Lexikon
Jura: Lias (Unterjura/Schwarzer Jura)
Vor 210–184 Mio. Jahren: Der Lias
Um 210 Mio.
Erste Zweiflügler (Diptera), also Mücken und Fliegen, darunter auch zahlreiche Kohlschnaken, entwickeln sich. Die Diptera gehören zu den artenreichsten Insekten-Ordnungen.
An der Küste »Vaches Noires« am französischen Atlantik fossilisieren in marinen Ablagerungen (heute Küstenniveau) zahlreiche Tiere, ein Prozess, der dort bis vor rund 66 Mio. Jahren anhält.
Im Süßwasser sind Algen der Ordnung Charales weit verbreitet. Sie sind am Aufbau von »Kalktuffen« (Süßwasserkalke) beteiligt. Die auch als »Armleuchteralgen« bekannten Gewächse bilden einen Stängel mit quirlförmig angeordneten Ästen aus. Erstmals traten sie bereits in marinen Sedimenten des Silurs (440–410 Mio.) auf. Zu dieser Zeit wirkten sie jedoch noch kaum gesteinsbildend.
Das Meer im heutigen Alpenbereich weist Wassertemperaturen zwischen 17 und 32 °C auf.
210–184 Mio.
In Nordamerika lagern sich farbenprächtige Sandsteine (Navajo Sandstone, Nugget Sandstone u.a.) ab, was auf trocken-warmes Klima hinweist.
Weltweit herrscht, wie schon während der vorhergehenden Trias (250–210 Mio.) warmes Klima, wie Rotsedimente und Salzablagerungen bezeugen. Die Polarregionen sind weiterhin eisfrei.
Mitteleuropa ist größtenteils von einem flachen Epikontinentalmeer überflutet.
Südlich von Salzburg lagert sich der »Adneter Marmor« ab, ein roter, fossilienreicher Kalkstein.
Im Tierreich entwickeln sich zahlreiche neue Formen.
Eine besonders artenreiche Entwicklungsphase erleben die Ammoniten, wobei die einzelnen Formen oft relativ kurzlebig sind. Daraus ergeben sich ausgezeichnete Leitfossilien.
Neue Ordnungen (Lychniskida und Lebetida) erscheinen bei den Kiesel- und Kalkschwämmen. Ihr Lebensraum ist das ruhige warme Flachwasser in Tiefen zwischen 4 und 18 m.
Erstmals sind Schnurwürmer (Nemertea) fossil belegt.
In den Jurameeren tauchen Federkiemer (Pterobranchia) auf, eine Klasse der Kragentiere (Branchiotremata), die erstmals im Ordovizium (500–440 Mio.) nachzuweisen, seitdem aber fossil nicht mehr belegt war.
Unter den Insekten tritt die – allerdings noch selten vertretene – Ordnung der Ohrwürmer (Dermaptera) neu auf. Typisch für diese Tiere ist u.a. der lange zangenbewehrte Hinterleib.
In den Flachmeeren leben Vertreter mehrerer Familien von Fischsaurieren und anderer meeresbewohnender Reptilien.
Aus der Ordnung der Flugsaurier (Pterosauria) erscheint neu die Art Dimorphodon macronyx. Er besitzt eine Flügelspannweite von 1,60 m und ist etwa 1 m lang.
Unter den Krokodilen entwickeln sich über Zwischenformen im Vergleich mit den kleinen hochbeinigen Exemplaren der Trias jetzt »moderne« Formen, also solche, die den heute lebenden Krokodilen ähneln.
Nach einer scheinbaren Entwicklungslücke von rund 30 Mio. Jahren seit dem Froschvorgänger Triadobatrachus in der Untertrias (250–243 Mio.) treten jetzt erste echte Frösche (Ordnung Anura) in Erscheinung.
In Ostgrönland gedeiht eine artenreiche Flora mit Farnen, Palmfarnen, Ginkgo-Gewächsen, Nadelbäumen und der eigentümlichen Pflanzengruppe der Caytoniales.
