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Männliches Fortpflanzungssystem: In Sachen Mars
Wozu dient das männliche Fortpflanzungssystem?
Die männlichen Fortpflanzungsorgane ermöglichen den Geschlechtsverkehr und schaffen die Voraussetzungen dafür, dass eine weibliche Eizelle durch die Samenzelle befruchtet werden kann. Die männlichen Geschlechtsorgane bilden die Samen sowie die Geschlechtshormone, die für die typisch männlichen Gesichtszüge und den Körperbau verantwortlich sind. Das männliche Fortpflanzungssystem besteht aus den inneren und äußeren Geschlechtsorganen.
Die primären männlichen Geschlechtsorgane stellen die Hoden dar, in denen die Bildung der Samenzellen und der Geschlechtshormone stattfindet. Die Speicherung und der Transport der Samenzellen erfolgen im Gangsystem der Nebenhoden und der Samenleiter. Während des Geschlechtsverkehrs mischen sich die Samenzellen mit den Ausscheidungen der Hilfsdrüsen und bilden die Samenflüssigkeit, die während des Samenergusses über das Glied ausgestoßen wird.
Welche Aufgaben haben die Hoden?
Vom Zeitpunkt ihrer Aktivierung in der Pubertät bis ins hohe Alter produzieren die paarig angelegten Hoden (Testes) täglich Millionen von Samenzellen. In den Hoden findet auch die Bildung der männlichen Geschlechtshormone, der Androgene, statt, die an der Regulierung des Körperwachstums beteiligt sind und auch die Entwicklung der Geschlechtsorgane während der Pubertät steuern. Androgene, v. a. das Testosteron, sind auch für die Entstehung und Beibehaltung der sekundären Geschlechtsmerkmale verantwortlich und bewirken beispielsweise den Bartwuchs, das Entstehen der Schambehaarung und die männliche Körpergestalt. Sie stimulieren den Geschlechtstrieb und die Samenbildung.
Wie groß sind die Hoden?
Jeder der beiden eiförmigen Hoden ist etwa vier Zentimeter lang und hat einen Durchmesser von 2,5 Zentimetern. Die Hoden sind außerhalb des Körpers im Hodensack (Skrotum) aufgehängt. Dieser befindet sich zwischen den Oberschenkeln und besteht aus Muskel- und Bindegewebe. Meist hängt der linke Hoden etwas tiefer als der rechte. Dadurch wird verhindert, dass während des Gehens oder Laufens ein Hoden auf den anderen drückt.
Warum befinden sich die Hoden außerhalb des Körpers?
Wegen der Temperatur. Auf den ersten Blick scheint es, dass der Hoden trotz seiner wichtigen Rolle in der Fortpflanzung an einer relativ gefährlichen Stelle angebracht ist. Bei einer Körperinnentemperatur von durchschnittlich 37 °C kann jedoch eine Produktion von lebensfähigen Samenzellen nicht stattfinden. Durch die »Auslagerung« der Hoden wird gewährleistet, dass die Hodentemperatur etwa 3 °C unter der Temperatur des Körperkerns liegt. Dies ist ein ideales Klima für die Samenbildung.
Bei Kälte und bei sexueller Erregung kontrahieren zwei Muskeln im Hodensack (Musculus cremaster und Musculus dartos) und ziehen den Hodensack mit den Hoden näher zum warmen Körper. Ist es dagegen warm, entspannen sich diese Muskeln und der Hodensack hängt locker nach unten. Dieser einfache, vom vegetativen Nervensystem gesteuerte Mechanismus sorgt dafür, dass trotz wechselnder Bedingungen in der Körperumgebung im Hoden immer die gleiche Temperatur herrscht.
Was ist ein Hodenhochstand?
Von einem Hodenhochstand spricht man, wenn sich die Hoden zum Zeitpunkt der Geburt des Kindes nicht im Hodensack befinden, sondern noch im Leistenbereich. Dort werden sie während der Embryonalzeit angelegt, um etwa ab dem dritten Schwangerschaftsmonat allmählich durch die Leistenkanäle in den Hodensack hinunterzuwandern. Es gilt als Reifezeichen des männlichen Neugeborenen, wenn beide Hoden vollständig abgestiegen sind. Dies wird bei der Neugeborenenuntersuchung entsprechend ertastet. Erfolgt der Abstieg der Hoden in den Hodensack nicht vollständig (so genannte Hodenretention oder auch Kryptorchismus), muss die Hodenlage operativ korrigiert werden.
