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Aggregatzustände: Erscheinungsformen der Materie

Was sind Aggregatzustände?

Die drei verschiedenen Zustandsformen einer Substanz: fest, flüssig oder gasförmig. Im Gegensatz zum Atomgewicht oder der Ordnungszahl der enthaltenen Elemente ist der Aggregatzustand eines Stoffes keine Eigenschaft, die zu seiner Charakterisierung herangezogen werden kann. Im Gegenteil: Jede Substanz kann durch eine geeignete Kombination aus Temperatur und Druck fest, flüssig oder gasförmig gemacht werden. Generell bewirkt dabei Erwärmen eine »Auflockerung« – fest wird flüssig, flüssig wird gasförmig –, zunehmender Druck erreicht das Gegenteil. Bei manchen Stoffen ist es etwas mühsam, sie in einen gewünschten Aggregatzustand zu bringen: So wird Kohlendioxid nur unter hohem Druck flüssig und Helium gefriert ebenfalls nur unter großem Druck.

Der Begriff Aggregatzustand kommt von dem lateinischen Wort aggregare für »zusammenlagern«. Und genau darum geht es hier: ob und wie sich die Atome bzw. Moleküle einer Substanz zu größeren Aggregaten zusammenfinden.

Was ist an Wasser so besonders?

Es ist in allen drei Aggregatzuständen Teil unseres Alltags. Als Eis ist Wasser hart und fest. Es behält die Form bei, in der es eingefroren wurde, etwa die Form eines Eiswürfelbehälters. Das Volumen eines Eiswürfels ändert sich zwar geringfügig mit der Temperatur, doch merkliche Formänderungen erreicht man nur durch Einsatz äußerer Kräfte (zum Beispiel mit einem Eispickel).

Schmilzt Eis, wird es also flüssig, ist es vorbei mit der Formstabilität. Ohne Behälter würde das Wasser so lange nach unten fließen, bis es auf eine wasserundurchlässige Sperre träfe. Wird das Schmelzwasser allerdings in demselben Behälter aufgefangen, in dem der Eiswürfel ursprünglich entstanden war, dann sieht man, dass es in etwa das gleiche Volumen einnimmt wie der Eiswürfel. Und mit einer Waage kann man feststellen, dass die Masse beim Schmelzen exakt gleich geblieben ist.

Lässt man Wasser in einem Glas stehen, scheint es zu verschwinden. Bei dieser sog. Lufttrocknung verdunstet die Flüssigkeit allmählich, d. h., Wassermoleküle treten in die Gasphase und werden so Teil des Gasgemischs Luft. Würde man das Wasser auf 100 °C erhitzen, so könnte man diesen Vorgang in kurzer Zeit erzwingen. Auch dann lässt sich feststellen (z. B. wenn der Dampf in einem Ballon aufgefangen wird), dass die Masse gleich bleibt. Allerdings ist nun das Volumen viel größer als beim Eis oder beim flüssigen Wasser. Und bei weiterem Erwärmen des Ballons stellt man fest, dass dessen Ausdehnung sich mit der Temperatur deutlich ändert.

Was geschieht beim Sieden und Gefrieren?

Die Wärmeenergie der betrachteten Substanz über- bzw. unterschreitet einen Schwellenwert, bei dem sie die natürlichen Bindungskräfte zwischen den Atomen oder Molekülen gerade kompensieren kann.

Man erinnert sich vielleicht noch an den Schulunterricht: Wärme ist die ungerichtete Bewegungsenergie von Atomen und Molekülen. Ist diese Energie gering, so reicht sie nur aus, um die fest aneinander gebundenen Bausteine eines Festkörpers (auch Kristall genannt) um ihre Ruhelage schwingen zu lassen. Wird der Gefrier- bzw. Schmelzpunkt überschritten, so ist die Wärmeenergie groß genug, damit sich die Teilchen gegeneinander verschieben und ihre Plätze tauschen können, sie kommen jedoch nicht vollständig voneinander los – der Stoff ist flüssig geworden. Am Siedepunkt schließlich übersteigt die Wärmeenergie alle Anziehungskräfte zwischen den Molekülen. Sie können sich frei und unabhängig voneinander bewegen, die Substanz ist zu Gas geworden.

