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Zauber der Filmmusik (Podcast 143)

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Filme sind spannend, witzig, ergreifend oder unheimlich – und manchmal von allem etwas. Je nach Genre vermag die Abfolge der bewegten Bilder zu fesseln, zu verblüffen oder auch zu amüsieren. Doch nicht nur die visuellen Eindrücke bewirken, dass man sich von einem Film gut unterhalten fühlt. Der Ton ist genauso wichtig – und mit ihm die Filmmusik. Wie eindrücklich diese sein kann, zeigt sich bereits darin, dass Soundtracks separat vermarktet werden. Und wer würde sich nicht an die Mundharmonikaklänge in "Spiel mir das Lied vom Tod" erinnern? wissen.de lädt zum Rundgang durch die Wirkung der Filmmusik ein!

 

Am Anfang war … das Orchester

Kein Anfang könnte majestätischer sein: Im dunklen Weltall gleitet die dunkle Silhouette des Mondes nach unten, um den Blick auf die Erdsichel freizugeben, hinter der langsam die Sonne sichtbar wird. 2001 – "Odyssee im Weltraum" von Stanley Kubrick erzählt eine sehr große Geschichte und beginnt dazu Millionen Jahre vor unserer Zeitrechnung; entsprechend eindrücklich ist auch die Filmmusik geraten. Die mächtige Fanfare entstammt einer Sinfonie von Richard Strauss und dürfte ihre bis heute anhaltende Popularität nicht zuletzt diesem Film verdanken. Sie wirkt wie eine Ouvertüre, vermittelt Erhabenheit und stimmt auf die epischen Ereignisse ein – ein besserer Beginn für 2001 erscheint schlecht vorstellbar.

Es ist nicht ohne Ironie, dass Kubrick ausgerechnet für den Beginn eines Science-Fiction-Films aus dem 21. Jahrhundert eine Melodie wählt, die 1896 uraufgeführt wurde. Tatsächlich liegt dieses Datum nicht sehr weit von der Geburtstunde des Stummfilms entfernt. Doch um die Wirkung des Gezeigten zu verstärken, aber auch, um die störenden Rattergeräusche des Projektors zu übertönen, wurde parallel zum Film musiziert. Zum einen musste improvisiert werden, aber es kamen auch schon damals Unterhaltungsstücke sowie Arbeiten aus der „ernsthaften“ Musik zum Tragen, wobei in Großstädten auch Orchester zum Einsatz kamen. So gesehen ist Kubricks Idee nur konsequent.

Übrigens greift er in 2001 noch an einer zweiten, nicht minder unvergesslichen Szene auf klassisches Material zurück, diesmal allerdings von Johann Strauß, dem Walzer-König. Unterlegt von An der schönen blauen Donau aus dem Jahr 1866/67, wird die Reise eines Wissenschaftlers an Bord einer Fähre beschrieben, die an einer großen Raumstation im Erdorbit andockt. Kubrick inszeniert diese Fahrt über Minuten ganz ohne jede Worte und schafft es, den tonnenschweren Maschinen den Eindruck von Leichtigkeit und Grazilität zu geben. Die Satelliten und Shuttles scheinen regelrecht zu tanzen und zu einem harmonischen Ganzen zu finden. Die herbei vermittelte Beschwingtheit und Euphorie überträgt sich auf den Zuschauer, dem sich plötzlich eine gänzlich neue Perspektive für die wuchtige Technik erschließt.

 

Der Griff zum Colt … und zum Klavier

Kubrick setzt Filmmusik teilweise kontrastiv ein – er untermalt Bilder mit Tönen, die der Zuschauer zunächst nicht erwartet hat. Die hierbei entstehende Verblüffung sorgt dafür, dass sch das Gesehene besonders gut einprägt. Ähnlich unvergesslich ist der Angriff US-amerikanischer Soldaten auf eine vietnamesische Siedlung in dem visionären Antikriegsfilm "Apocalypse Now" von Francis Ford Coppola, die mit Richard Wagner unterlegt wurde – nämlich dem Walkürenritt.

Die Verbindung von Wagner und Vietnam ist verblüffend und macht für den Zuschauer sehr gut den soghaften Rausch der Kampfhandlungen nachvollziehbar, dem die Soldaten unterliegen. Dies umso mehr, da die Musik auch für die Figuren hörbar ist – ein entsprechendes Tonbandgerät wird zuvor demonstrativ eingeschaltet.

