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Computermäuse: Technik mit Wow-Effekt
Es gehört zur menschlichen Natur, dass wir uns um viele Dinge, die zu unserem Alltag dazugehören, kaum Gedanken machen. Hand aufs Herz: Wenn man am PC sitzt, macht man sich da Gedanken, warum der Cursor auf dem Bildschirm so präzise seinen Weg zum gewünschten Punkt findet, nur weil wir mit der Hand ein Gerät bewegen, das heute nur noch entfernt an seinen Namensgeber erinnert? Doch Fakt ist: Gerade die Computermaus, die 2018 bereits ihren 50. Geburtstag feiern konnte, ist ein besonders faszinierender Helfer – vor allem auf der technischen Seite, der sich dieser Artikel widmet.
1. Der Anfang war mechanisch
Dabei muss man feststellen, war die Maus über viele Jahre noch bis weit in dieses Jahrtausend hinein (und an manchen Alt-Rechnern bis heute) vor allem ein elektromechanisches System.
Das lag daran, dass es über weite Teile der technischen Entwicklung keine praktikable Möglichkeit gab, eine Maus ohne bewegliche Bauteile ihren Standort feststellen zu lassen. Dementsprechend verlagerte man sich auf ein aus heutiger Sicht altbackenes und schmutzanfälliges System, die sogenannte Kugelmaus.
In ihr befindet sich eine gummiummantelte Metallkugel. Diese steht auf der X- und Y-Achse mit zwei kleinen Walzen in Kontakt. Je nachdem, in welche Richtung man die Maus bewegt, wird jede dieser Walzen unterschiedlich schnell und weit in Relation zur jeweils anderen gedreht.
Diese Walzen sind über eine Achse mit runden gelochten Scheiben verbunden, die ebenfalls mitgedreht werden. Ein Sensor mit einer Infrarot-Leuchtdiode erkennt durch die Löcher ähnlich einer Lichtschranke, wie schnell/lange die Walzen rotieren und wandelt dieses Signal in ein digitales um, aus dem der Computer erkennt, wohin die Maus bewegt wird.
Vorteile:
- Geringer Stromverbrauch
- Unabhängigkeit von der Transparenz des Untergrundes (Glastisch)
Nachteile:
- Mechanischer Verschleiß.
- Vergleichsweise geringe Präzision und Wiederholgenauigkeit.
- Starke Beeinträchtigung durch Verschmutzung, die von der Kugel aufgenommen wird (Krümel, Staub…).
- Fester „Boden“kontakt notwendig.
- Geringe Robustheit wegen der beweglichen Teile.
2. Es wird optisch
Doch so sehr sich die Kugelmaus etabliert hatte, sie hatte ein Ablaufdatum. Je mehr das digitale Zeitalter voranschritt, desto kritischer wurden ihre Nachteile. Etwa im Bereich der Bildbearbeitung, wo eine wirklich pixelgenaue Präzision unumgänglich ist – und die Zahl der Pixel pro Bild steigt immer weiter.
Daher kam eine Technik auf, die auch heute noch bei der Mäuse-Masse zum Einsatz kommt, die LED.
Schon bei der Kugelmaus war die Leuchtdiode ja bereits Bestandteil. Verbesserungen in der LED- und Verarbeitungstechnik sorgten jedoch dafür, dass das scheibenbasierte Lichtschrankensystem entfallen konnte.
Die Kugel verschwand, ebenso die Walzen und Lochscheiben. Übrig blieb die LED, die nun direkt aus der Unterseite des Gehäuses strahlt.
Eine vollkommen digitale Technik ohne ein einziges bewegliches Teil: Die LED dient jetzt als Kameraleuchte, die den Untergrund unter der Maus in ein gleichförmiges Licht taucht. Gleich daneben ist ein Kamerasensor integriert, der in höchster Geschwindigkeit (>1000 Bilder/Sekunde) Fotos des Untergrundes erstellt. Diese werden in einem Signalprozessor miteinander verglichen, woraus Bewegungsrichtung und -geschwindigkeit abgeleitet werden.
