Lexikon

Postmoderne

[
lateinisch
]
kulturtheoretischer Begriff zur Bezeichnung der kulturgeschichtlichen Periode nach der Moderne bzw. ihrer Ausprägungen in bildender Kunst, Literatur, Architektur oder auch Film. Die Idee der Postmoderne hat ihren Ursprung in den künstlerischen und politischen Umbrüchen der 1960er Jahre in den USA; der Begriff ist jedoch älter und wurde bereits 1917 von R. Pannwitz gebraucht. Die Postmoderne bricht mit dem elitären Kunst- und Wissensverständnis des Modernismus und geht damit u. a. auf die Philosophie F. Nietzsches zurück: Da die Welt nicht vollends erfasst und erklärt werden kann, steht sie für eine Relativierung und Pluralisierung von Denkstilen und Formen. Für sie gibt es weder eine umfassende Totalität oder Rationalität noch einen festen Sinnhorizont bei der Weltdeutung. Die Geschichte wird nicht mehr fortschrittsoptimistisch als zielgerichteter, auf einen höheren Zustand hinreifender Entwicklungsprozess verstanden, sondern als regellose Abfolge verschiedenartiger Ereignisse. Werbung, Mode und Massenmedien finden ebenso Eingang in postmoderne Ausdrucksformen wie multimediale Installationen oder Pop-Events. Wichtiger Vertreter der Postmoderne-Diskussion ist der französische Philosoph J.-F. Lyotard.
In die Architekturtheorie wurde der Begriff Anfang der 1970er Jahre eingeführt und damit das Nebeneinander von Stilen, das Aufheben von Einheit durch zufällige oder sich überlagernde Formen als Ausdruck einer neuen Urbanität propagiert. Postmoderne Architektur wendet sich gegen einen reinen Funktionalismus, gegen Purismus und den Internationalen Stil; sie steht für die Einbeziehung lokaler und regionaler Gegebenheiten sowie für die Berücksichtigung geschichtlicher und architektonischer Traditionen. Besonders seit den 1980er Jahren setzte die postmoderne Bauweise stadtbildverändernde Akzente. Bedeutende Vertreter sind u. a. R. Venturi, J. Stirling, O. M. Ungers, A. Rossi, H. Hollein, M. Graves, R. Bofill, C. de Portzamparc oder S. Calatrava. Die postmoderne Literatur verwendet ironische Formen, absurde Sprachspiele und Genre-Brüche; sie besitzt einen ausgeprägten Zitat- und Verweischarakter. Als Wegbereiter gilt hier J. L. Borges mit seinen anspielungsreichen und aus vielseitiger Montage bestehenden fantastischen Werken; zu den postmodernen Autoren zählen u. a. U. Eco, P. Auster, A. S. Byatt, T. Pynchon, P. Esterházy, B. Strauß.

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