Kann man Stoffe elektrisch verfestigen?

Ja, die Flüssigkristalle. Sie sind aus langen, stäbchenförmigen Molekülen aufgebaut. In Abwesenheit elektrischer Felder sind diese, wie die Moleküle in normalen Flüssigkeiten, frei gegeneinander beweglich. Legt man aber eine elektrische Spannung an, dann richten sich die molekularen Stäbchen plötzlich parallel zueinander aus und bilden eine kristallartige Struktur. Dadurch ändert sich ihre Lichtdurchlässigkeit. Fachsprachlich sagt man, das Licht werde im Flüssigkristall polarisiert. Für einfache LCDs wie die in Digitaluhren genügt der erste Effekt: Das elektrische Feld schaltet die Anzeigeelemente zwischen »hell« und »dunkel«. Ausgefeiltere Geräte benutzen sog. Polarisatoren, mit denen sich komplexere Lichteffekte erzielen lassen.

Flüssigkristalle sind nur ein Beispiel für eine ganze Klasse von Stoffen, die im festen und/oder flüssigen Zustand von dem oben beschriebenen einfachen Modell Abweichungen zeigen. Ein Beispiel, das jedem bekannt ist, ist Eiweiß. Dieses ist bei Raumtemperatur flüssig, wird jedoch beim Kochen fest und bleibt dies auch, wenn es wieder abgekühlt ist. Dies liegt daran, dass die langen, kettenartigen Eiweißmoleküle miteinander verkleben, wenn die Temperatur deutlich über 40 °C steigt.

Gibt es noch weitere Aggregatzustände?

Ja. Im Alltag treten sie nur selten in Erscheinung, doch Chemie und Physik haben im Laufe der Zeit weitere Zustandsformen der Materie gefunden, die bisweilen als vierter, fünfter usw. Aggregatzustand bezeichnet werden. Bei hohen Energien geben die Atome eines Stoffes ihre Elektronen nach und nach ab, dieser Zustand heißt Plasma und ist eine Art Gas mit elektrisch geladenen Bestandteilen. In Energiesparlampen und (natürlich) Plasmabildschirmen ist dieser Zustand zu finden. Bei extrem niedrigen Temperaturen, die nur Bruchteile eines Grads über dem absoluten Nullpunkt liegen, kann es zur Bildung eines sog. Bose-Einstein-Kondensats kommen. Dieser exotische Aggregatzustand lässt alle Atome zu einem einzigen Quantenobjekt verschmelzen; er ist seit seiner Entdeckung in den 1990er Jahren Gegenstand intensiver Forschung.

Wussten Sie, dass …

man den direkten Übergang zwischen Festkörper und Gas, wie er bei Kohlendioxid auftritt, Sublimation nennt?

Trockeneis gefrorenes Kohlendioxid ist?

man zwischen kristallinen und amorphen Festkörpern unterscheidet? Erstere sind aus einem oder mehreren durchgehenden dreidimensionalen Gittern aus miteinander verbundenen Atomen aufgebaut, Letztere weisen keine solche Struktur auf.

zur »weichen Materie« die meisten Kunststoffe zählen und paradoxerweise auch das gar nicht weiche Glas? Aber diese Stoffe sind alle dadurch gekennzeichnet, dass sie keinen festen Schmelzpunkt haben, sondern bei Erhitzung langsam dünnflüssig werden.

der Firmenname »Osram« sich aus den beiden Metallen »Osmium« und »Wolfram« zusammensetzt? Diese haben extrem hohe Schmelzpunkte von über 3000 °C, was sie zum idealen Material für die Glühfäden von Glühbirnen macht.

Helium zwar bei Normaldruck niemals fest wird, jedoch unterhalb von etwa 4 Kelvin (– 269 °C) in einen sog. superflüssigen Zustand übergeht, in dem es ohne Reibung fließen kann?

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