Hierbei gibt es Unterschiede:
- Normale rote LED
- Blue Track / Blue Wave mit blauer LED für besseren Kontrast
Generell hat die LED-Maus folgende Vor- und Nachteile:
Vorteile:
- Mechanisch weitgehend unempfindlich
- Kein nennenswerter Verschleiß durch das Bewegen
- Relativ hohe Schmutz-Unempfindlichkeit
- Generell höhere Präzision als Kugelmäuse
Nachteile:
- Untergrundabhängig. Je kontrastärmer und reflektierender die Oberfläche, desto problematischer wird es.
3. Noch mehr Präzision dank Laser
Die aktuell höchste Stufe, die vor allem im professionellen Gaming- und Grafikbereich benötigt wird, ersetzt die LED durch einen Laser.
Die dahinterstehende Technik funktioniert zwar prinzipiell ähnlich wie bei der LED-Maus, aber es gibt Unterschiede. Denn die neue Technik macht sich den sogenannten Speckle-Effekt des Lasers zunutze.
Er entsteht, wenn ein Laserstrahl auf eine raue Oberfläche trifft. Dann wird der fokussierte Strahl prinzipiell „gestreut“, sodass er ausfranst. Wo das bei anderen Laser-Anwendungen ärgerlich ist, ist es bei der Lasermaus zwingender Part des Funktionsprinzips. Denn der Speckle-Effekt tritt schon auf sehr glatten Oberflächen auf.
Das sorgt dafür, dass die erreichbare Präzision grundsätzlich noch weiter steigt. Und es entkoppelt die maximal mögliche Präzision weitestgehend von der Untergrundbeschaffenheit, sodass nur vollkommen transparente Untergründe nicht verwendet werden können.
Vorteile:
- Höchste derzeit mögliche Präzision und Wiederholgenauigkeit.
- Weitgehende Untergrund-Unabhängigkeit.
- Sehr hohe mögliche Mausbeschleunigung
4. Was hat es mit dem Kabel auf sich?
Für viele Privatanwender wurde der „Mäuseschwanz“ längst abgeschnitten. Die Daten zwischen Maus und Rechner werden dann per Funk übertragen. Das ist vor allem komfortabel. Aber gerade im Bereich der High-End-Anwendungen, namentlich E-Sports, sieht man noch auffallend häufig kabelgebundene Mäuse. Schaut man sich aktuelle Testberichte zu Gaming-Mäusen an, stehen auf den Siegertreppchen sogar ausschließlich Kabelmäuse.
Sind Gamer einfach nur Retro? Nein, sicher nicht. Denn bis auf den kabellosen Komfort können Funkmäuse keinen weiteren Vorteil ins Feld führen, den diese Intensivnutzer benötigen.
Tatsächlich haben die Funker sogar einen ganz entscheidenden Nachteil: Sie sind ausnehmend langsamer als Kabelmäuse. Zwar bewegt sich der Unterschied im Mikrosekundenbereich, ist also für den Laien kaum bemerkbar. Aber für Spiele-Pros, bei denen es je nach Spieleklasse (etwa Shooter) um das allerletzte Quäntchen Geschwindigkeit geht, kann diese Zeitverzögerung den Unterschied zwischen Sieg und Niederlage ausmachen.
Dass Funkmäuse auch schwerer und dadurch weniger agil sind, weil sie ihre eigene Stromversorgung in Form von mindestens einer Batterie an Bord haben müssen, kommt da noch hinzu.
5. Wohin geht die Reise?
Stellt sich die Frage, was sich künftig noch verbessern lässt. Tatsächlich gibt es hier nur noch sehr wenig. Hersteller Logitech entwickelte vor einigen Jahren „Darkfield“-Mäuse, die nach dem Prinzip der Dunkelfeldtechnologie arbeiten. Solche Vorstöße sind allerdings Ausnahmen.
Derzeit scheint es deshalb fast so, dass sich am Mausprinzip auf absehbare Zeit nicht viel ändern wird. Was bei neuen Modellen vornehmlich getan wird, sind Verbesserungen. Mehr Präzision, mehr Einstellungsmöglichkeiten. Aber das sind nur Details. Und bis eine bahnbrechend neue Technologie kommt, werden LED und Laser vollkommen ausreichen.