„Big Brother is watching you“: Dieses Schreckensbild eines perfekten Überwachungsstaates aus George Orwells Roman „1984“ muss sich zu Beginn des Jahres an der Realität messen lassen. Man streitet um die Mechanismen medialer Totalisierung, die mit dem verstärkten Einsatz elektronischer Medien ins Rollen kam. Durch den Einzug neuer Technologien in den Büroalltag, durch die Verbreitung von Videotechnik und die Einführung des Satelliten- und Kabelfernsehens erhält die Diskussion neue Nahrung. Viele Menschen fürchten einen illegalen Zugriff auf persönliche Daten, da sich die Möglichkeiten der Computertechnik auf dem Gebiet der Datensammlung, schnell erweitern. Die Angst vor dem Datenmissbrauch lässt die 1983 auf ein Verfassungsgerichtsurteil hin verschobene Volkszählung oder die geplante Einführung eines maschinenlesbaren Personalausweises ins Zwielicht geraten.
Was sonst noch geschieht: Mit den ersten TV-Kabelprogrammen bricht ein neues Medienzeitalter an, 50 % des bundesdeutschen Waldes sind erkrankt und Richard von Weizsäcker wird im Mai neuer Bundespräsident. Außerdem läuft im Oktober die 500. „Sendung mit der Maus“ über den Bildschirm.
Mehr als nur eine Randnotiz: In einer nahezu skurrilen Affäre stolpert Verteidigungsminister Manfred Wörner beinahe über den Bundeswehrgeneral Kießling, der wegen angeblicher homosexueller Kontakte zum Sicherheitsrisiko geworden sei und in den Ruhestand versetzt wird. Doch Kanzler Kohl stellt sich vor seinen Minister und sitzt die Sache aus.
Hier hören Sie das Audio "Geschichte der Bundesrepublik Deutschland 1985"