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Rückenmark: Schnellstraße für Signale

Wie lang ist das Rückenmark?

Es misst etwa 45 Zentimeter. Durch den Hirnstamm mit dem Gehirn verbunden, erstreckt sich das Rückenmark (Medulla spinalis) von seiner Austrittsstelle am großen Hinterhauptsloch an der Schädelbasis bis zur Höhe des ersten Lendenwirbels. In der Mitte beträgt der Durchmesser nur etwa 18 Millimeter und entspricht damit etwa der Dicke des Zeigefingers eines Erwachsenen. Auch das sehr empfindliche Rückenmark wird durch eine knöcherne Hülle geschützt – durch den von der Gesamtheit der Wirbelkörper gebildeten Wirbelkanal.

Diese aus Nervengewebe bestehende Säule stellt eine lebenswichtige Verbindung im Kommunikationssystem des Körpers dar. Einerseits dient sie als ein in beide Richtungen funktionierendes Leitsystem, andererseits ist sie an vielen Reflexhandlungen beteiligt. Dies sind sozusagen eigenmächtige Soforthandlungen unseres Körpers, die uns vor drohenden Gefahren schützen, bevor wir diese überhaupt bewusst wahrnehmen können.

Wie werden Nervenimpulse weitergeleitet?

Das Rückenmark enthält sowohl auf- als auch absteigende Nervenbahnen. Die aufsteigenden Nervenbahnen leiten Informationen über Körperempfindungen zum Gehirn, während absteigende Bahnen Befehle des Gehirns an die Skelettmuskulatur senden. Im Querschnitt ist eine schmetterlingsförmige Gewebemasse zu sehen: die graue Substanz. Sie enthält die Zellkörper der motorischen Neuronen, die sich vom Rückenmark aus erstrecken und Nervenimpulse zu Muskeln und Drüsen schicken, sowie Zellkörper und Nervenzellenfortsätze (Axone) der Interneurone, die Botschaften zwischen den einzelnen Neuronen weiterleiten. Außerdem enthält sie die Axon-Endigungen, die Informationen von sensorischen Neuronen in Haut, Muskeln und anderen inneren Organen weitergeben.

Die graue Substanz ist von einer zylinderförmigen weißen Substanz umhüllt. Die charakteristische Farbe ist auf die weiße Myelinhülle zurückzuführen, die die zahlreichen Nervenfasern, aus denen dieser Teil des Rückenmarks besteht, umgibt und isoliert. Diese Fasern, über die die Kommunikation zwischen Gehirn und peripherem Nervensystem abläuft, sind in Bündeln angeordnet, die Nervenbahnen genannt werden.

Warum ist das Rückenmark von Flüssigkeit umgeben?

Zwischen den Rückenmarkshäuten sowie in dem im Mittelpunkt des Rückenmarks verlaufenden Zentralkanal zirkuliert die farblose, wässrige Gehirn-Rückenmark-Flüssigkeit (Liquor cerebrospinalis). Diese Flüssigkeit hat schützende und ernährende Funktionen. Sie transportiert Nährstoffe vom Blut zum Nervengewebe und leitet Stoffwechselprodukte ab. Der Flüssigkeitsmantel schützt außerdem das Rückenmark gegen plötzliche Stöße und andere Schädigungen. Innerhalb des Wirbelkanals wird das Rückenmark – wie auch das Gehirn – von den drei Rückenmarkshäuten (Meningen) umschlossen und geschützt.

Wo sitzt beim Menschen der »Pferdeschweif«?

Im Kreuzbeinbereich. Beiderseits der gesamten Rückenmarkssäule treten die Rückenmarksnerven, auch Spinalnerven genannt, in insgesamt 31 Paaren aus den Zwischenwirbellöchern aus. Einige Nervenwurzeln am unteren Ende des Rückenmarks verlaufen in Nervenfaserbündeln, deren gemeinsame Austrittsstelle im Bereich des Kreuzbeins liegt. Da sie einem Haarbüschel ähneln, werden sie Cauda equina (Pferdeschweif) genannt. Die Rückenmarksnerven bilden die Kommunikationswege zwischen Rückenmark und fast allen Körperbereichen. Die Rückenmarksnerven leiten sensorische Axone ins Rückenmark hinein und motorische Axone aus dem Rückenmark hinaus.

Wie kommt es zu Schmerzen im gesunden Bein?

Durch die Zuordnung jedes Spinalnervs zu einem Hautareal oder einer Muskelgruppe. Aus jedem Rückenmarksnerv erstrecken sich sensorische Neuronen zu einem bestimmten, mit Nerven durchzogenen Bezirk auf der Körperoberfläche (Dermatom). Auch die motorischen Neuronen schicken ihre Fortsätze zu bestimmten Muskelgruppen. Gefühlsstörungen auf dem Gebiet eines bestimmten Dermatoms oder eine Funktionsbeeinträchtigung bestimmter Muskelgruppen weisen auf eine Schädigung oder Störung des betreffenden Nervs hin. Schmerzempfindungen im ansonsten gesunden Bein können daher auch auf eine Schädigung des Ischiasnervs im Lendenwirbelbereich hinweisen.

Sind Reflexe überlebensnotwendig?