Auch die wohl berühmteste Mundharmonika der Filmgeschichte wird im Film gespielt – wenn auch nur kurz. Sie gibt sogar der von Charles Bronson gespielten Figur ihren Namen. Der Western Spiel mir das Lied vom Tod von Sergio Leone hat einen ungeheuer einprägsamen Soundtrack, bei dem sich Motiv für Motiv den Charakteren zuordnen lässt. Soundtrack-Magier Ennio Morricone hat hier sein Meisterstück abgeliefert. Während der Dreharbeiten ließ Leone die Musik abspielen, damit sich die Schauspieler zu ihrem Rhythmus bewegen können, was ihre oft beinahe tänzerisch erscheinenden Bewegungen erklärt. Umso gebannter regiert der Zuschauer auf die packende Abfolge der Szenen. Gerade das leicht schräg wirkende Spiel der Mundharmonika unterstreicht die dargestellten Krisensituationen. Es bereitet das Publikum auf eine dramatische Entscheidung vor, die nicht selten mit der Waffe geführt wird.  
            
Einem ganz anderen Genre gehört hingegen das Melodram "Casablanca" aus dem Jahr 1942 an, das den meisten Filmbegeisterten in den Sinn kommt, wenn es um Humphrey Bogart und Ingrid Bergman geht. "As Time Goes By" wurde von dem US-Amerikaner Herman Hupfeld geschrieben und bringt die wehmütigen Gefühle, die die Bergmann-Figur empfindet, auch für den Zuschauer auf den Punkt. Obwohl das Stück nicht extra für den Film komponiert wurde, wird es heute in einem Atemzug mit Casablanca genannt. Es ist selbst ein Klassiker geworden, und zwar einer, der nicht nur den Film untermalt. Das Stück wirbt auch für ihn wirbt und erinnert einen beim zufälligen Hören daran, doch einmal wieder die DVD einzulegen. Und natürlich ist und bleibt es ein wunderschönes Liebeslied. As Time Goes By stammt bereits aus der Zeit des Tonfilms, der es möglich machte, bewegte Bilder mit Dialogen, Geräuschen und Musik zu unterlegen. Das Verfahren war 1927 marktreif – und das Zusammenspiel der einzelnen Elemente wurde rasch perfektioniert.

 

Erst beißt der Hai … und dann der Ohrwurm

Etwas bewegt sich unter Wasser, nimmt Witterung auf, beschleunigt … und trifft zielgenau sein Opfer. Kaum ein Spannungsthema hat sich beim Publikum buchstäblich so festgebissen wie die Musik zum Weißen Hai, dem Klassiker von Steven Spielberg aus dem Jahr 1975. Für das musikalische Thema ist John Williams verantwortlich, einer der bekanntesten Soundtrack-Komponisten der Gegenwart. Er beschreibt den Hai drehbuchgemäß als eiskalte Killermaschine, die sich auch akustisch aus dem Hintergrund nähert, bis sie unmittelbar vor dem Publikum präsent ist. Die Redewendung „es gefriert einem das Blut in den Adern“ beschreibt die Wirkung sehr genau. Der treibende Rhythmus und die dezenten dissonanten Einsprengsel sind unvergesslich und haben das Hai-Thema zu einem Markenzeichen gemacht, das immer wieder zitiert wird. Wer es einmal gehört hat, wird es nicht vergessen – hier mutiert der Haifisch zum Ohrwurm.

Ebenso eingängig sind viele der Melodien, die John Williams für das Star-Wars-Universum von George Lucas geschrieben hat. Dies gilt insbesondere für den Imperialen Marsch, der die Aktionen des Imperiums begleitet. Die Bedrohung, die von Darth Vader und den Truppen ausgeht, überträgt sich bereits durch den wuchtigen Beginn des Stücks auf den Kinobesucher. Gerade die prägnanten Bläsersätze, die das Thema tragen, lassen sich als akustische Umsetzung des imperialen Herrschaftsanspruchs begreifen. Auch dieses Stück ist längst ein Klassiker, der mit seinem Zusammenspiel von Rhythmus, Harmonie und Melodik auch außerhalb des Kinos funktioniert – und den Zuschauer mit nach Hause begleitet.

Kai U. Jürgens, wissen.de-Redaktion

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