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Bauerngärten: Trendiger Begriff mit echten historischen Wurzeln

Der Begriff Bauerngarten weckt unwillkürlich bestimmte Assoziationen an naturnah gestaltete Flächen mit üppigem Pflanzenwuchs, an robuste Gartenbänke aus Holz und an jede Menge bäuerlichen Charme. Dabei ist der Bauerngarten so wie wir ihn heute kennen nur ein gutes Jahrhundert alt und ihm liegt ein klarer Aufbau zugrunde. Der wirklich historische Bauerngarten hat wiederum wenig mit den heutigen Versionen zu tun.
Symbolbild Bauerngarten

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Der historische Bauerngarten: landwirtschaftliche Nutzfläche für die bäuerliche Selbstversorgung

Der historische Bauerngarten im Mittelalter und der frühen Neuzeit war im Grunde eine außerhalb des eigentlichen Gartens liegende landwirtschaftliche Nutzfläche. Sie diente der Selbstversorgung des bäuerlichen Hofs und hatte immer eine feste Einfriedung, meist in Form eines Zauns, die vor allem Wild von den Kulturpflanzen fernhalten sollte. Ästhetische Erwägungen spielten im Gegensatz zu heutigen Bauerngärten praktisch gar keine Rolle. Auch Obstgehölze - heute ein selbstverständlicher Bestandteil des Bauerngartens - gehörten ursprünglich nicht zum Konzept dazu.

Der Bauengarten Hamburger Art: Vorbild für die heutige Gestaltung

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts entwickelte sich ein Gartentyp, der heute als Bauerngarten Hamburger Art bekannt ist. Er war nicht mehr als außerhalb des Grundstücks gelegene Fläche gedacht, sondern ein Teil des Grundstücks. Auch spielte der Aspekt der Schönheit und des Ambientes nun eine Rolle. Seinen Namen verdankt dieser Großvater der modernen Bauerngärten der Tatsache, dass er erstmals im Jahr 1913 als Idealtyp im Botanischen Garten Hamburgs vorgestellt (PDF) wurde. Die wichtigsten Gestaltungsprinzipien dieses Bauerngartens Hamburger Art sind bis heute erhalten geblieben.

Wegekreuz, Rondell, rechteckige Beete: geometrische Grundstruktur des Bauerngartens

Das zentrale Gestaltungselement eines Bauerngartens ist das Wegekreuz. Am Schnittpunkt befindet sich eine kreisrunde Fläche. Sie wird als Rondell bezeichnet und ist oft Standort für einen Brunnen oder eine besonders schöne Pflanze. Rechteckige oder quadratisch gestaltete Beete schließen sich an die Wege an. Diese Beete verfügen jeweils über eine eigene Einfassung. Um größere Beete auch von außen zu erreichen, wird ein umlaufender Weg angelegt.

Eine Einfriedung bildet die Grenze des Bauerngartens, die aber nicht direkt an die Beete anschließt. Der Zwischenraum kann bepflanzt werden oder auch Sitzgelegenheiten sowie Kompost, Beerensträuchern oder Obstbäumen Platz bieten. Es ist auch möglich, einen Teil der direkt an die Wege anschließenden Flächen für diese Zwecke zu nutzen. Wichtig für den Charakter des Bauerngartens bleibt aber der Erhalt der geometrischen Grundstruktur mit dem Wegekreuz.

Wegekreuz mit Brunnenschale
Zentrale Gestaltungselement eines Bauerngartens ist das Wegekreuz.

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Die Wege im Bauerngarten: möglichst nicht versiegelt

Dicht an dicht liegende oder sogar verfugte Gehwegplatten versiegeln den Boden. Sie sind für die Wege und das Rondell im Bauerngarten eher untypisch. Ansonsten ist eigentlich alles erlaubt. Es kann sich bei den Wegen um einfache offene Sandwege oder um Kieswege handeln. Auch Plattenwege mit einzeln liegenden Natursteinplatten sind beliebt. Ein besonders naturnaher Effekt lässt sich erzielen, indem man die Wege mit Rindenmulch bedeckt. Das Material hat auf Grund der enthaltenen Gerbstoffe den zusätzlichen Vorteil, dass es die Wucherungen Wildkräutern auf den Wegen unter Kontrolle hält.

Sonne und Schatten im Bauerngarten

Beim Anlegen des Bauerngartens ist der Sonnenverlauf während des Tages sowie in den verschiedenen Jahreszeiten zu berücksichtigen. Entsprechend der Verteilung von Sonne und Halbschatten lässt sich schon im Voraus festlegen, welche Pflanzen in welchen Arealen die optimalen Entfaltungsmöglichkeiten finden. Auch für die Standortwahl von Sitzflächen sollte die Sonneneinstrahlung bedacht werden. Ist der gesamte Garten vollsonnig, können neu gepflanzte Obstbäume langfristig die Funktion von Schattenspendern übernehmen.

