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400 Jahre Mayflower - die Ankunft der "Pilgerväter" in Amerika

Auf der Suche nach einem Ort, frei von religiöser Verfolgung, erreichte eine Gruppe radikaler Protestanten vor genau 400 Jahren ihr Ziel: die Küste Nordamerikas. Die englischen Puritaner an Bord des Schiffs „Mayflower“ hofften, damit ein besseres Leben anzusteuern. Nach einer beschwerlichen Reise kamen die „Pilgerväter“ am 21. November 1620 in Amerika an - und legten in der Folge einen der Grundsteine für die Entstehung der Vereinigten Staaten.
ABO, 20.11.2020

Landung in Plymouth Harbor im heutigen Massachuetts

William Halsall, Gemeinfrei

Anfang des 17. Jahrhunderts bestimmte die anglikanische Kirche den Glauben in England: Sie war teils katholisch ausgerichtet, teils von Luthers Reformation im 16. Jahrhundert geprägt. Doch einigen religiösen Gemeinschaften vor allem unter Bauern und Handwerkern war dies nicht strikt genug. Sie folgten strengeren  protestantischen Grundsätzen hin und wollten keine katholischen Einflüsse in ihrem Glauben. Diese sogenannten „Puritaner“ lehnten den kirchlichen Reichtum und die Machtfülle der englischen Bischöfe ab. Sie folgten stattdessen streng der Bibel und wollten frei ihre Meinung äußern.

Europa den Rücken zukehren

Aber ihre religiösen Vorstellungen machte die Puritaner zu Verfolgten: In Europa wurden sie von der Kirche und den Monarchen in die Enge getrieben, weil sie sich nicht unterwarfen, sondern zu eher demokratischen Werten bekannten. Einige von ihnen fanden zunächst Unterschlupf in Holland in der Stadt Leiden, träumten aber von einem neuen Leben ohne Angst und Unterdrückung – und sahen ihre Chance in Amerika.

Inspiriert von den ersten englischen Siedlern, die im Jahr 1607 den amerikanischen Kontinent erreichten, entschieden sich schließlich auch die Puritaner, ins Land der „unbegrenzten Möglichkeiten“ auszuwandern. Aber statt sich wie viele andere europäische Auswanderer ertragreiche Geschäfte zu erhoffen, wollten die Puritaner dort die „wahre Gemeinde Christi" gründen und frei nach ihren eigenen Vorstellungen leben – in einem „besseren“ England.

"Mayflower II", eine Nachbildung des Schiffes, mit dem die "Pilgerväte" 1620 in Richtung Nordamerika aufbrachen.

Turbulenzen an Bord

Die Puritaner waren aber zu arm, um die Überfahrt und die Siedlungsgründung in der Neuen Welt zu finanzieren. Sie benötigen Geldgeber und ein Landpatent, dass ihnen die Freigabe für das Siedeln in einem bestimmten Gebiet erteilte. t. Nach harter Arbeit und Verhandlungen mit englischen Händlern, die ihnen einen Kredit gaben, erhielten sie aber schließlich 1620 ein Patent der englischen Monarchen für ein Territorium in Virginia.

Am 16. September stachen dann rund 100 Auswanderer – darunter etwa 50 der gläubigen Pilger – und eine Besatzung von 30 Männern auf dem Schiff „Mayflower“ vom englischen Plymouth aus in See. Schwere Stürme, gewaltige Wellen und Unwetter erschwerten die Reise über den Nordatlantik, der Kapitän musste mehrfach die Route ändern. Die Fahrt verlangte den Reisenden viel Kraft ab. Eingepfercht auf engstem Raum - Männer, Frauen und Familien mit Kindern - litten sie unter den schlechten, hygienischen Verhältnisse an Bord. Krankheiten brachen aus und manche litten an der Seekrankheit.

Drangvolle Enge selbst in den Kabinen. Und die rund 100 Passagiere waren über weite Strecken der Überfahrt auf weit weniger Platz und im Halbdunkel unter Deck zusammengepfercht.

Böse Überraschung bei der Ankunft

Nach 66 Tagen legte das Schiff am 21. November 1620 – vor 400 Jahren - an der Ostküste Nordamerikas an. Durch ihre Routenänderung und die schlechten Wetterverhältnisse landete die „Mayflower“ aber nördlicher als geplant am Cape Cod im heutigen Massachusetts. Statt des ihnen zugeteilten Landstrichs erwartete die Einwanderer nun eine flache, sandige Umgebung, die für eine Ansiedlung kaum geeignet war. Außerdem stand der Winter kurz bevor, sodass schon vor dem Landgang erste Konflikte entstanden.

