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Zweites Schwangerschaftsdrittel: Zeit des Wachstums

Welchen Zeitraum umfasst das zweite Schwangerschaftsdrittel?

Das zweite Drittel der Schwangerschaft reicht vom Ende der 13. Woche bis zur 28. Woche. In dieser Zeit wächst der Fetus am stärksten, sämtliche Organe und Körpersysteme bilden sich vollständig aus und reifen heran. Die Plazenta nimmt die Aufgaben einer endokrinen Drüse wahr und bildet die Hormone HCG (Humanchoriongonadotropin), Östrogen und Progesteron, welche die Schwangerschaft aufrechterhalten. Die Schwangere fühlt sich in dieser Zeit meist am wohlsten, da die Frühsymptome der Schwangerschaft wie Übelkeit und Erbrechen langsam nachlassen und die werdende Mutter große Energien mobilisiert.

Wie zeigt sich der Fetus in der 14. Woche?

Der Fetus ist nun voll ausgebildet und schwebt in der Fruchtblase, die etwa 100 Milliliter Fruchtwasser enthält. Sein Gesicht ist entwickelt und zeigt mit hoher Stirn, Stupsnase und ausgeprägtem Kinn ein charakteristisches Babyprofil. Er kann bereits die Lippen bewegen, die Stirn runzeln und den Kopf wenden. Er bewegt die Muskeln, die nach der Geburt zum Atmen und Schlucken benötigt werden. Alle inneren Organe sind vorhanden; Lunge, Leber, Nieren und Darm müssen jedoch noch weiterwachsen und reifen. Die Bewegungen des Fetus werden kräftiger und koordinierter, können aber von der Schwangeren noch nicht wahrgenommen werden. Der Fetus ist jetzt etwa zwölf Zentimeter lang und wiegt ca. 110 Gramm.

Was geschieht bis zur 16. Woche?

Der Fetus wächst weiterhin sehr schnell. In der 16. Woche hat sich das Volumen des Fruchtwassers auf etwa 180 Milliliter erhöht. Es entwickeln sich Finger- und Zehennägel; Augen, Ohren und Nase sind gut ausgebildet. Der nun einsetzende Verknöcherungsprozess beginnt an den drei winzigen Knöchelchen im Mittelohr, so dass der Fetus auch hören kann. Die Hörzentren im Gehirn, wo die Töne verarbeitet werden, haben sich jedoch noch nicht entwickelt. Auch die Fortpflanzungsorgane bilden sich weiter heran und auf dem Ultraschallbild kann bei Jungen der Penis schon deutlich wahrgenommen werden.

Wie beweglich ist der Fetus in der 17. Woche?

Es sind alle Gelenke beweglich und der Fetus ist zu komplexeren Bewegungen fähig. Das Ungeborene kann greifen, am Daumen lutschen, mit den Augenlidern zucken und Grimassen schneiden. Die Schwangere fühlt nun langsam die kindlichen Bewegungen. Beim Kind stellt sich der Atemreflex ein und beim Ein- oder Ausatmen von Fruchtwasser bewegen sich die Brustmuskeln ähnlich wie bei der Atmung. Im Darm sammelt sich langsam das so genannte Kindspech (Mekonium) an. Diese Masse ähnelt dem Stuhl und wird vom Organismus des Fetus gebildet. Auf der Zunge entwickeln sich die Geschmacksknospen. Am Ende der 18. Woche misst das Ungeborene ca. 18,5 Zentimeter und wiegt etwa 170 Gramm.

Welche Entwicklungen finden bis zur 22. Woche statt?

Der Fetus wächst weiter und nimmt die klassische fetale Position ein, da der Raum in der Gebärmutter immer knapper wird. Die Gliedmaßen haben nun fast ihre endgültigen Proportionen erreicht. Der Fetus ist mit Wimpern und Augenbrauen ausgestattet und etwa in der 20. Woche beginnt das Wachstum des Kopfhaars. In der Zahnleiste entwickeln sich die Anlagen für das bleibende Gebiss unter den Anlagen für die Milchzähne. Die Muskeln nehmen an Stärke zu und jetzt können Erstgebärende auch erstmalig die Kindsbewegungen wahrnehmen.

