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Zecken als Krankheitsüberträger: FSME weiter auf dem Vormarsch
Bis Ende Oktober 2024 hat das Robert-Koch-Institut (RKI) 588 Fälle von Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) gemeldet. Das entspricht dem zweithöchsten Stand seit Beginn der Aufzeichnungen. Einzig 2020 gab es mehr Fälle dieser Infektionskrankheit, die von Zecken übertragen wird. In Deutschland leben von FSME-belastete Zecken vor allem in Baden-Württemberg und Bayern. Allerdings breiten sie sich gen Norden aus und kommen in immer mehr Regionen vor, besonders in den südlichen neuen Bundesländern. Das nördlichste FSME-Risikogebiet ist der Landkreis Emsland in Niedersachsen.
Zecken gibt es jedoch in ganz Deutschland. Sie halten sich vor allem an Waldrändern und auf Lichtungen auf, aber auch näher am Menschen wie in Parks und Gärten. Sie suchen dort nach geeigneten Wirten wie Wildtieren, kleinen Nagern oder auch uns Menschen, um sich von ihrem Blut zu ernähren.
Zecken: Immer länger auf der Pirsch
Dabei können Zecken verschiedene Krankheiten übertragen. Besonders tückisch ist jedoch die Frühsommer-Meningoenzephalitis – kurz FSME. Wie ihr Name vermuten lässt, tritt die Krankheit vor allem im Frühsommer auf. Inzwischen infizieren sich aber immer mehr Menschen außerhalb dieses Zeitraums. Woran liegt das?
Zecken fühlen sich besonders in einer warmen, feuchten Umgebung wohl und bleiben bis zu einer Temperatur von acht Grad aktiv. „Durch die steigenden Durchschnittstemperaturen infolge des Klimawandels sind Zecken hierzulande mittlerweile fast ganzjährig aktiv“, erklärt Epidemiologe Martin Pfeffer von der Universität Leipzig. Bei milden Temperaturen im Winter erwachen die Spinnentierchen unter Umständen aus ihrer Winterstarre oder verfallen erst gar nicht in sie. Dann können wir uns auch im Winter mit FSME anstecken.
Nur eine Grippe oder doch FSME?
FSME überträgt sich bereits direkt nach dem Einstich: Damit wir nichts von dem Stich mitbekommen, sondert die Zecke mit ihrem Speichel ein Betäubungsmittel ab. In ihrem Speichel befindet sich allerdings auch das FSME-Virus. In Risikogebieten trägt etwa eine von 150 Zecken dieses Virus in sich und nur bei jedem dritten Infizierten bricht die Krankheit auch aus. Warum das so ist, konnten Forschende bislang nicht herausfinden.
Bricht die FSME-Erkrankung aus, kommt es bei den Betroffenen zunächst zu grippeähnlichen Symptomen. „Nach etwa zehn Tagen bekommen sie Kopfweh und Fieber wie bei einer Grippe“, erklärt Parasitologin Ute Mackenstedt im SWR. Für etwa die Hälfte der Infizierten ist die Infektion danach überstanden, bei der anderen Hälfte kommt es zu einer zweiten Erkrankungsphase. Dann können sich die Hirnhaut und das Gehirn entzünden – wofür der zweite Teil des Namens steht: Meningoenzephalitis. „Bei schwereren Verläufen kann es zu Koordinationsstörungen und Lähmungen kommen. Für rund ein Prozent der Patienten endet die Krankheit tödlich“, erklärt Mackenstedt weiter.
Impfung als FSME-Schutz
Ein Medikament gegen FSME gibt es bislang nicht. Lange Hosen und Oberteile sowie geschlossene Schuhe verwehren der Zecke jedoch ihre Blutmahlzeit.
Vor einer FSME-Infektion schützen kann auch eine Impfung. Besonders Menschen, die in Risikogebieten leben, dort regelmäßig Zeit in der Natur verbringen oder die in Risikogebiete – auch außerhalb Deutschlands – reisen wollen, sollten sich impfen lassen. Eine Empfehlung, der bislang jedoch vergleichsweise wenige Menschen gefolgt sind: 2020 waren nur etwa 19 Prozent der Deutschen gegen FSME geimpft. Angesichts der 180 Risikogebiete sollten sich mehr Bürger impfen lassen.
Um eine Grundimmunisierung zu bekommen, sind drei Impf-Dosen nötig. Nach den ersten beiden besteht bereits ein zeitlich begrenzter Schutz. Nach zehn Jahren empfiehlt es sich, den Schutz aufzufrischen. Alle gesetzlichen Krankenkassen übernehmen die Impfkosten für Versicherte, die in Risikogebieten wohnen. Reisen Versicherte nur in ein Risikogebiet, übernehmen nicht alle gesetzlichen Krankenkassen die Kosten.