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Jung und berufsunfähig – Und was dann?

43 Prozent der heute 20-jährigen Männer werden wahrscheinlich bis zum Rentenbeginn mit 65 berufsunfähig. Und immer noch ist mehr als die Hälfte von ihnen überzeugt, dass im Fall der Fälle der Staat, respektive die gesetzliche Renten- und Krankenversicherung einspringt. Viele junge Arbeiter und Angestellte sind in den sogenannten Risikoberufen besonders von Berufsunfähigkeit bedroht.

Jüngere, die weniger als fünf Jahre Versicherungszeit in der gesetzlichen Rentenversicherung nachweisen können - fallen durchs Raster.

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Gerüstbauer, Dachdecker und Bergleute fallen unter die Rubrik, mehr als die Hälfte haben in den Jahren 2007 bis 2009 eine Erwerbsunfähigkeits- oder Erwerbsminderungsrente erhalten. Viele von ihnen fallen dennoch in ein finanzielles Loch, das soziale Netz ist im Bereich staatlicher Absicherung nicht so engmaschig wie vielfach angenommen wird und reicht oftmals nicht aus, um ein angemessenes Leben auch dann wie bisher weiterführen zu können, wenn der erlernte Beruf aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr weiter ausgeübt werden kann. Wie ist die Faktenlage zu der Thematik und was kann zusätzlich unternommen werden, um gewappnet zu sein, wenn der Tag X kommen sollte?

Jeden kann es treffen

Das Damoklesschwert Berufsunfähigkeit hängt prinzipiell über jedem Berufstätigen. Dabei spielen Unfälle, die bei den Risiko-Berufsgruppen den Löwenanteil aller Gründe ausmachen, berufsunfähig zu werden, auf das Gesamtbild gesehen eine eher marginale Rolle. Folgender Informations-Übersicht zur Berufsunfähigkeit zu Folge, wird gerade bei vermeintlich ungefährlichen Berufen das Berufsunfähigkeitsrisiko weithin unterschätzt. Danach machen psychische Erkrankungen mit 38 Prozent den größten Teil aus, gefolgt von Störungen des Skelett- und Bewegungsapparats mit 15 Prozent, Krebserkrankungen (14%) und Herzkrankheiten (10%). Allein Rückenleiden und psychische Erkrankungen zusammen genommen lösen etwa die Hälfte aller Berufsunfähigkeiten aus.

Die Abschaffung der staatlichen Berufsunfähigkeitsrente betrifft alle nach dem 01.01.1961 Geborenen.

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Ernüchternde Bilanz

Demzufolge bilanziert Die Welt eine Schieflage in der Absicherung gerade in den Personengruppen jüngeren und mittleren Alters, die nach 1960 geboren sind. Der Grund: Für alle später Geborenen sieht der Staat nur noch eine eingeschränkte staatliche Absicherung bei Verlust der Arbeitskraft vor. Dessen ungeachtet ist aus Sicht des Blattes die Schere zwischen der Dringlichkeit eines BU-Vertragsabschlusses und der Zahl der tatsächlich getroffenen Vorkehrungen größer denn je.

Mit der Abschaffung der staatlichen Berufsunfähigkeitsrente für alle nach dem 01.01.1961 Geborenen wurde eine Erwerbsminderungsrente eingeführt, die nur dann greift, wenn der Betroffene überhaupt keiner Erwerbstätigkeit mehr nachgehen kann - unabhängig davon, ob der angestammte Beruf noch ausgeübt werden kann oder nicht.

Nach aktueller Gesetzeslage ergeben sich einem Fachportal zur Berufsunfähigkeitsversicherung gemäß folgende Abstufungen:

  • Weniger als drei Stunden täglich arbeitsfähig: Volle Erwerbsminderungsrente
  • Zwischen drei und sechs Stunden täglich arbeitsfähig: Halbe Erwerbsminderungsrente
  • Mehr als sechs Stunden täglich arbeitsfähig: Keine Erwerbsminderungsrente

Kein Berufsschutz – Jüngere besonders gefährdet

Der Staat sieht konkret irgendwelche Tätigkeiten vor, unabhängig beispielweise von der Frage, ob sie in der Region auch wirklich nachgefragt werden und ob der Betroffene sie auch ausüben möchte. Selbst dann, wenn der Einzelne berufs- jedoch nicht erwerbsunfähig ist und demnach auch kein Gehalt mehr bezieht, sieht der Gesetzgeber lediglich eine maximale Förderungshöhe von ca. 40 Prozent des letzten Einkommens vor.

Die Neuregelung zieht demnach de facto keinen Berufsschutz mehr in Betracht. Eine weitere Einschränkung betrifft vor allem Jüngere, die weniger als fünf Jahre Versicherungszeit in der gesetzlichen Rentenversicherung nachweisen können. Sie fallen komplett durchs soziale Netz und sind nicht Erwerbsminderungsrenten-berechtigt.

