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Zins-Schock! Was bedeutet die Null-Prozent-Entscheidung der EZB?

18.03.2016

Sparen lohnt sich so gut wie gar nicht mehr, im Gegenteil.
Damit hatten selbst die meisten Experten nicht gerechnet: Mitte März verkündete Mario Draghi, Chef der Europäischen Zentralbank (EZB), die weitere Senkung des Leitzinses im Euroraum von 0,05 auf null Prozent. Dies hat Auswirkungen auf alle Bereiche der Finanzwelt. Für Sparer und Anleger ebenso wie für Bauherren und Lebensversicherungen. Ein Überblick.

Sparer sind die Leidtragenden

Mit der Null-Prozent-Entscheidung waren weitere Änderungen verbunden. So erhöhte die EZB auch den Strafzins, den Banken zahlen müssen, wenn sie ihr Geld bei der Zentralbank deponieren von 0,3 auf 0,4 Prozent. Das Ziel: Banken ebenso wie Verbraucher sollen ihr Geld nicht bunkern, sondern ausgeben, um die Konjunktur anzukurbeln. Am gravierendsten betroffen sind davon zunächst einmal alle Sparer.

Schon jetzt liegt der durchschnittliche Zinssatz für Tagesgeld nach einer Berechnung des Bankportals Biallo bei mickrigen 0,29 Prozent – und darin sind sogar noch die oft günstigeren Konditionen von Direktbanken enthalten. Viele Filialbanken tendieren bereits gegen null Prozent. Auch Festgeldzinsen werden tendenziell weiter sinken. Die Folge: Sparen lohnt sich so gut wie gar nicht mehr, im Gegenteil. Inflationsbereinigt verlieren Sparer unterm Strich sogar Geld. Als Ausweg bleiben zurzeit nur Festgeldkonten mit sehr langer Laufzeit oder das aufwendige „Zins-Hopping“ von einer Bank zur nächsten – denn Neukunden werden häufig noch mit höheren Zinssätzen geködert. Diese sind allerdings zeitlich begrenzt, meist auf einige Monate. Danach greift der deutlich niedrigere Normalzins. Hinzu kommt außerdem, dass angesichts eigener Zinsverluste die meisten Banken in Zukunft vermutlich höhere Gebühren für ihre Dienstleistungen nehmen werden. Davon sind dann auch ganz normale Girokonto-Inhaber betroffen. Einziger Lichtblick: Negativzinsen, wie sie Banken bei der EZB zahlen müssen, werden Sparern voraussichtlich erst einmal erspart bleiben.

Häuslebauer profitieren

Des einen Leid, des anderen Freud: Wer ein Haus kaufen oder bauen will, profitiert von den extrem niedrigen Kreditzinsen, die bald sogar noch weiter sinken könnten. Zwar sind die Immobilienpreise vor allem in beliebten Großstädten wie Hamburg, München oder Düsseldorf in letzter Zeit stark gestiegen. Mit billigem Baugeld lassen sich aber auch dort noch Wohnträume realisieren – und erst recht, wenn man außerhalb der Metropolen baut oder kauft. Vor allem mittelgroße Zentren mit guter Infrastruktur liegen im Trend, weil sie in puncto Immobilienfinanzierung noch recht günstig sind. Dazu zählen etwa Städte wie Ingolstadt, Braunschweig, Darmstadt, Freiburg im Breisgau, Nürnberg, Erlangen oder Regensburg. Hier finden Sie nähere Informationen zur Baufinanzierung.

Auch zur Altersvorsorge eignen sich Immobilien. Die in Deutschland so beliebten Lebensversicherungen leiden dagegen enorm unter dem dauerhaften und nun noch einmal verschärften Zinstief. Neuabschlüsse lohnen sich kaum noch. Auch bestehende Verträge werfen immer weniger Rendite ab. Die zu erwartende Auszahlungssumme sinkt von Jahr zu Jahr. Wer einen alten Vertrag mit relativ hohem Garantiezins hat, sollte ihn dennoch nicht kündigen – auch, weil die Auszahlung von Verträgen, die vor 2005 abgeschlossen wurden, steuerfrei ist.

In Aktien investieren – oder lieber in Gold?

Sinkende Zinsen bedeuten steigende Aktienkurse – diese Gleichung bewahrheitete sich auch kurz nach der Entscheidung der EZB zunächst einmal. Der DAX machte einen Sprung, knackte die 10.000-Punkte-Marke, um wenig später aber wieder darunter zu fallen. Natürlich kann man damit rechnen, dass das Zinstief Anleger nun vermehrt an die Börsen lockt. Experten warnen jedoch: Ein Börsenhoch, das hauptsächlich durch billiges Geld entsteht, könnte eine „Blase“ bilden, die irgendwann mit einstürzenden Kursen platzt. Entscheidend für die Entwicklung einer Aktie ist immer noch die Gewinnentwicklung des jeweiligen Unternehmens. Häufig wird deshalb dazu geraten, zwar in Aktien zu investieren, sein Geld aber nicht ausschließlich an den Börsen zu platzieren, sondern auch andere Anlageformen zu nutzen. Immobilien etwa – oder Gold.

Das Edelmetall gilt gemeinhin als sicherer Hafen für Anleger. Kurz nach der jüngsten Leitzinssenkung kletterte der Kurs auf 1.145 Euro pro Feinunze und erreichte damit fast ein Zwölfmonatshoch. Experten halten einen Anstieg auf bis zu 1.800 Euro für möglich. Aber Vorsicht: Der Kurs hängt – viel stärker als von der EZB – sehr stark von den Entscheidungen der amerikanischen Zentralbank ab. Wenn diese ihren Leitzins erhöht, kann der Goldpreis schnell wieder unter Druck geraten.

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