Sprecher: Herzlich willkommen zu einer Audio-Zeitreise in die 80er Jahre des letzten Jahrhunderts! Letztes Jahrhundert - das klingt schon verdammt weit weg – und für mich, der dieses Jahrzehnt als Jugendlicher und junger Erwachsener bewusst erlebt und wahrgenommen hat, ist es doch ganz dicht dran. In der Bundesrepublik waren die 80er die Zeit der „geistig-moralischen Wende“, das Kohl-Jahrzehnt. Wir brachen auf zu den großen Friedens- und Anti-Atomkraft-Demos, wehrten uns so gegen die massive militärische Aufrüstung in Ost und West. Ich erlebte, damals noch selbst den Schläger schwingend, Boris Beckers grandiosen Triumphzug in Wimbledon vor einem Schwarz-Weiß-Fernseher, natürlich ohne Fernbedienung. Litt unter den grauenvollen Bildern aus Tschernobyl, die uns bis ins Mark erschütterten, auch weil uns schmerzhaft klar wurde, dass atomare Strahlung keine Grenzzäune kennt. Und ich erlebte den Zusammenbruch Osteuropas inklusiver des Berliner Mauerfalls mit ungläubigem Staunen und lautem Jubel. War Popper mit Leib, Seele und Lederkrawatte, tanzte in Bahwan-Discos zu Neuer Deutscher Welle und zündete insgeheim mit Extrabreit die Schule an. Die Ereignisse der 80er sind in meiner persönlichen Rückbesinnung zwar bei weitem nicht so bildmächtig wie die beiden folgenden Jahrzehnte, sie sind aber dennoch präsent und voller Details. Also: auf in die 80er, zu Cruise Missiles und Karottenjeans, Mauertoten und Mauerfall, Bobbele und Kaiser Franz!
Das Jahr 1980
Das dominierende deutsche Thema des Jahres ist die Bundestagswahl, bei der Amtsinhaber Helmut Schmidt seinen Herausforderer, CSU-Chef Franz Josef Strauß, nach einer erbitterten Schlammschlacht in die Schranken weist. Dennoch zeichnet sich das Ende der sozialliberalen Koalition bereits ab. In wirtschaftlicher Hinsicht steht den Westdeutschen eine Wende wesentlich früher ins Haus, denn die Bundesbürger werden von der weltweiten Rezession nicht verschont bleiben. Ein drastischer Anstieg der Arbeitslosigkeit ist prognostiziert. Die sog. Wirtschaftsflüchtlinge sind daher wenig willkommen. Mit einem Arbeitsverbot für Asylbewerber und weiteren Maßnahmen versuchen die Deutschen sich gegenüber dem Flüchtlingsstrom abzuschotten. Das Wort von den Scheinasylanten gibt den Rechtsextremisten neuen Auftrieb. Ausländerfeindliche Parolen machen die Runde, Anschläge auf Asylantenunterkünfte häufen sich. Mehrere Bluttaten – nicht nur der Bombenanschlag auf das Münchner Oktoberfest – gehen auf das Konto militanter Rechtsextremisten. Als weit beunruhigender empfinden viele Bundesbürger jedoch eine neue Welle des Jugendprotestes. Hausbesetzungen, teilweise gewalttätige Demonstrationen gegen öffentliche Rekrutenvereidigungen der Bundeswehr, Proteste gegen den NATO-Doppelbeschluss, das Hüttendorf auf dem Baugelände des geplanten Atomlagers Gorleben, aber auch die wachsende Alternativszene zeigen, dass viele Jugendliche die bestehende gesellschaftliche Ordnung nicht mehr als die ihre empfinden.
Das Auto ist zwar immer noch des Deutschen liebstes Kind, doch immer mehr Bundesbürger wünschen sich angesichts drastischer Preissteigerungen für Benzin ihren Neuwagen sparsam und wendig. Renner sind die Volkswagen-Modelle »Golf« und »Jetta« sowie der Opel »Kadett«. Fiat präsentiert mit dem "Panda" seinen Anti-Krisen-Wagen und Audi den "Quattro" mit Allradantrieb.
Was sonst noch geschieht: Die Sommerzeit wird wieder eingeführt, Volker Schlöndorffs Grass-Verfilmung „Die Blechtrommel“ erhält den Oscar und die deutsche Fußball-Nationalmannschaft wird am 22. Juni zum zweiten Mal Europameister.
Mehr als eine Randnotiz: Am 13. Januar gründet sich in Karlsruhe eine neue Partei auf Bundesebene, die in der Zukunft noch von sich reden machen wird: die Grünen.
Hier hören Sie das Audio "Geschichte der Bundesrepublik Deutschland 1981"