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Tulpen: Nicht nur aus Holland

Wie kam die Gartentulpe nach Europa?

Ogier Ghislain de Busbecq, ein Gesandter von Kaiser Ferdinand I. am Hofe des türkischen Sultans in Konstantinopel, brachte die Gartentulpe im 16. Jahrhundert nach Prag und Wien. Er nannte die Pflanze »Tulipan«, woraus dann später »Tulpe« wurde. Obwohl die Pflanzen nicht dufteten, erregten sie durch ihre Farbenpracht allgemeines Aufsehen.

Nun war der Anfang gemacht und die Erfolgsgeschichte der Tulpe, die im Vorderen Orient bereits ab etwa 1000 n. Chr. in Gärten gezogen wurde, nahm auch in Europa ihren Lauf. Die ersten Tulpen, die in mitteleuropäischen Gärten wuchsen, blühten rot. Sie wurden zum ersten Mal von dem Schweizer Naturforscher Conrad Gesner beschrieben, der die neuartigen Pflanzen im Garten eines Augsburger Kaufmanns sah; von seinem Namen leitet sich im Übrigen die Bezeichnung Tulipa gesneriana ab, unter der heute alle Kultursorten zusammengefasst werden. Ende des 16. Jahrhunderts gelangte die Pflanze nach Holland, das sich wegen des milden Klimas und geeigneten Bodens rasch zum Zentrum der Tulpenzucht entwickelte. Noch heute sind die Niederlande das wichtigste Anbaugebiet und liefern 80 Prozent der Weltproduktion.

Welche Tulpen sind in Europa heimisch?

Die Weinbergtulpe (Tulipa sylvestris), die auch Waldtulpe oder Wilde Tulpe genannt wird. Diese 20 bis 40 Zentimeter hohe Tulpenart öffnet im April ihre gelben, duftenden Blütenkelche. Sie wächst in offenem, steinigem Gelände auf nährstoffreichen Böden. Einst war sie deshalb oft in Weinbergen zu finden, weshalb sie noch heute das Wahrzeichen der Baselbieter Rebberge ist, eines Weinbaugebietes rund um Basel. Die intensive Bodenbearbeitung und der zunehmende Gebrauch von Pflanzenschutzmitteln haben der Weinbergtulpe jedoch sehr zugesetzt. Inzwischen ist die Pflanze, deren Zwiebel und Spross das giftige Tulipanin enthalten, so selten geworden, dass sie vollständig unter Naturschutz steht. Um auf die seltene Schönheit aufmerksam zu machen – sie ist die einzige Tulpenart, die in Deutschland wild vorkommt –, wurde sie 1983 zur Blume des Jahres erkoren.

Übrigens: Die Südalpine Tulpe (Tulipa sylvestris ssp. australis) ist eine Unterart der Weinbergtulpe. Ihre gelben Blütenblätter sind außen rot überlaufen und an der Spitze fein behaart. Sie wächst auf trockenen, nicht zu fetten Bergwiesen, auf feuchtem, felsigem Boden in offenen Lärchenwäldern und in der Nähe einzelner Bäume oder Gebüsche in Höhen von 1000 bis 2800 Metern. Sie kommt in allen europäischen Gebirgen vor, ist jedoch wie ihre Artgenossin äußerst selten und daher geschützt.

Wie viel ist eine Tulpenzwiebel wert?

Heute zahlt man für eine Tulpenzwiebel nur noch einige Cent; im 17. Jahrhundert allerdings löste sie in Holland die sog. Tulpomanie aus, die in einen großen Börsencrash mündete.

In den Jahren 1636 und 1637 erreichte die Tulpomanie ihren Höhepunkt: Einzelne Tulpenzwiebeln erzielten Preise von bis zu 10 000 Gulden. Das entsprach damals in etwa dem Wert eines der nobelsten Häuser Amsterdams. Ein unbekannter Käufer soll für eine einzige Zwiebel der Sorte »Viceroy« vier Tonnen Weizen, acht Tonnen Roggen, vier Ochsen, acht Schweine, zwölf Schafe, 500 Liter Wein, 250 Liter Bier, 100 Kilogramm Butter, 500 Kilogramm Käse, ein Bett, ein Gewand und einen silbernen Trinkbecher bezahlt haben. Dabei bekamen die Spekulanten die edlen Blumen gar nicht zu Gesicht, denn die gekauften Zwiebeln wurden umgehend weiterveräußert. Der Handel verlief ohne Sicht und auf Termin, ähnlich wie heutige Warentermingeschäfte.