Um die 21. Woche herum verliert die fetale Haut ihre Durchsichtigkeit. Die Talgdrüsen in der Haut bilden fettige Absonderungen, die größtenteils aus Talg und Hautzellen bestehen. Diese Absonderungen werden als Frucht- oder Käseschmiere (Vernix caseosa) bezeichnet und schützen die Haut des ungeborenen Kindes vor Beschädigungen. Der größte Teil dieser Käseschmiere ist bis zur Geburt verschwunden, der Rest erleichtert das Herausgleiten aus dem Geburtskanal. Das Hörvermögen ist nun voll ausgebildet, die Augenlider sind jedoch noch fest geschlossen. Jetzt ist der Fetus durchschnittlich 25 Zentimeter lang und etwa 350 Gramm schwer.

Wie entwickelt sich der Fetus bis zur 27. Woche?

Der Fetus ist immer noch sehr dünn, beginnt jetzt aber in Vorbereitung auf die Geburt mit der Einlagerung von Fettdepots. Seine Bewegungen werden kräftiger und erfolgen meistens als Reaktion auf Berührung oder Geräusche. Auf plötzlichen Lärm reagiert er oft mit Zusammenzucken und heftigen Tritten. Er bekommt Schluckauf, der von der Mutter deutlich wahrgenommen werden kann. Auf Handflächen und Fingerspitzen erscheinen feine Linien.

Etwa in der 24. Woche trennen sich Ober- und Unterlid und das Ungeborene kann die Augen öffnen. Die Zellen der Hirnrinde, die für das bewusste Denken zuständig sind, reifen langsam heran. Es bildet sich ein deutlicher Schlaf-Wach-Rhythmus aus. Mit den Bronchien entwickeln sich langsam die größeren Atemwege, die Lunge ist aber erst bei der Geburt vollständig ausgereift. Der Fetus misst am Ende dieses Trimenons durchschnittlich 27 Zentimeter und wiegt 800 Gramm.

Wie groß ist nun der Bauch?

Bis zum Ende dieses Schwangerschaftsdrittels hat sich die Größe der Gebärmutter bis auf die Mitte zwischen Nabel und Brustkorb ausgedehnt. Mit dem Wachsen der Gebärmutter wird die Schwangerschaft nun nach außen sichtbar und die Frau beginnt, sich auch seelisch auf das neue Leben einzustellen.

Was beobachtet die Schwangere an ihrer Haut?

Alle Hautstellen, die normalerweise bereits eine etwas intensivere Pigmentierung aufweisen, werden in der Schwangerschaft noch etwas dunkler. Vulva, Brustwarzen und Warzenhof sowie die Linea fusca, die vom Nabel auf der Körpermittellinie direkt nach unten zum Schambein verläuft, sind deutlicher pigmentiert. Zusätzlich kann auf der Stirn und den oberen Wangen ein schmetterlingsförmiger Pigmentfleck erscheinen, der als Chloasma oder Schwangerschaftsmaske bezeichnet wird. Er wird durch die erhöhte Melaninproduktion verursacht und verschwindet nach der Geburt. Sonnenlicht kann die Hyperpigmentierung noch verstärken.

Viele Frauen spüren eine deutliche Verbesserung des Hautzustands. Aufgrund der stärkeren Durchblutung sieht die Haut rosiger aus und fühlt sich wärmer an. Manchmal kommt es aus nicht erkennbarem Grund zu Juckreiz.

Woher kommen die Schwangerschaftsstreifen?

Durch die im zweiten Trimenon wachsende Gebärmutter wird die Haut am Unterleib stark gedehnt. So entstehen die so genannten Schwangerschaftsstreifen (Striae gravidarum): unregelmäßige, bläulich-rosa bis purpurfarbene Linien in der Haut. Außerdem verursacht die hohe Konzentration an Schwangerschaftshormonen einen Eiweißabbau in der Haut und trägt zusätzlich zur Bildung der Streifen auch an der Außenseite der Oberschenkel und an den Brüsten bei.

Gegen Schwangerschaftsstreifen gibt es kein eigentlich wirksames Mittel. Prophylaktisch können Hautmassagen z. B. mit Johanniskrautöl durchgeführt und besondere Hautcremes angewendet werden. Die Schwangerschaftsstreifen verblassen jedoch allmählich nach der Schwangerschaft. Obwohl sie nie mehr ganz verschwinden, sind sie in den meisten Fällen später kaum noch sichtbar.

