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Mehr als nur Anglizismen – was sind Lehnwörter und wieso kann man auf sie nicht verzichten?

Regelmäßig werden Lehnwörter in der deutschen Sprache heiß diskutiert. Gerade Anglizismen sind vielen Menschen ein Dorn im Auge. Viele englische Wörter haben den deutschen Pendants in der Alltagssprache längst den Rang abgelaufen. Kaum jemand spricht noch von Schminke oder Mobiltelefon. Makeup und Handy haben die deutschen Begriffe zu weiten Teilen verdrängt. Deutsch ist bei Weitem nicht die einzige Sprache, die ausländische Begriffe in den eigenen Wortschatz aufnimmt. Welche fremdsprachlichen Begriffe werden in den Wortschatz einer Sprache aufgenommen und warum?

Viele englische Wörter haben ihren deutschen Pendants in der Alltagssprache längst den Rang abgelaufen.

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Was sind Lehnwörter überhaupt?

Lehnwörter sind Begriffe, die in einer Sprache verwendet werden, ihren Ursprung jedoch nicht in dieser Sprache haben. Damit sind jedoch nicht Wörter gemeint, die von einem fremdsprachigen Wort abstammen. Lehnwörter sind nur solche Wörter, die ohne Übersetzung in die (neue) Sprache eingehen.

Beispielsweise ist Smartphone ein englischer Begriff, der ohne Übersetzung in der deutschen Sprache benutzt wird. Aber nicht alle Lehnwörter sind so offensichtlich zu identifizieren wie das Smartphone. Bei manchen Begriffen ahnt man kaum, dass dieses Wort gar nicht aus der deutschen Sprache stammt.

Fabrik beispielsweise ist ein Lehnwort aus dem Französischen. Lehnwörter aus der französischen Sprache werden Gallizismen genannt und sind im Deutschen weitverbreitet. Bluse, Tampon und Kabel sind nur einige Begriffe, die es aus dem Französischen in die deutsche Sprache geschafft haben.

Wieso gibt es Lehnwörter?

Manche Begriffe kann man nicht übersetzen, denn manchmal gibt es einfach keine Entsprechung in der Zielsprache. ‚‚Lehnwörter besetzen oft eine Lücke der Zielsprache‘‘, erklärt Yigit Aslan, Geschäftsführer des Übersetzungsbüros Easytrans24.com. ‚‚Ein gutes Beispiel ist das Wort Kindergarten. Das Konzept eines Kindergartens wurde in Deutschland entwickelt und trägt daher einen deutschen Namen. Als das Konzept in den USA Einzug hielt, gab es keine englischsprachige Entsprechung, mit der man den Begriff hätte übersetzen können. Also setzte sich das deutsche Wort durch und wird auch heute noch als Germanismus im Englischen benutzt.‘‘
Bestimmte Technologien sind ein häufiger Grund für die Entlehnung eines Begriffes. Beispielsweise wurde das Tätowieren unter anderem in Ozeanien praktiziert. Seefahrer brachten die Technologie sowie den Begriff aus der polynesischen Sprache mit nach Europa. So erhielt dieses Lehnwort Einzug in viele europäische Sprachen, unter anderem ins Deutsche und Englische.

Leckere Lehnwörter – viele Entleihungen stammen aus der Küche

Im deutschen Sprachgebrauch setzt sich langsam das Wort Cookie für gewisse Arten von Plätzchen durch. Das Wort stammt aus dem Amerikanischen, seinen Ursprung hat der Begriff jedoch im Niederländischen.

Da viele Niederländer in die USA auswanderten, setzt sich cookie als Ausdruck für Kekse durch. Im niederländischen Original war es zwar noch koekje als Verniedlichungsform von koek, was so viel wie Kuchen bedeutet. Cookie gilt im Deutschen dennoch als Anglizismus, da der Einfluss des Amerikanischen stärker ist als der des Niederländischen.
Generell stammen viele Begriffe rund um die Kulinarik aus anderen Sprachen, da es in der Zielsprache dieses Nahrungsmittel so noch nicht gibt und der neue Begriff sozusagen eine Lücke schließt. Denken Sie nur an Döner oder Crêpes. Auch deutsche Spezialitäten wie Schnitzel und Bratwurst sind unter ebendiesen Namen im Ausland bekannt, ohne dass sie übersetzt werden.

Obwohl sie häufig in der Kritik stehen, zum Verfall der Sprache beizutragen, bereichern Lehnwörter Sprachen ungemein, da man mit ihnen neue Möglichkeiten hat, sich präzise auszudrücken. Die Einführung neuer Lehnwörter gehört seit jeher zur normalen Entwicklung einer Sprache.

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