Wodurch wird die männliche Fruchtbarkeit beeinträchtigt?
Die Zeugungsfähigkeit des Mannes hängt entscheidend von Anzahl und Güte der Spermien ab. Die Produktion der Samenzellen erfolgt in den Hoden, deren Temperatur aus physiologischen Gründen unter der Temperatur des Körperkerns liegt. Jede stärkere Wärmeeinwirkung oder gar ein Wärmestau erhöht die Hodentemperatur und kann somit die Samenqualität einschränken.
Grundsätzlich und insbesondere bei ungewollter Kinderlosigkeit sollten Männer daher auf locker sitzende Hosen oder Boxershorts zurückgreifen. Auch sollten Thermalbäder und Sauna nicht zu häufig besucht werden.
Wie sind die Samenzellen ausgestattet?
In ihrer Stromlinienform ähnelt die Samenzelle – auch Spermium oder Spermatozoon genannt – einem Fisch oder einer Kaulquappe. Sie setzt sich aus den drei Hauptabschnitten Kopf, Mittelstück und Schwanzteil zusammen. Der Kopf enthält sämtliche genetische Informationen in Form der 23 Chromosomen. Die Spitze des Kopfes ist mit speziellen Enzymen »bewaffnet«, die der Samenzelle das Eindringen in die weibliche Eizelle erleichtern. Im Mittelstück befindet sich ein »Minikraftwerk« in Form von Mito- chondrien, die die Bewegungsenergie erzeugen. Der hintere Abschnitt einer Samenzelle besteht aus einem langen Schwanzstück, dessen schlagende Bewegungen die Zelle vorwärtstreiben.
Mit etwa 0,05 Millimetern Länge gehört die Samenzelle zu den kleinsten Körperzellen. Sie ist die männliche Geschlechtszelle oder Keimzelle. Jede reife Samenzelle ist für ihre Aufgabe perfekt ausgestattet: den Transport von genetischem Material über weite Strecken und dessen »Auslieferung« an eine weibliche Geschlechtszelle.
Wo genau werden die Samenzellen gebildet?
In den Wänden der Hodenkanälchen. Das Innere des Hodens ist in 250 bis 300 kleine, keilförmige Hodenläppchen aufgeteilt. Jedes Läppchen enthält ein bis vier vielfach gewundene Hodenkanälchen (Tubuli seminiferi), in denen die Samenbildung stattfindet. Die Samen produzierenden Zellen in den Wänden der Hodenkanälchen werden einer Reduktionsteilung (Meiose) unterzogen: So entstehen pro Sekunde Tausende unreifer Keimzellen. Nach verschiedenen Entwicklungsstadien in den Hodenkanälchen wandern die Keimzellen schließlich ins Zentrum der Kanälchen. Immer noch unreif und bewegungsunfähig, werden die Samenzellen mithilfe der Peristaltik über verschiedene, ineinander einmündende Hodenkanälchen in die Nebenhoden gebracht, wo sie heranreifen und mobil werden. So sind sie am Ende des Entwicklungsprozesses zu spontaner, selbstständiger Bewegung fähig.
Wie erfolgt die Steuerung der Samenproduktion?
Sie geschieht auf hormonellem Weg. Die Hodenkanälchen sind von besonderen Zellgruppen, den Leydig-Zwischenzellen umgeben, die für die Bildung und Ausschüttung der männlichen Sexualhormone, besonders des Testosterons, zuständig sind.
Die Aktivierung eines spezifischen Freigabehormons durch den Hypothalamus – des GnRH (Gonadotropin-releasing-Hormon) – stimuliert die Hirnanhangsdrüse zur Ausschüttung zweier anderer Hormone, die zusammen als Gonadotropine bezeichnet werden: das LH (luteinisierendes Hormon) und das FSH (follikelstimulierendes Hormon). LH stimuliert die Leydig-Zwischenzellen zur Ausschüttung von Testosteron. FSH agiert zusammen mit Testosteron und stimuliert die Hodenkanälchen zur Produktion von Samenzellen.
Wozu dienen die Nebenhoden?