Wie stellt sich das mütterliche Herz auf den Fetus ein?

Es erhöht seine Leistung. Die Plazenta, die ab der zwölften Woche die Ernährung des Fetus übernimmt, bezieht die dazu notwendigen Nährstoffe sowie den Sauerstoff aus dem mütterlichen Blut. Als Reaktion auf die wachsenden Bedürfnisse der mütterlichen und kindlichen Organe vergrößert sich das Herz der Mutter und erhöht seine Pumpleistung. In der 15. Woche hat sich die Herzleistung um 20 Prozent gesteigert. In der 20. Woche hat sich das Volumen des durch den Körper gepumpten Bluts von ungefähr 5,25 Litern pro Minute vor der Schwangerschaft auf etwa 6 Liter pro Minute erhöht. Das erhöhte Blutvolumen fließt durch alle mütterlichen Blutgefäße und ist der Grund dafür, dass Schwangere zu Nasenbluten neigen.

Wie passt sich das Blut an?

Die Vergrößerung des Blutvolumens führt auch zu Veränderungen in der Zusammensetzung des Bluts. Der Plasmaanteil erhöht sich um 50 Prozent. Unter dem Einfluss des Hormons Erythropoetin steigt der Anteil der roten Blutkörperchen um 25 Prozent. Als Ergebnis des stark erhöhten Plasmaanteils verdünnt sich die Hämoglobinkonzentration um etwa 20 Prozent. Die Gerinnungsfähigkeit des Bluts verbessert sich als Folge der erhöhten Bildung von Gerinnungsfaktoren und Blutplättchen. Auf diese Weise wappnet sich der Körper gegen einen eventuell zu starken Blutverlust unter der Geburt.

Wussten Sie, dass …

trotz der munteren Bewegungen des Ungeborenen die Nabelschnur keine Schleifen oder Knoten bilden kann? Der kräftige Blutstrom in den Nabelgefäßen verstärkt und stützt die Nabelschnurwand.

das Kind bereits in seiner Fruchthöhle Saugübungen macht? Sobald dessen Daumen in die Nähe des Mundes gerät, beginnen Lippen und Zunge mit den typischen Saugbewegungen.

ein Kind heutzutage überlebensfähig ist, wenn es bereits in der 28. Schwangerschaftswoche zur Welt kommt? Es muss allerdings mit großer Sorgfalt betreut werden, da vor allem das Atemsystem und die Wärmeregulation noch nicht voll ausgebildet sind.

Bis wohin dehnt sich die Gebärmutter aus?

Zu Beginn des zweiten Trimenons hat sich die Gebärmutter bis in die Bauchhöhle ausgedehnt und ihre obere Begrenzung, der Fundus, ist oberhalb des Beckenrands tastbar. Zur groben Größenbestimmung der Gebärmutter werden die quer auf den Bauch gelegten Finger zu Hilfe genommen. In der 16. Woche befindet sich die Gebärmutter etwa zwei Querfinger oberhalb der Schambeinfuge (Symphyse), in der 20. Woche zwei bis drei Querfinger unterhalb des Bauchnabels und in der 24. Woche etwa in Nabelhöhe. Bis zum Ende des zweiten Trimenons steht der Gebärmutterfundus etwa zwischen Nabel und Rippenbogen.

Wie verändert sich die Gebärmutter?

Während die Gebärmutter expandiert, um dem wachsenden Fetus Platz zu bieten, dehnt sich auch die Gebärmutterwand und wird dabei dünner. Zu Beginn kugelförmig, ähnelt der Uterus jetzt mehr einem Ei. Seine oberen zwei Drittel bestehen aus Muskelgewebe, im unteren Drittel, nach unten durch die Uterusenge (Isthmus) begrenzt, wird der Muskelanteil nach und nach durch kräftiges Bindegewebe ersetzt. Damit der Fetus mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt werden kann und damit Kohlendioxid und Abfallprodukte zurück in den mütterlichen Kreislauf geleitet werden können, ist die Blutzufuhr zur Gebärmutter stark erhöht. Die im ersten Trimenon einsetzenden Schwangerschaftswehen setzen sich auch im zweiten Trimenon unregelmäßig fort und können von der Schwangeren ab der 23. Woche als schmerzlose Kontraktionen oder Verhärtung wahrgenommen werden.