Einfassungen für Beete: dekorative Grenzen zwischen Kulturpflanzen und Wildkräutern

Der Hauptzweck der Einfassungen von Beeten besteht darin, das Wachstum der Kulturpflanzen über das Beet hinaus sowie das Wachstum von Wildkräutern in das Beet hinein zu unterbinden. Darüber hinaus betonen die Einfassungen optisch die geometrische Struktur und haben somit auch einen ästhetisch-dekorativen Wert.

Als Klassiker für die Beeteinfassung schlechthin gilt Buchsbaum. Wer es gerne etwas farbenfroher mag und zugleich Bienen anlocken möchte, kann aber auch Lavendel, Steinkraut, Gänsekresse oder Blaukissen verwenden. Eine weitere Alternative sind längs in den Boden eingelassene Holzbalken. Sie können bei entsprechender Breite auch die Funktion des Zugangs zwischen einzelnen Beeten übernehmen.

Die Einfriedung: der Rahmen für den Bauerngarten

Die Einfriedung dient als sichtbare Umrahmung des Bauerngartens. Sie kann auf der Grundstücksgrenze verlaufen oder den Bauerngarten innerhalb des Grundstücks von anderen Arealen abgrenzen. Als Gestaltungselement bietet die Einfriedung reichlich kreativen Spielraum. Für ein rustikales Ambiente kommen Natursteinmauern in Frage. Sie sind im Vergleich mit anderen Optionen relativ teuer und es erfordert Zeit und Wissen, um sie korrekt zu setzen.

Alternativ bieten sich verschiedene Arten von Holzzäunen an, zum Beispiel Staketenzäune oder Lattenzäune mit Querlatten. Statt Latten kann man auch naturbelassene Rundhölzer verwenden, die den ursprünglichen Charakter des Bauerngartens unterstreichen. Flechtzäune aus Weidenruten sind ebenfalls möglich. Dem dekorativen Mehrwert steht allerdings im Vergleich mit massiven Holzzäunen der Nachteil geringerer Stabilität und einer geringeren Lebensdauer gegenüber.

Gemüse im Bauerngarten in gut geordneter Vielfalt

Ein typischer Bauerngarten ist immer auch ein Nutzgarten, der ein eigenes Angebot an Gemüse und Obst bereitstellt. Die geordnete Aufteilung der Beete ermöglicht die Einhaltung einer Fruchtfolge, die den Boden möglichst wenig auslaugt. Bei vier Beeten lassen sich zum Beispiel Starkzehrer, Mittelzehrer und Schwachzehrer in dieser Reihenfolge jährlich austauschen, während ein Beet pro Jahr für die Regeneration des Bodens inklusive Gründüngung reserviert bleibt.

Starkzehrer sind zum Beispiel Kartoffeln, Kürbisse, Wirsing, Weißkohl und Tomaten. Zu den Mittelzehrern zählen Zwiebeln, Möhren, Fenchel und Spinat. Die Schwachzehrer umfassen unter anderem Bohnen, Erbsen, Radieschen sowie abgesehen von Basilikum und Liebstöckel fast alle Kräuter. Typisch für den Bauerngarten ist eine bunte Mischung der verschiedenen Gemüsepflanzen im selben Beet, während Monokulturen eher selten anzutreffen sind.

Gemüseernte (Radieschen)
Ein typischer Bauerngarten ist immer auch ein Nutzgarten.

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Obst im Bauerngarten in Beeten und an Bäumen und Sträuchern

Neben Gemüse kann der Bauerngarten auch ein reichhaltiges Angebot an verschiedenen Obstsorten liefern. Für die Beete bieten sich vor allem Erdbeeren an. Als Sträucher kommen zum Beispiel Himbeeren, Brombeeren und Stachelbeeren in Frage. Diese Pflanzen lassen sich auch gut als Hecken kultivieren und zum Beispiel direkt an den Zaun für die Einfriedung pflanzen. Als Baumobst sind Äpfel, Birnen und Pflaumen sowie Zwetschgen, Mirabellen und Kirschen gut für den Bauergarten geeignet.

Zierpflanzen im Bauengarten: Stauden und Bodendecker

Neben den oben vorgestellten Zierpflanzen für die Beeteinfassung bietet der Bauerngarten auch Raum für dekorative Stauden. Diese können zum Beispiel entlang der Einfriedung gepflanzt werden oder als einzelne Highlights auf freien Flächen zum Einsatz kommen. Gut zum Charakter des Bauerngartens passen zum Beispiel das Tränende Herz, Pfingstrosen und Lupinen sowie Ringelblumen, Stockrosen und Sonnenblumen.

Hobbygärtner können auch einen Teil der Beete für dekorative Bodendecker reservieren. Dazu gehören zum Beispiel die Kriechmispel, die Flammenblume und verschiedene Arten der Elfenblumen. Bei der Zusammenstellung blühender Pflanzen ist darauf zu achten, dass sich die Blühphasen der einzelnen Arten möglichst gleichmäßig über die gesamte Wachstumsperiode verteilen. So ist vom frühen Frühjahr bis weit in den Herbst oder sogar Winter dafür gesorgt, dass die farbliche Vielfalt nicht aus dem Bauerngarten verschwindet.

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