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Der gesetzliche Mindestlohn

Der gesetzliche Mindestlohn soll für angemessene Arbeitsbedingungen für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sorgen und Lohndumping verhindern. Sich eine differenzierte Meinung darüber zu bilden, ist ohne Hintergrundwissen nicht möglich. Daher gibt der folgende Text eine kurze Übersicht darüber wieder, was der Mindestlohn ist und welche Vor- und Nachteile er hat.
 
Viele Länder in der europäischen Union haben bereits einen gesetzlichen Mindestlohn. In den Ländern, für die es keine gesetzlich festgelegt Lohnuntergrenze gibt, ist jedoch ein hoher Prozentsatz der Arbeitnehmer durch Gewerkschaften organisiert, was eine staatliche Regelung unnötig macht. In Deutschland wird das Mindestlohngesetz am 1. Januar 2015 in Kraft treten. Es beinhaltet die Festlegung der Lohnuntergrenze auf 8,50 Euro pro Stunde und beschreibt, wie sie kontrolliert und durchgesetzt wird. 2017 soll erstmals eine Anpassung des Mindestlohns erfolgen und danach alle zwei Jahre.
 
Es gibt einige Ausnahmen beim Mindestlohn. Die erste gilt für Unter-18-Jährige und soll dafür sorgen, dass es attraktiver ist, eine Ausbildung anzufangen, als einen Job als ungelernte Kraft anzunehmen. Allerdings stellen auch Auszubildende eine Ausnahme der Lohnuntergrenze nach. Des Weiteren kann Langzeitarbeitslosen in den ersten sechs Monaten der Beschäftigung ein niedrigerer Lohn gezahlt werden. Ihnen soll so ein leichterer Wiedereinstieg in die Arbeitswelt ermöglicht werden. Ob diese Maßnahme den gewünschten Erfolg bringt, wird bis zum 1. Juni 2016 geprüft und je nach Ergebnis wird entschieden, ob die Ausnahme auch nach diesem Datum bestehen bleibt. Grundsätzlich haben auch Praktikanten Anspruch auf den Mindestlohn. Hier sollen jedoch folgende Ausnahmen gelten. Bei Pflichtpraktika, wie zum Beispiel Schulpraktika, kann die Bezahlung unterhalb der gesetzlichen Lohnuntergrenze liegen. Auch freiwillige Praktika, die nicht länger als drei Monate dauern, müssen nicht in Höhe des Mindestlohns vergütet werden. Der Mindestlohn gilt auch für Saisonarbeiter, allerdings sind kurzfristige Verträge von 70 oder weniger Tagen sozialabgabefrei. Ehrenamtlich tätige Personen, genauso wie Selbstständige und Freiberufler, haben dagegen keinen Anspruch auf den Mindestlohn.
 
Der gesetzliche Mindestlohn

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Für einige Branchen, wie zum Beispiel dem Friseurhandwerk, gibt es bis zum ersten 1.1.2017 noch Übergangsregelungen. Dies gilt allerdings nur, wenn sich Arbeitgeber und Arbeitnehmervertreter auf einen brancheneinheitlichen Tarifvertrag einigen. Auch für Zeitungszusteller gelten solche Regelungen. Sie bekommen ab dem 1.1.2015 75 Prozent, ab dem 1.1.2016 85 Prozent des Mindestlohns und ab dem 1.1.2017 gilt auch für sie der Mindestlohn ohne Einschränkungen.
 
Um die Kontrolle der Einhaltung des Mindestlohns zu gewährleisten, sollen 1600 neue Stellen bei den Zollbehörden besetzt werden. Ihnen unterliegt bisher auch schon die Kontrolle der tariflichen Mindestlöhne. Auch wenn bisher nur wenige der neuen Stellen besetzt wurden, soll bis 2019 genügend Personal für eine effektive Überprüfung der Lohnuntergrenze zur Verfügung stehen. Auch die Kommunikation und der Datenaustausch mit den Finanzämtern soll in den kommenden Jahren verbessert werden.
 
Vorteile
In vielen Branchen, zum Beispiel im Bauhauptgewerbe, im Dachdecker-, im Maler- und Lackierer-, im Elektrohandwerk, in der Gebäudereinigung und in der Abfallwirtschaft, wurde bisher schon ein tariflicher Mindestlohn gezahlt. Dadurch waren diese Arbeitnehmer bereits abgesichert. Da solche Tarifbindungen jedoch abnehmen, profitiert nur ein immer kleinerer Teil der Arbeitnehmer davon. Durch den Mindestlohn werden auch die Menschen abgesichert, die nicht durch Tarifvereinbarungen vor einem Niedriglohn gesichert sind.
 