Ja, denn Reflexe sind von unserem Willen unabhängige Reaktionen auf Gefahren für den Organismus. Die automatische Antwort auf einen Reiz spielt eine wichtige Rolle im körpereigenen Steuersystem, da sie zur blitzschnellen Wiederherstellung eines homöostatischen Ungleichgewichts beiträgt. Dabei kann ein so genannter somatischer (körperlicher) Reflex, bei dem es zur Kontraktion von Skelettmuskulatur kommt, von dem betroffenen Menschen bewusst wahrgenommen werden. Genauso wichtig sind jedoch auch die automatischen Reflexe, die so genannten Eingeweidereflexe (viszerale Reflexe), die normalerweise unbewusst ablaufen und an denen hauptsächlich die glatte Muskulatur sowie Körperdrüsen beteiligt sind. Damit ein Reflex möglichst schnell abläuft, müssen die dafür zuständigen Nervenimpulse den kürzesten Weg nehmen.

Was versteht man unter einem Reflexbogen?

Der Verlauf des Nervenimpulses vom Ort der Reizaufnahme zum ausführenden Organ wird als Reflexbogen bezeichnet. Viele Reflexbögen verlaufen ohne Einbeziehung des Gehirns direkt durch das Rückenmark. Beispielsweise verläuft der Abwehrreflex beim Berühren einer heißen Herdplatte folgendermaßen: Schmerzrezeptoren in der Haut der Handfläche nehmen den Reiz auf und senden ihn entlang der sensorischen Neuronen zum Rückenmark. Hier wird der Impuls durch Interneuronen an die Motoneuronen weitergegeben. Diese übermitteln an die Oberarmmuskeln das Signal zur Kontraktion. Die Hand wird blitzschnell aus dem Gefahrenbereich zurückgezogen. Wenige Millisekunden später werden die von den Schmerzrezeptoren ankommenden Signale von den aufsteigenden Nervenbahnen des Rückenmarks an das Gehirn weitergegeben, wo der Schmerz bewusst wahrgenommen wird und der Betroffene meist mit einem Schmerzensschrei reagiert.

Welche Reflexe zeigen Neugeborene?

Aufgrund eines frühkindlichen Reflexes kommt es beispielsweise zu einer Schreitbewegung, sobald die Füße des aufrecht gehaltenen Babys eine feste Unterlage berühren. Zu den wichtigen frühkindlichen Reflexen (Primitivreflexen) gehören auch der Greifreflex und der Moro-Reflex. Bei diesem Umklammerungsreflex breitet das Kind beim plötzlichen Zurückfallenlassen des Kopfes die Arme aus und streckt gleichzeitig die Beine. Zum tonischen Nackenreflex kommt es durch die Seitwärtsdrehung des kindlichen Kopfes. Dies verursacht die Streckung des dem Gesicht zugewandten Armes und Beines und Beugung der entgegengesetzten Extremitäten. Der Suchreflex wird durch Bestreichen der Wange ausgelöst: Berührt die Wange des Säuglings beispielsweise die mütterliche Brust, wird der Kopf sofort in Richtung des Reizes bewegt. Kurz nach der Geburt werden die frühkindlichen Reflexe überprüft, um mögliche Störungen festzustellen.

Reflexe, die die Aktivitäten der Körperorgane automatisch steuern, bezeichnet man als angeborene Reflexe. Sie sind schon bei der Geburt vorhanden und fest im Nervensystem integriert. Der Schluckreflex oder die Pupillenreaktion bei Veränderungen der Lichtverhältnisse, das Zittern bei großer Kälte sowie die Beschleunigung oder Verlangsamung der Herzfrequenz sind Beispiele für Reflexe, die ohne unser eigenes Zutun ablaufen. Sie werden automatische Reflexe genannt und vom vegetativen Nervensystem aus gesteuert. Die meisten angeborenen Reflexe bleiben unser ganzes Leben lang erhalten. Einige sind jedoch auf die frühe Kindheit beschränkt und nur in den ersten Lebenswochen oder -monaten vorhanden.

Was sind erworbene Reflexe?

Im Lauf eines Lebens bilden sich zahlreiche neue Verschaltungen und Impulsbahnen im Nervensystem heraus. Wird eine bestimmte neue Situation mit einer befriedigenden Reaktion verbunden und einige Male wiederholt, so wird in Zukunft die gleiche Situation jeweils wieder die gleiche Reaktion hervorrufen und zu einer Art Reflexhandlung führen. Infolge erworbener Reflexe hält ein Autofahrer z. B. automatisch an einer roten Ampel an, ohne dass er diese Entscheidung jedes Mal bewusst treffen müsste.

Was versteht man unter …

Myelitis? Die »Entzündung des Rückenmarks« etwa nach einer Virusinfektion hat meist neurologische Ausfälle, z. B. Lähmungen oder Sensibilitätsstörungen zur Folge.

Tetraplegie? Das ist der Fachbegriff für die vollständige »Lähmung aller vier Extremitäten« infolge einer Hirn- oder Rückenmarksschädigung.

Rückenmarkkompression? Sie ist meist Folge einer Quetschung oder Einengung des Rückenmarks durch Unfälle oder Tumoren und führt oft zu Sensibilitätsstörungen oder gar zu Lähmungen.

Spina bifida? Dieser Begriff bezeichnet die unterschiedlichen Formen der angeborenen Spaltmissbildungen der unteren Wirbelsäule.

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