Am 3. Februar 1637 platzte die Spekulationsblase: Nachdem die Regierung der Vereinigten Niederlande die Tulpenpreise gesetzlich geregelt hatte, brach die gesamte Tulpenbörse zusammen und die Preise stürzten ins Bodenlose. Der Wert einer Zwiebel der Sorte »Semper Augustus« fiel an einem einzigen Tag von 13 000 auf 50 Gulden.

Der Börsencrash konnte jedoch die Entwicklung der Niederlande zum Zentrum der Tulpenzucht nicht mehr aufhalten: Im 18. Jahrhundert zählte man dort bereits 1600 verschiedene Tulpensorten und derzeit sind etwa 3000 unterschiedliche Sorten auf dem Markt.

Wie werden Tulpen klassifiziert?

Tulpen werden vor allem nach dem Zeitpunkt ihrer Blüte in Klassen eingeteilt; so gibt es beispielsweise einfache frühe, gefüllte frühe, mittelfrühe und spät blühende Tulpen.

Zu den einfachen frühen Tulpen gehören meist kleinere Sorten, die sich auch zum Vortreiben in Töpfen und Schalen eignen. Sie alle sind aus Tulipa suaveolens, einer Wildtulpe aus Südrussland, hervorgegangen. Gefüllte frühe Tulpen haben ähnliche Eigenschaften wie die einfachen Tulpen. Die mittelfrühen Sorten umfassen u. a. die bekannten Triumph-Tulpen, die vor allem für die Schnittblumenzucht bedeutsam sind, und die Darwin-Tulpen, die sich durch besonders kräftigen Wuchs und sehr große Blüten auszeichnen. Die Gruppe der spät blühenden Tulpen schließt neben den einfachen Sorten auch die auffällig geflammten Rembrandt-Tulpen, die bizarren Papageien-Tulpen und viele weitere Klassen ein, u. a. die Breeder-Tulpen, die sich durch gold- und kupferfarbene, ja sogar pflaumenblaue Farbtöne auszeichnen.

Kann man Tulpen essen?

Nein. Alle Pflanzenteile der Tulpe, also auch Blüten und Zwiebeln, enthalten das Alkaloid Tulipin sowie Tuliposide. Vier Zwiebeln sollen bereits ausreichen, um Erbrechen, Magen- und Darmbeschwerden sowie Untertemperatur hervorzurufen. Neben den pflanzeneigenen Giftstoffen lassen es darüber hinaus die Anbaubedingungen keineswegs ratsam erscheinen, Tulpenzwiebeln zu verzehren: Im kommerziellen Blumenzwiebelanbau wird nämlich nach der Baumwollproduktion das meiste Gift eingesetzt.

Wussten Sie, dass …

Tulpen Allergien auslösen können? Verantwortlich dafür sind Abwehrstoffe, die in den Knollen junger Tulpen vorhanden sind und die Pflanze gegen Pilzbefall schützen.

Tulpen wetterfühlig sind? Die Liliengewächse nehmen bereits Temperaturunterschiede von nur 1 °C wahr und reagieren darauf mit Wachstumsbewegungen ihrer Kronblätter (Thermonastie).

Warum haben manche Tulpen Streifen?

Wegen einer Viruserkrankung. Viele Gartenfreunde schätzen besonders die unregelmäßig gefärbten, geflammten und gestreiften Tulpensorten, die als Rembrandt-Tulpen im Handel sind. Heute weiß man, dass die Musterung eigentlich eine Missbildung der Pflanzen ist, die von einer Infektion mit Viren hervorgerufen und zwischen den Pflanzen direkt übertragen wird. Andere Formen der Missbildung findet man bei den Papageientulpen, die sich durch tief gefranste Blütenblätter auszeichnen, und bei den Viridiflora-Sorten, die durch ihre grünen Blütenblätter auffallen.

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