wissen.de Artikel
Referendum in Schottland: Was wäre wenn - Schottland unabhängig werden würde?
Es wird spannend – so viel ist klar. Denn in den letzten Wochen zeichnete sich in den Umfrageergebnissen ein Kopf-an-Kopf-Rennen der Befürworter und Gegner einer schottischen Unabhängigkeit ab. Nachdem zunächst eher die Kontra-Unabhängigkeits-Stimmen überwogen, erlangten die Pro-Stimmen zwei Wochen vor der Wahl erstmals eine knappe Mehrheit von 51 Prozent.
Meinungen sehr geteilt
Dabei zeigen Analysen, dass vor allem die älteren Schotten eher gegen eine Unabhängigkeit zu sein scheinen, jüngere dagegen vorwiegend dafür sind. Auch Frauen tendieren offenbar eher dazu, in Großbritannien bleiben zu wollen. Unterschiede gibt es auch in den politischen Richtungen: Wähler der konservativen und liberalen Parteien sind überwiegend pro-britisch, unter den Anhängern der Labour-Party gibt es deutlich mehr Befürworter der Unabhängigkeit.
Natürlich sind solche Vor-Umfragen immer nur bedingt aussagekräftig, dennoch sorgen sie bei Gegner der Unabhängigkeit und vor allem bei britischen Politikern für große Sorge. Was aber wären die Konsequenzen für Schottland und den Rest Großbritanniens, wenn die Befürworter der Unabhängigkeit gewinnen würden?
Die Sache mit dem Öl
Für ein relativ kleines, nicht gerade extrem bevölkerungsreiches Land wie Schottland stellt sich dann als erstes Frage, wie überlebensfähig seine Wirtschaft im Falle einer Unabhängigkeit wäre. Die Schotten setzen hierbei ganz auf ihr größtes Kapital – Erdöl. Denn die meisten Ölplattformen Großbritanniens stehen vor der Küste Schottlands. Sollte zur Abtrennung Schottlands kommen, müsste man auch die Meeresgebiete beider Territorien neu aufteilen – und rund 90 Prozent der Ölvorkommen und Förderanlagen lägen dann im schottischen Hoheitsgebiet. Für Rest-Großbritannien wäre dies eine empfindliche Einbuße, denn sie nehmen mehrere Milliarden Pfund durch die Öl- und Gasförderung ein.
Kein EU-Mitglied mehr
Wenn Schottland unabhängig würde, wäre das neu entstehende Land kein Mitglied der EU mehr. Das stellte der Präsident der EU-Kommission Jose Manuel Barroso schon Anfang dieses Jahres klar. Denn weil Schottland dann kein Teil Großbritanniens mehr ist, gibt es offiziell dann auch keinen Vertrag mehr zwischen der EU und Schottland. Das neu entstandene Land müsste daher aufs Neue den EU-Beitritt beantragen – und die entsprechenden Bedingungen erfüllen.
Hinzu kommt: Die Briten hätten dann, wie jedes andere EU-Mitglied auch, Vetorecht – sie könnten damit im Alleingang verhindern, dass ihr Nachbar im Norden in die EU aufgenommen wird. Aber auch für den Rest Großbritanniens könnte die Unabhängigkeit Schottlands langfristig politische Folgen haben. Denn bisher haben offenbar vor allem die Stimmen der Schotten dafür gesorgt, dass Großbritannien in der EU bleibt. Wenn es tatsächlich 2017 zu einer Volksabstimmung über "EU – Ja oder Nein" in Großbritannien kommen sollte, dann könnte diese fehlenden Pro-Stimmen den Ausschlag geben.
Mit was werden die Schotten zahlen?
Eine große und noch offene Frage ist, mit welcher Währung die Schotten nach der Unabhängigkeit zahlen würden. Alex Salmond, der Chef der Schottischen Nationalpartei SNP, will weiterhin das Pfund behalten – als schottisches Pfund. Das hätte für die Wirtschaft enorme Vorteile, weil sich für Banken und Unternehmen, die mit Partner in Rest-Großbritannien Geschäfte machen, nichts ändern würde. Andererseits haben die Schotten keine eigene Notenbank und das Recht, Pfundnoten zu drucken, hat bisher nur die britische Notenbank.
Sollte Schottland in die EU aufgenommen werden, könnten sie sich der Eurozone anschließen und den Euro zu ihrer Landeswährung machen. Da ein problemloser EU-Beitritt aber eher zweifelhaft erscheint, wäre sicher eine gute Lösung, aber nicht schnell oder wahrscheinlich. Bliebe noch eine komplett eigene Währung – das schottische Pfund. Das wäre zwar bei einer Unabhängigkeit nur konsequent, hätte aber einige wirtschaftliche Nachteile. So muss bei nahezu allen internationalen Transaktionen Geld getauscht werden – mit den dabei anfallenden Nachteilen. Außerdem muss Schottland dann zunächst einmal eine eigene Notenbank auf die Beine stellen und sich überlegen, wonach sich die Währung orientieren soll.
Schon jetzt sorgt allein die bloße Möglichkeit, dass Schottland unabhängig werden könnte, für Unruhen auf den Währungsmärkten. Als es vor einigen Tagen in den Umfragen erstmals so aussah, als wenn die Befürworter der Unabhängigkeit die Mehrheit bekommen könnte, sackte prompt der Kurs des britischen Pfunds gegenüber dem US-Dollar drastisch ab.