Ein Vertrag für die gemeinsame Zukunft

Um eine friedliche gemeinsame Zukunft zu sichern, setzen die Pilger und die anderen Passagiere deshalb vor ihrer Besiedlung zunächst einen Vertrag auf - den sogenannten "Mayflower Compact". In dieser Verfassung vereinbarten sie, dass alle Menschen die gleichen Rechte haben sollten. Sie bildeten außerdem eine selbst verwaltete Gemeinschaft, in der Entscheidungen nach der Mehrheit getroffen, Beamte gewählt und Gesetze verabschiedet wurden. Demnach durfte jedes männliche Mitglied der Kolonie über 21 Jahren wählen. Auf der Grundlage einer Volksabstimmung hatten die wahlberechtigten Männer auch das Recht, Gesetze zu ändern, vorzuschlagen und Amtsinhaber zu wählen oder abzusetzen.

Damit war der „Mayflower Compact“ - im Gegensatz zu den Regelungen der europäischen Monarchien - eine erste Verfassung, die vom Volk und nicht vom König festgelegt wurde. Noch heute gilt diese Idee als Vorläufer unser heutigen Demokratiesysteme.

Unterzeichnung des "Mayflower Compacts"

Jean Leon Gerome Ferris / Gemeinfrei

Ansiedlung unter Gottes Obhut

Mit dieser Einigung auf ein friedliches Zusammenleben gingen die Geflüchteten schließlich an Land, fielen vor Erleichterung auf die Knie und dankten Gott für den Neuanfang. Die neue Heimat widmeten sie ihm und zudem dem englischen König, denn sie fühlten sich noch immer als Engländer.

Die männlichen Passagiere  erkundeten schließlich die Gegend, um einen geeigneten Platz für ihre Siedlung zu finden. Auf den Streifzügen durch das verschneite Land begegneten ihnen zum ersten Mal die Einheimischen – Indianer. Dereneren Vorfahren lebten schon seit mehr als 15.000 Jahren auf dem amerikanischen Doppelkontinent. Meist flohen die amerikanischen Eingeborenen, sobald sie die Fremden erblickten.

Harter Winter als Bestandsprobe

Am 20. Dezember 1620 entdeckte die Gruppe der Puritaner endlich einen geeigneten Platz auf einem Hügel am Ufer, an dem sie sich niederließen – die Plymouth Plantation. Doch der Winter dort brachte viele Tote, denn sie  litten an der Kälte, Hunger und Krankheiten. Statt Häusern nutzten sie weiterhin die „Mayflower“  als Unterschlupf.

Bald aber bauten die geschwächten Einwanderer Vertrauen zum Indianerstamm der Wampanoag in ihrer Nachbarschaft auf und lernten von ihnen, wie sie sich in dem kalten Winter ernähren und wärmen konnten. Ohne die Unterstützung der Einheimischen hätten die Puritaner Vermutungen zufolge das erste Jahr in Amerika nicht überlebt. Dennoch schaffte es nur etwa die Hälfte der Siedler durch den harten Winter.

Vorläufer von Thanksgiving

Als endlich der Frühling begann, pflanzten die Siedler Nahrungsmittel wie zum Beispiel Mais an und errichteten erste Lehmbauten. Binnen weniger Wochen entstand so eine kleine Siedlung, die aus einem Lagerhaus, einem Versammlungszentrum und zwölf weiteren Gebäuden bestand. Die Gemeinde traf sich regelmäßig zu gemeinsamen Gottesdiensten und befolgte die Gebote der Bibel.

Gemeinsam mit den Einheimischen feierten sie schließlich im Frühherbst 1621 ihr erstes Erntedankfest. Es gilt als Vorläufer des traditionellen „Thanksgiving Day“ - dem wichtigsten Familienfest in den Vereinigten Staaten, das seither jährlich am vierten Donnerstag im November gefeiert wird.

Das erste Thanksgiving in Plymouth, 1621

Gemeinfrei

Was bis heute geblieben ist

Als Andenken an die Puritaner gibt es noch immer die Stadt Plymouth im Bundesstaat Massachusetts. Dort wird im Museumsdorf „Plymouth Plantation" das Leben der Einwanderer nacherzählt, um den Besuchern einen Eindruck der Siedler zu vermitteln. Außerdem liegt an der Küste der Nachbau des legendären Schiffs „Mayflower" und kann besichtigt werden.

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