Zum Wesen von Berufsunfähigkeitsversicherungen (BUZ)

Da einerseits der Höchstsatz der Erwerbsminderungsrente von 750 Euro pro Monat meist nicht ausreicht, um die persönlichen Lebenshaltungskosten zu decken, und andererseits laut Statistik jeder vierte Erwerbstätige in Deutschland seinen Beruf krankheitshalber oder aufgrund eines Unfalls nicht mehr ausüben kann, raten Experten dringend zu einer privaten Vorsorge für alle nach dem 01.01. 1961 Geborenen.

Aber auch für die, die vor dem Stichtag geboren wurden gilt: Nur wer Beiträge in die Deutsche Rentenversicherung eingezahlt hat, hat auch einen gesetzlichen Versicherungsschutz – das aber auch nur bei erheblich gesundheitlicher Beeinträchtigung. Wer beispielsweise noch in der Lage ist, sechs Stunden täglich in seinem bisher ausgeübten Beruf zu arbeiten, kommt nicht in den Genuss einer Erwerbsminderungsrente, gleiches gilt für Selbstständige.

Nur Personen mit erheblicher gesundheitlicher Beeinträchtigung kommen in den Genuss einer Erwerbsminderungsrente.

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Die Versicherungswirtschaft hat auf die Schieflage reagiert und zahlreiche Produkte gezimmert, die prinzipiell nach dem klassischen Vorsorgeprinzip aufgebaut sind:

  • Regelmäßige Einzahlung eines festgelegten Betrags, dessen Höhe je nach Lebensalter, Gesundheitszustand sowie Gefahren- bzw. Unfallpotential bestimmter Berufe variiert.
  • Auszahlung der vertraglich vereinbarten Rente bei Erwerbsunfähigkeit bis zur regulären Altersrente

Die private Berufsunfähigkeitsversicherung ist im Gegensatz zu einer Berufsunfähigkeitszusatzversicherung ein eigenständiger, privater Versicherungsvertrag mit dem zentralen Bestandteil der Absicherung der Arbeitskraft der zu versichernden Person.

Policen für jüngere Betroffene

Gerade für jüngere Arbeitnehmer oder Personen, die am Anfang ihres Berufslebens stehen, bietet die Versicherungswirtschaft spezielle Verträge an, die einerseits ab Versicherungsfall bereits vollen Berufsunfähigkeitsschutz garantieren, andererseits die Anfangsbeiträge reduziert halten - gerade für Noch-Studierende oder Auszubildende besonders vorteilhaft. Optional besteht auch die Umwandlung in reine kapitalbildende Policen, die eine Kapitalauszahlung am Ende der Laufzeit für den Fall garantieren, dass keine Berufsunfähigkeit im Laufe des Erwerbslebens eingetreten ist.

Daher kommt die Süddeutsche zu dem Fazit, dass sich gerade für junge Arbeitsnehmer, aber auch schon Schüler und Studenten ein Versicherungsabschluss lohnt, da die Beiträge auf Grund des statistisch risikoarmen Alters und dem Fehlen eines potenziell gefährlichen Berufes oder Vorerkrankungen verschwindend gering sind. Gerade junge Leute hätten daher beste Chancen auf einen günstigen BU-Tarif und sollten idealerweise schon mit Studienbeginn oder früher eine BU-Versicherung abschließen - nach dem Motto: Je früher, desto besser.

Gerade für junge Arbeitsnehmer kann sich ein Versicherungsabschluss lohnen, da die Beiträge in vielen Fällen verschwindend gering sind.

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Aktuelle Situation

Gegenwärtig haben viele Versicherer ihre Beiträge erhöht und machen die Form der Absicherung gerade für ältere Berufstätige auf Grund des statistisch höheren Erkrankungsrisikos kaum noch bezahlbar, einhergehend mit drastischen Verschärfungen der Gesundheitsprüfungen.

Daher hat sich in den letzten Jahren ein Versicherungsmarkt mit Alternativ-Policen entwickelt, wenn eine Berufsunfähigkeitsversicherung aus gesundheitlichen oder finanziellen Gründen nicht (mehr) in Frage kommt. Hierzu gehören Erwerbsunfähigkeitsversicherungen, sowie die sogenannten „Dread-Disease“- und „Multi-Risk“-Modelle. Eine Dread-Disease-Versicherung (DD) ist eine Versicherung gegen schwere Krankheiten wie Krebs, Schlaganfall und Herzinfarkt und zahlt bei Eintritt einer im Vertrag definierten schweren Erkrankung die vereinbarte Versicherungssumme zum Ausgleich für Einkommensausfälle, medizinische Zusatzkosten sowie einem bedarfsgerechten Umbau der eigenen vier Wände. Multi-Risk-Policen sind Funktionsinvaliditätsversicherungen.

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