Weit verbreitet sind unter den Pflanzen vor allem Cycadeen und Koniferen, daneben auch Bennettiteen.
Die Pflanzenordnung Pentoxylales erscheint, in der manche Paläobotaniker die Ahnform der Einkeimblättrigen (Monokotylen) sehen.
In den Meeren sind erstmals Diatomeen (»Kieselalgen«) verbreitet. Sie gehören zum Stamm der Chrysophyta.
Innerhalb der Farne entwickelt sich neu die später ungeheuer artenreiche Familie der Tüpfelfarne mit zahlreichen heute noch lebenden Vertretern.
Neu bei den Nadelbäumen sind die Familien der Podocarpaceen und der Taxodien. Artenreich weiterentwickelt sind die Araukarien und Podozamiten. Zugleich bilden die Koniferen erstmals im Stammholz in ihrer Mehrzahl Jahresringe aus. Früher (im Permokarbon, 290–270 Mio.) war das nur sehr vereinzelt der Fall. Jahresringe sind ein Zeichen für unterschiedliche Dickenwachstumsphasen der Baumstämme innerhalb eines Jahres. Sie weisen auf eine Kälteruhe (»Winterschlaf«) oder auch auf eine Trockenruhe hin.
In der Lombardei und im Apennin lagern sich verschiedentlich rote Knollenkalke (»Ammonitico rosso«) ab, die reich an Fossilien (meist Ammoniten) sind.
210–170 Mio.
Zwischen Nord- und Südamerika besteht eine Landbrücke, die im Dogger (184–160 Mio.) überflutet wird.
210–160 Mio.
In den Becken von Irkutsk und Kansk entstehen Lagerstätten von Stein- und Sapropelkohlen. Sapropelkohlen entstehen in Faulschlamm, also in einem sauerstoffarmen oder sauerstofflosen Milieu.
210–140 Mio.
Nach tief greifenden Rissbildungen (Rifts) in den Festlandblocks der Nord- und Südhemisphäre beginnen jetzt die einzelnen Kontinente zeitlich versetzt auseinander zu driften.
Im Zusammenhang mit heftigem unterseeischen Vulkanismus in den Riftzonen entstehen durch magmatische und hydrothermale Prozesse sulfidische Erzlagerstätten, insbesondere solche von Nickel und Eisen.
In Randgebieten der den Pazifik säumenden Landmassen kommt es vereinzelt zu Gebirgsauffaltungen.
200–171 Mio.
Es herrscht eine geomagnetische Phase, in der die Polarität häufig wechselt.
Um 194 Mio.
Im Bereich des Golfes von Mexiko beginnt sich ein Grabenbruch (Riftsystem) zu öffnen.
189–184 Mio.
In Süddeutschland (bei Holzmaden) lagern sich in einem Flachwassergebiet des Jurameeres so genannte Posidonienschiefer ab. Diese feinkörnigen, dunklen, bituminösen (öl- und harzhaltigen) Gesteine konservieren in großer Zahl und in ausgezeichnetem Zustand Meerestiere, darunter Seelilien, Ammoniten, Fische und Meeressaurier. In vielen Fällen bleiben sogar die Weichteile hervorragend erhalten.
Um 184 Mio.
In Westeuropa sind langhalsige Reptilien der Gattung Plesiosaurus (über 90 Arten) verbreitet. Diese marinen Fischräuber erreichen eine Länge bis zu 14 m. Die Armfüßer-Ordnungen Spiriferida und Strophomenida überleben den Lias nicht.
Von den Kopffüßern (Cephalopoda) stirbt die Ordnung Aulacocerida aus.
Mit dem Verschwinden der Unterordnung Theriodontia gibt es keine säugetierähnlichen Reptilien (Synapsida) mehr. Im Oberperm (270–250) traten sie erstmals auf. Über 300 Gattungen dieser Unterordnung lebten weltweit.
Die erst seit der Obertrias (230–210 Mio.) verbreiteten langschwänzigen Flugsaurier (Rhamphorhynchoidea) sterben aus.
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