Die Nebenhoden bilden zusammen mit den Samenleitern und der Harnsamenröhre das Gangsystem des Nebenhodens, wo der Samen heranreift und bis zur Ejakulation gespeichert wird. Die Nebenhoden (Epididymis) erstrecken sich von der Oberseite über die gesamte Rückseite des Hodens. Sie bestehen im Prinzip jeweils aus einem stark gewundenen Gang von insgesamt sechs Metern Länge, der auf eine nur vier Zentimeter lange kommaförmige Struktur reduziert ist. Die Nebenhoden nehmen unreife Samenzellen aus den Hodenkanälchen auf und transportieren reife Samenzellen in die Samenleiter. Auf ihrem 14- bis 20-tägigen Weg durch den Nebenhodengang reifen die Samen heran.
Was geschieht in den Samenleitern?
Die Samenleiter haben zwei Hauptfunktionen: Sie speichern die reifen Samenzellen, die von den Nebenhoden und dem Nebenhodengang kommen, und transportieren ihn vor dem Samenerguss zur Harnsamenröhre. In dem Teil des Samenleiters, der dem Nebenhoden am nächsten liegt, kann Samen einige Monate gespeichert und lebensfähig gehalten werden. Kommt es nicht zum Samenerguss, werden die männlichen Geschlechtszellen vom Samenleiter aus rückresorbiert.
Der jeweilige Samenleiter (Ductus deferens) ist ein 40 Zentimeter langer Gang, der in einer Schleife über das Schambein und seitlich entlang der Blase zieht, wo er sich vor dem Durchtritt durch die Vorsteherdrüse erweitert und dann in die Harnsamenröhre einmündet.
Wussten Sie, dass …
ein gesunder, fruchtbarer Mann etwa ab dem 14. Lebensjahr pro Tag rund 300 Millionen reife Samenzellen produziert?
die Gesamtlänge aller Hodenkanälchen etwa 300 Meter misst?
die gesunden Samenzellen sich mit einer Geschwindigkeit von ein bis vier Millimeter in der Minute vorwärtsbewegen? Ihre Beweglichkeit nimmt aber bereits nach einer Stunde deutlich ab.
bei etwa ¼ der männlichen Frühgeborenen die Hoden noch nicht vollständig in den Hodensack abgestiegen sind? Dies geschieht dann meist nach der Geburt.
es in der Umgangssprache bis zu 400 Bezeichnungen für das männliche Glied gibt?
Welche besonderen Aufgaben übernimmt die Harnröhre?
Die männliche Harnröhre (Urethra) hat eine Doppelfunktion, da sie Bestandteil zweier Körpersysteme ist. Als Teil des Harnsystems leitet sie den Urin nach außen ab, als Teil des Fortpflanzungssystems befördert sie beim Samenerguss das Sperma hinaus. Eine gleichzeitige Beförderung von Urin und Sperma ist jedoch nicht möglich. Die Spermien gelangen über die beiden Samenleiter in die Harnsamenröhre. Die Samenleiter münden dort in die Harnsamenröhre, wo diese aus der Harnblase austritt. Die Harnsamenröhre verläuft an der Unterseite des Glieds zur Gliedspitze und mündet als Harnröhrenöffnung nach außen.
Woraus besteht das Sperma?
Aus den Samenzellen und den Sekreten der drei Geschlechtsdrüsen. Auf dem Weg der Samenzellen durch den Samenleiter mischen sich die Geschlechtszellen mit verschiedenen Sekreten und es entsteht kurz vor der Ejakulation die Samenflüssigkeit (Sperma oder Semen). Diese Sekrete werden teilweise in den Samenleitern, hauptsächlich aber in den Geschlechtsdrüsen produziert, die in den Samenleiter einmünden. Dazu zählen die Samenbläschen, die Cowper-Drüsen und die Vorsteherdrüse.
Die Samenbläschen: Diese beiden Drüsen von der Länge eines Fingers liegen hinter der Harnblase. Jedes Samenbläschen (Glandula seminalis) ist mit dem Endteil des entsprechenden Samenleiters verbunden und bildet den Samenausführungsgang. Kurz vor der Ejakulation mischt sich der in den Samenleiter gepresste Samen im Samenausführungsgang mit einem aus den Samenbläschen ausgestoßenen Sekret. Dieses Sekret, das etwa 60 Prozent der Samenflüssigkeit ausmacht, ist für die klebrige Beschaffenheit verantwortlich. Die Samenflüssigkeit ist alkalisch: Durch den Ausstoß des Spermas in die Scheide wird das von Natur aus saure Scheidenmilieu leicht alkalisch. Die Spermien sind in einer alkalischen Umgebung viel beweglicher und länger überlebensfähig.