Der gesetzliche Mindestlohn soll dafür sorgen, dass jeder von seiner Arbeit leben kann und nicht auf weitere Unterstützungsmaßnahmen, wie das aufstockende Hartz-IV angewiesen ist. Dadurch könnten die Staatsausgaben und der nötige Bürokratieaufwand gesenkt werden und es gibt gleichzeitig mehr Einnahmen durch die Lohnsteuer. Außerdem können sich Arbeitnehmer, die so mehr Geld verdienen, auch besser für das Rentenalter absichern. Auch Frauen können vom Mindestlohn profitieren, da sie besonders häufig im Niedriglohnsektor arbeiten Der Begriff wird auf der Seite des DIW genauer erläutert. Insgesamt kann mehr Gerechtigkeit erreicht werden, weil es eine einheitliche und klare Richtlinie gibt, wodurch Arbeitnehmer eine Sicherheit erreichen, was ihre Arbeitskraft mindestens wert ist. 
 
Der gesetzliche Mindestlohn

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Ohne eine Lohnuntergrenze gibt es immer wieder Arbeitgeber, die an den Lohnkosten sparen um sich gegenüber konkurrierenden Unternehmen einen Wettbewerbsvorteil zu schaffen. Dadurch entsteht eine Abwärtsspirale, auch Lohndumping genannt, die nicht nur ungelernte Kräfte und Hilfsarbeiter betrifft, sondern immer öfter auch ausgebildete Fachkräfte und Akademiker. Dieser Abwärtstrend, und die daraus resultierende Entwertung der geleisteten Arbeit, kann durch den Mindestlohn gestoppt werden. Auch Arbeitskräfte aus dem Ausland müssen den Mindestlohn erhalten, was ein weiterer Punkt zur Verhinderung von Lohndumping ist.
 
Oftmals wird auch argumentiert, dass ein Mindestlohn auf der einen Seite die Arbeitnehmer zu höheren Leistungen motiviert und auf der anderen Seite die Arbeitgeber dazu veranlasst, ihre ungelernten oder gering qualifizierten Mitarbeiter zu schulen, so dass sie eine dem höheren Lohn angepasste Leistung erbringen können. Beide Effekte würden die Produktivität insgesamt steigern. 
 
Nachteile
Neben den genannten positiven Effekten gibt es aber auch negative Effekte der Lohnuntergrenze. So sieht der Software-Anbieter Lexware ein Problemfall beispielhaft bei Taxiunternehmen. Eine Möglichkeit, die gestiegenen Lohnkosten zu kompensieren, könnte nämlich eine Entlassung von festangestellten Mitarbeitern sein. Die dadurch fehlenden Fahrer werden dann durch Selbstständige ersetzt. Dabei können jedoch viele Scheinselbstständigkeiten entstehen. 
 
Der gesetzliche Mindestlohn

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Einige Arbeitgeber könnten auch versucht sein, den Mindestlohn über andere Maßnahmen zu umgehen, da er nicht für zusätzliche Arbeit oder die Entlohnung besonderer Arbeitsbedingungen gilt. Konkret bedeutet dies, dass Betriebe zum Beispiel versuchen könnten, Vollzeitstellen in Teilzeitstellen umzuwandeln und die fehlenden Arbeitsstunden dann durch Überstunden abzudecken. Auch Zulagen, wie Schichtzulagen, Nachtarbeits-, Sonn- und Feiertagszuschläge und Gefahrenzulagen könnten als Sparmaßnahme verringert werden oder gar ganz wegfallen. 
 
Können die gestiegenen Lohnkosten nicht durch solche Maßnahmen abgefangen werden, werden Arbeitsplätze eventuell auch ins Ausland verlegt oder sogar komplett aufgegeben. Auch viele Existenzgründer können es sich möglicherweise nicht leisten, einen Mindestlohn zu zahlen und müssten ihr Unternehmen aufgeben oder könnten es erst gar nicht starten.
 
Weitere Bedenken umfassen den gestiegenen Bürokratieaufwand für die Kontrolle des Mindestlohns durch die neugeschaffenen Stellen bei den Zollbehörden. Ob die neu eingestellten Kräfte reichen um die flächendeckende und sichere Kontrolle zu gewährleisten bleibt auch abzuwarten. Außerdem könnten die Gewerkschaften an Bedeutung verlieren und es ist nicht garantiert, dass Familien oder Alleinerziehende nicht trotz Mindestlohns noch Sozialleistungen beziehen müssen.
 
Alles in allem kann nur die Zeit zeigen, ob der gesetzliche Mindestlohn zu einer besseren Absicherung der Arbeitnehmer und damit zu einer höheren Lebensqualität beiträgt, oder ob er zu einem Anstieg der Arbeitslosigkeit führt.

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