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Trendspielzeug des Sommers: Fidget Spinner
Im Prinzip ist der kleine Handkreisel simpel aufgebaut: Er besteht aus einem Kugellager in der Mitte, das es erlaubt, den Kreisel zu drehen und trotzdem festzuhalten. An diesem sind seitliche Arme aus Plastik und Metall angebracht, die jeweils nach außen hin breiter werden und eine Art Griffloch besitzen. Inzwischen gibt es von diesem Grundbauplan unzählige Varianten – mit nur zwei Armen, aus verschiedensten Materialien und in ganz unterschiedlichen Farben.
Um den Fidget Spinner in Gang zu bringen hält man seine Mitte mit einer Hand zwischen Daumen und Mittel- oder Zeigefinger fest. Dann gibt man mit der anderen Hand den Ärmchen einen Schubs, so dass der Spinner sich schnell zu drehen beginnt. Der Clou dabei: Nun gilt es, mit dem Kreisel verschiedene Aufgaben zu erfüllen: Ihn entweder besonders lange am Drehen halten oder aber während des Rotierens die Finger wechseln. Auch das Werfen und Fangen des rotierenden Spinners ist eine beliebte Herausforderung.
Wer hat den Fingerkreisel erfunden?
Die Idee zum Fidget Spinner hatte die US-Amerikanerin Catherine Hettinger. Sie leidet unter der Autoimmunkrankheit Myasthenia gravis, einer inzwischen behandelbaren Muskelschwäche. Anfang der 1990er Jahre jedoch schränkte die Krankheit die junge Mutter so stark ein, dass sie kaum noch mit ihrer Tochter spielen konnte. Um etwas zu finden, womit sich die Kleine auch alleine beschäftigen konnte, erfand sie eine Vorform des Fidget Spinner.
Hettinger ließ sich ihre Idee im Jahr 1997 patentieren. Dann machte sie sich auf die Suche nach Spielzeugherstellern, die den Spinner produzieren und vermarkten sollten. Doch ohne Erfolg. Zwar zeigten einige ein vages Interesse, aber keiner wollte den Prototyp zu einer marktreifen Version weiterentwickeln. Sie hielten den kleinen Fingerkreisel schlicht für nicht lukrativ genug.
Als das Patent im Jahr 2005 ablief, konnte Hettinger die 400 US-Dollar nicht aufbringen, die sie für eine Verlängerung des Patents benötigte – damit verlor sie die Rechte an dem Fidget Spinner. Die bittere Ironie der Geschichte: Heute machen Hersteller Millionenumsätze mit dem Fingerkreisel. Doch seine Erfinderin bekommt davon nicht einen Cent.
Was bringt der Fidget Spinner?
Glaubt man der Werbung, dann soll der Fidget Spinner ein wahrer Alleskönner sein: Er soll Stress und Nervosität abbauen, gegen die Aufmerksamkeitsdefizit-/ Hyperaktivitätsstörung ADHS helfen und autistische Kinder beruhigen. Erreicht wird dies, weil das Balancieren des Kreisels und der Versuch, ihn am Rotieren zu halten, einerseits Konzentration verlangen. Andererseits aber wirkt die immergleiche Bewegung des Spinners beruhigend.
Tatsächlich wird der Fidget Spinner in den USA schon seit einigen Jahren zu therapeutischen Zwecken eingesetzt. Hettinger selbst berichtet von einem ihr bekannten Lehrer, der den Fingerkreisel erfolgreich beim Unterricht von autistischen Kindern einsetzt. Allerdings: Wissenschaftler beweisen lässt sich die therapeutische Wirkung des Fidget Spinners bisher nicht. Hinzu kommt: An vielen Schulen auch hierzulande sind die Lehrkräfte von den ständig mit den Kreiseln spielenden Kindern schon so genervt, dass die den Fidget Spinner im Unterricht verbieten. Ihrer Ansicht nach schafft er mehr Unruhe und Ablenkung, als dass er die Aufmerksamkeit der Schulkinder fördern würde.
Vorsicht Mängel!
Egal ob man nun begeistert ist oder nicht: Beim Kauf eines Fidget Spinners sollte man genau hinschauen. Denn nicht alle verkauften Varianten sind sicher – vor allem nicht für kleinere Kinder. Erst vor Kurzem musste ein Fidget Spinner der Marke Symex zurückgerufen werden, weil er nicht den EU-Vorschriften entspricht und gesundheitsgefährlich sein könnte. Auch der Zoll musste bereits große Mengen unerlaubter Fidget Spinner aus dem Verkehr ziehen und vernichten.
"Die Aussicht auf den schnellen Gewinn lockt aktuell viele Firmen und Importeure, die eigentlich gar nicht aus der jeweiligen Branche kommen, also auch keine Erfahrung mit möglichen Gefahren haben", erklärt Ralf Diekmann, Experte für Produktsicherheit bei TÜV Rheinland. "Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass in einer solchen Boomphase, wenn viele Verbraucher ganz schnell ein angesagtes Produkt haben wollen, zahlreiche unsichere Produkte am Markt erscheinen."
Worauf man beim Kauf achten sollte
Beim Kauf der Fidget Spinner sollte man unbedingt darauf achten, für welches Alter sie freigegeben sind. "Gerade wenn am Spielzeug verschluckbare Kleinteile zum Einsatz kommen, gehören sie nicht in die Hände von Kleinkindern", rät Diekmann. "Kleine magnetische Teile oder frei zugängliche Knopf-Batterien für eine LED-Beleuchtung sind tabu für Kinder unter drei Jahre. Lösen sie sich und werden verschluckt, kann es zu sehr gefährlichen inneren Verletzungen kommen."
Auf der Verpackung muss zudem der Hersteller oder Importeur klar erkennbar sein, dies ist für den Reklamationsfall unerlässlich. Auch müssen alle Bedien- und Warnhinweise vollständig und in deutscher Sprache sein. Beim Kauf sollte man auch auf die allgemeine Verarbeitung achten: "Scharfe Ecken und Kanten sind ebenso ein No-Go wie ein übler, nicht materialtypischer Geruch", so Diekmann.
Vorsicht ist auch beim nachträglichen "Tuning" der Spinner geboten. Denn auf der Jagd nach immer verrückteren Ausführungen gibt es inzwischen jede Menge Videoanleitungen zum "Aufmotzen" und Umbau der Kreisel. Gerade unter Jugendlichen ist dieses Tunig beliebt. Hier sollten die Eltern ein wachsames Auge darauf werfen: "Mancher Fidget-Umbau zeugt von großer Risikobereitschaft, gleicht eher einer Mutprobe als einem Spielzeug", so Diekmann.