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Seltene Erden – ein begehrter Hightech-Rohstoff
Im schwedischen Kiruna wurde im Januar 2023 das größte europäische Vorkommen von Seltenen Erden identifiziert. Mehr als eine Million Tonnen an Seltenerdoxiden könnten dort unter Tage schlummern, wie der schwedische Bergbaukonzern LKAB mitteilte. Das „Per Geijer“ getaufte Vorkommen beginnt in gut 300 Meter Tiefe und liegt mehrere Kilometer nördlich der bestehenden Eisenerzmine von Kiruna. Aber was macht diese Entdeckung zu einem solchen „Sensationsfund“?
Was sind Seltene Erden?
Der Begriff „Seltene Erden“ ist ziemlich missverständlich, denn weder handelt es sich bei ihnen um Erde noch sind sie wirklich selten. Zu den Seltenen Erden gehören insgesamt 17 relativ weiche Metalle mit steiniger bis silbriger Färbung. Neben Scandium, Yttrium und Lanthan umfassen sie nach 14 weitere Elemente , die im chemischen Periodensystem auf Lanthan folgen.
Diese Elemente liegen allerdings nicht als schieres Metall unter der Erde, sondern müssen zunächst aus Erzen gewonnen werden. Meist liegen sie darin in Form von Oxiden vor, die miteinander und mit anderen Metallen gemischt sind. Und Oxide, also Sauerstoffverbindungen, wurden früher auch als „Erden“ bezeichnet, daher die irreführende Bezeichnung Seltene Erden.
Entgegen ihrem Namen kommen Seltene Erden weltweit betrachtet eigentlich verhältnismäßig häufig vor. Selbst die seltenste Element unter ihnen, Thulium, ist immer noch in größeren Mengen vorhanden als Gold. Manche Seltenerdmetalle sind sogar häufiger zu finden als Kupfer oder Blei. Allerdings braucht es zum gewinnbringenden Abbau große, möglichst reichhaltige Lagerstätten und diese sind wiederum tatsächlich rar.
In der Regel kommen die 17 unterschiedlichen Metalle in solchen Lagerstätten gemeinsam vor, oft auch zusammen mit radioaktiven Elementen wie Uran und Thorium. Diese machen die Erze zu einem begehrten „Rohstoff-Mix“ – allerdings ist ihre Aufbereitung aufwendig. Denn die einzelnen Elemente müssen durch komplizierte, mehrschrittige Verfahren aus dem Erz extrahiert und voneinander getrennt werden.
Wozu brauchen wir Seltene Erden?
Früher waren Seltene Erden häufig nur ein Abfallprodukt bei der Förderung von Eisen oder anderen Metallen, doch man hat längst ihren Wert für die Technologie erkannt. Sie stecken in so gut wie jedem modernen Hightech-Produkt: vom Smartphone, Plasmafernseher, Laser und Rußpartikelfilter bis hin zum Hybrid-Auto und Windrad. In Letzterem sind sogar mehrere Tonnen an Seltenen Erden verbaut.
So werden Legierungen von Seltenerdmetallen wie Neodym, Praseodym, Samarium und Dysprosium vor allem für die starken Permanentmagnete benötigt, die in Generatoren und Elektromotoren stecken. Sie finden sich beispielsweise in Windturbinen, Elektroautos., Lautsprechern, Kopfhörern und den Laufwerken von Computerfestplatten. Aber auch in Akkus, Lasern, LEDs oder Katalysatoren stecken Seltenerdmetalle. In der Medizin wird dagegen vor allem das Element Gadolinium gebraucht, das als Kontrastmittel bei der Kernspintomografie dient. Viele Errungenschaften unserer modernen Welt sind also stark auf Seltene Erden angewiesen.
Woher kommen die Seltenen Erden?
Seltene Erden kommen zwar weltweit vor, die zurzeit größten aktiv abgebauten Vorkommen liegen jedoch in China. Seit den 1990er Jahren hat das Land fast ein Monopol aufgebaut: Rund 70 Prozent aller Seltenerdmetalle auf dem Weltmarkt stammen von dort. Durch Lohn-Dumping sowie fehlende Umweltauflagen konnte das Land seine Seltenen Erden im Verhältnis zur Konkurrenz günstig verkaufen und die größten Verarbeitungs- und Auftrennungsanlagen für seltenerdreiches Roherz aufbauen.
China ist aber nicht das einzige Land mit Seltenerdvorkommen. Auch in Australien, den USA, Indien oder Brasilien finden sich Erzlagerstätten mit Selterdanteilen. Ob ein Abbau dieser Vorkommen jedoch wirtschaftlich rentabel ist, hängt vom Gehalt der Seltenen Erden, von den Kosten für Abbau und Verarbeitung und nicht zuletzt vom Weltmarktpreis ab. Bisher sind viele Länder bei den Selterdmetallen weitestgehend abhängig von chinesischen Importen. Dazu gehört auch Europa, denn hierzulande gibt es bislang kein einziges erschlossenes Vorkommen.
Welche Rolle spielt die Entdeckung in Schweden?
Mit dem kürzlichen Seltenerd-Fund im schwedischen Kiruna hat nun auch Europa ein Seltenerd-Vorkommen, auf das es zurückgreifen kann. Die dort entdeckte Menge ist allerdings deutlich geringer als bei Vorkommen in China. Zum Vergleich: Allein in der chinesischen Mine Bayan Obo lagern bis zu 35 Millionen Tonnen. Doch die Seltenerdmetalle aus Schweden würden Europa trotzdem unabhängiger von chinesischen Importen machen. Bis es allerdings so weit ist und die Seltenen Erden in Schweden abgebaut werden können, dauert es voraussichtlich noch zehn bis 15 Jahre.