Die Cowper-Drüse: Die Cowper-Drüse (Glandula bulbourethralis) besteht aus zwei Schleimdrüsen. Sie liegen im Bereich des Beckenbodens beidseitig an der Harnröhre und geben in der Phase der sexuellen Erregung eine klare, leicht schleimige Flüssigkeit in die Harnsamenröhre ab. Aufgrund der Urinpassage ist das Milieu im Innern der Harnsamenröhre sauer. Die Schleimsekrete neutralisieren den pH-Wert und machen die Harnsamenröhre zu einer »samenfreundlichen« Umgebung.
Die Vorsteherdrüse: Die eher als Prostata bekannte Drüse hat etwa die Form und Größe einer Kastanie. Sie umgibt die Harnsamenröhre an der Stelle, wo sie die Blase verlässt und wo auch die beiden Samenleiter einmünden. Die Sekrete der Vorsteherdrüse stimulieren die Beweglichkeit der Samenzellen und verleihen dem Sperma sein milchig-trübes Aussehen. Sie stellen etwa 30 Prozent des Spermavolumens dar. Die Prostatasekrete werden während der Ejakulation durch winzige, falltürartige Öffnungen in die Harnsamenröhre abgegeben und mit dem Samen und der Samenflüssigkeit vermischt.
Aus welchen Strukturen besteht das männliche Glied?
Das röhrenförmige Glied (Penis), das während des Geschlechtsakts zum Transfer der Samenzellen in die Scheide dient, besteht aus der Gliedwurzel, die es im Körperinnern verankert, dem sichtbaren Gliedschaft und der verbreiterten Gliedspitze, die Eichel oder Glans penis heißt. Die Eichel enthält unzählige sensorische Nervenendigungen, die, sobald sie stimuliert werden, zur sexuellen Erregung beitragen.
Im Innern des männlichen Glieds befinden sich drei zylinderförmige Strukturen oder Schwellkörper aus schwammigem Gewebe. An der Gliedunterseite liegt der Harnröhrenschwellkörper (Corpus spongiosum), in dessen Innern die Harnsamenröhre verläuft und der mit der Eichel endet. Die beiden Gliedschwellkörper (Corpora cavernosa) verlaufen parallel auf der Oberseite des Penisschafts oberhalb des Harnröhrenschwellkörpers. Sie werden über ein dichtes Netzwerk von Blutgefäßen mit Blut versorgt. Die drei Schwellkörper verdanken ihre Struktur den schwammartigen Hohlräumen in ihrem Innern. Bei sexueller Erregung füllen sich diese Hohlräume mit Blut. Dadurch richtet sich der Penis auf (Erektion) und wird steif.
Die Haut, die den Penis umgibt, ist sehr empfindlich. An der Penisspitze legt sie sich über die Eichel und bildet die Vorhaut (Praeputium). Diese locker sitzende Hülle kann zurückgezogen werden, so dass die Eichel freiliegt.
Was bezeichnet der Urologe als …
Skrotalhernie? Beim »Hodenbruch« liegt eine Verlagerung von Eingeweideteilen (z. B. Darmteilen) in den Hodensack vor. Oft ist eine operative Behandlung erforderlich.
Hodentorsion? Hierbei kommt es meist zur mehrfachen »Längsdrehung des Hodens« im Hodensack mit Abschnürung der Blutversorgung und des Samenstrangs. Unbehandelt kann es zum Absterben des Hodengewebes kommen. Typisch ist ein plötzlich einsetzender, heftiger Schmerz mit Rötung und Schwellung des Hodensacks, häufig verbunden mit Übelkeit. Eine Hodentorsion muss innerhalb von vier bis sechs Stunden nach Beginn der Symptome operiert werden.
Prostatakarzinom? Dies ist eine bei Männern über 50 Jahren häufige »Krebserkrankung der Prostata«. Die Symptome sind unspezifisch, z. B. Probleme beim Wasserlassen oder Blut im Urin. Häufig wird dieser Krebs erst diagnostiziert, wenn sich Tochtertumoren in den Beckenlymphknoten oder im Skelettsystem, z. B. in der Wirbelsäule, gebildet haben.
Hodenkarzinom? Dies ist der häufigste bösartige Tumor bei Männern zwischen 20 und 35 Jahren. Er zeigt sich durch einen derben, nicht schmerzhaften Knoten bzw. einen einseitig vergrößerten Hoden.
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