieler. Daniel Craig und Mads Mikkelsen stehen sich da in ihren Leistungen in nichts nach.

 

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