Wann kann die Schwangere die Bewegungen des Kindes spüren?

Irgendwann zwischen der 16. und 20. Woche, wenn die wachsende Gebärmutter in Kontakt mit der Bauchdecke kommt, spürt die Schwangere das in ihr entstehende Leben. Mit dem Fortschreiten der Schwangerschaft werden die Kindsbewegungen dann stärker. Der Fetus entwickelt Muskelkraft und die Gebärmutter wird für das wachsende Kind immer enger.

Wie bereiten sich die Brüste auf die kommenden Aufgaben vor?

Ab der 16. Woche beginnen die Brustdrüsen mit der Bildung und Sekretion einer farblosen Flüssigkeit, der Kolostralmilch. Dieses Sekret ist die erste Nahrung des Neugeborenen nach der Geburt und enthält zahlreiche mütterliche Antikörper. Außerdem ist sie äußerst gehaltvoll und perfekt auf die Bedürfnisse des Kindes in den ersten Lebenstagen eingestellt.

Welche Beschwerden können auftreten?

Geringfügige gesundheitliche Probleme im zweiten Trimenon sind oft auf die Wirkung der Schwangerschaftshormone und die Veränderungen in den Organen und Geweben zurückzuführen. Schwangerschaftsbeschwerden wie Rückenschmerzen und Kurzatmigkeit sind meist harmlos.

Rückenschmerzen: Aufgrund des starken Gebärmutterwachstums im zweiten Trimenon kann es bei der Schwangeren zu Rückenschmerzen kommen. Die Schmerzen sind eine Folge der Verlagerung des mütterlichen Schwerpunkts und des gleichzeitigen Erschlaffens und Nachgebens der Bänder und Gelenke unter dem Einfluss der Schwangerschaftshormone. Dadurch ändert sich auch die Form der Wirbelsäule. Zum Ausgleich der Schwerpunktsverlagerung neigen die meisten Schwangeren dazu, sich nach hinten zu lehnen. Dies belastet beim Stehen und Gehen die Muskeln und Bänder im Lendenwirbelbereich und führt zu Rückenschmerzen. Daher ist eine korrekte Körperhaltung besonders wichtig.

Kurzatmigkeit: Im Lauf der Schwangerschaft steigt der Sauerstoffbedarf um rund 20 Prozent. Dadurch erhöht sich auch die Atemfrequenz. Kurzatmigkeit tritt oft zwischen der 16. und 20. Woche auf, wenn die Schwangere sich noch nicht an die höhere Atemfrequenz gewöhnt hat.

Krämpfe: Krämpfe in Oberschenkel, Wade oder Fuß setzen oft gegen Ende des zweiten Trimenons ein. Die Ursachen sind noch nicht vollständig bekannt, vermutet wird aber ein Mangel an Vitamin B, Kalzium und Salzen. Nächtliche Krämpfe können die Folge schlecht durchbluteter Beine sein, da die Gebärmutter oft auf die Blutgefäße drückt.

Krampfadern: Krampfadern sind verformte, erweiterte Venen, die sich in der Schwangerschaft entwickeln oder, wenn schon vorhanden, vergrößern können. Sie sind das Ergebnis von Flüssigkeitsansammlungen, erhöhtem Venendruck und Gewichtszunahme.

Welche Störungen oder Beschwerden müssen ärztlich abgeklärt werden?

Einige Symptome können Hinweise auf ernstere gesundheitliche Störungen geben. Konsultieren Sie auf jeden Fall Ihre Ärztin bei:

Starkem Erbrechen über die 13. Woche hinaus

Vaginalblutungen oder Austritt von klarer Flüssigkeit sowie eitrigem, hautreizendem oder übel riechendem Ausfluss

Stürzen oder Verletzungen, besonders bei Stößen und Schlägen auf den Bauchbereich

Schwellungen an Füßen, Fingern, Knöcheln oder im Gesicht

Außergewöhnlicher Kurzatmigkeit

Starkem Schwindel oder Kopfschmerzen

Bauchkrämpfen

Fieber

Symptomen, die auf eine Harnwegsinfektion hinweisen, z. B. Brennen und Schmerzen beim Wasserlassen.

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