Lexikon

chinesische Literatur

Die dreitausendjährige Geschichte der chinesischen Literatur wird in ihren Höhepunkten zunächst von der Lyrik bestimmt: Im 6. Jahrhundert v. Chr. wurde das „Buch der Lieder“ (Shi Jing) gesammelt. Es enthält über 300 Lieder. Als zweite lyrische Anthologie reichen die „Elegien von Chu“ vom 4. Jahrhundert v. Chr. durch mehrere Jahrhunderte. Unter der Tang-Dynastie vom 7.10. Jahrhundert erlebte die chinesische Lyrik ihre klassische Blüte: Li Bai zählt zu den genialsten Dichtern Chinas. Wang Wei, sein Zeitgenosse, war Landschaftsmaler und Lyriker zugleich; er wollte Gedicht und Landschaftsmalerei zu einem einheitlichen Ganzen verbinden. Du Fu war ein Freund Li Bais und schildert voller Anteilnahme die Leiden des Volkes. Bai Juyi schrieb einen klaren, schlichten und allgemein verständlichen Stil; seine Werke enthalten meist Kritik an den herrschenden Gesellschaftszuständen. Han Yu schrieb Lyrik, die der Umgangssprache seiner Zeit nahe stand, ist aber noch bekannter als einer der bedeutendsten Prosaschriftsteller. Er und Liu Zhongyuan (* 773,  819) sind die wichtigsten Vertreter eines neuen Prosastils (Tu-Wen). Der Kaiser Li Yu ist einer der wichtigsten Vertreter der Lieddichtung. Su Shi war in allen Arten der Dichtung zu Hause; er schrieb viele ausgezeichnete Lieder, aber auch kunstvolle Prosa. Die Prosa des Ouyang Xiu enthält kunstvolle Landschaftsbeschreibungen. Die Erzählkunst erlebte ebenfalls einen Höhepunkt in der Tang-Zeit, nachdem Erzählungen und Novellen in früheren Zeiten eine untergeordnete Rolle gespielt hatten. In der Song-Zeit (10.13. Jahrhundert) erfuhr sie eine Bereicherung durch volkstümliche Elemente und mündete in die großen klassischen Romane des 14.18. Jahrhunderts. Die Romanliteratur war die hervorragendste Dichtform der Ming-Epoche. Anfänglich hatten historische Romane den größten Erfolg, wie etwa „Die Drei Reiche“, die in klassischer Schriftsprache und in der Umgangssprache verbreitet sind. „Die Räuber vom Liang-Shan-Moor“ ist die Geschichte einer Räuberbande. „Jin Ping Mei“ ist ein Meisterwerk realistisch-erotischer Literatur; „Der Traum der roten Kammer“ wurde schon in der Mandschu-Zeit (17.20. Jahrhundert) geschrieben. Zugleich erlebte in der Ming-Zeit das Theater, einst den religiösen Zeremonien des Altertums entsprungen, in Singspiel und lyrischer Tragödie eine Blütezeit.
Die Reformbestrebungen, die im 19. Jahrhundert unter dem Einfluss verstärkter Kontakte mit dem Westen einsetzten, erfassten auch die Literatur. Die herkömmliche Rangordnung der Gattungen wurde umgekehrt, der Roman nahm statt der Lyrik den ersten Platz ein. Nach europäischem Vorbild entstand ein modernes Sprechtheater. Eine radikale Abkehr von der Tradition vollzog sich nach dem Sturz der Qing-Dynastie (1911). Die dem Volk unverständliche Literatursprache wurde aufgegeben; Lu Xun schrieb als Erster eine Erzählung in der Umgangssprache („Tagebuch eines Verrückten“ 1918). Das „moderne Ich“ fand Ausdruck in den neuen Gattungen des Tagebuchs und der Autobiografie: „Tagebuch der Sophia“ von Ding Ling, „Meine Kindheit“ von Guo Moruo, beide 1927. Realistische Gesellschaftsromane schrieben Mao Dun („Shanghai im Zwielicht“ 1933) und Ba Jin („Die Familie“ 1933).
Nach der kommunistischen Machtergreifung (1949) wurde die Literatur ganz in den Dienst der Parteipolitik gestellt. In der kurzen Periode der „Hundert-Blumen-Kampagne“ (1956/57) war begrenzte literarische Kritik am kommunistischen Regime zugelassen; ihre Hauptvertreter (z. B. Bai Hua, Liu Binyan, Wang Meng) wurden jedoch bald mundtot gemacht.
Während der „Kulturrevolution“ 19661976 konnte nur Propagandaliteratur veröffentlicht werden. Viele Schriftsteller wurden verfolgt, misshandelt oder gar ermordet. Nach dem Tod Mao Zedongs gewährte die neue Parteiführung ab 1978 größere Freiheiten. Die 1957 zum Schweigen gebrachten Autoren durften wieder veröffentlichen. Eine „Narbenliteratur“ schilderte die Schrecken der Kulturrevolution. Eine wachsende Rolle im literarischen Leben spielten Frauen, z. B. Zhang Jie, Zang Kangkang und Wang Anyi. Viele Schriftsteller, die sich in der demokratischen Bewegung engagierten, gingen ins westliche Exil. Seit dem Beginn der 1990er Jahre wurden zahlreiche politische und literarische Zeitschriften im Ausland gegründet, die zu einem wichtigen Forum der chinesischen Literatur geworden sind.
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