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Walt Disney - seine dunklen Seiten (Podcast 25)

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Er ist ein Mann, der wie kein zweiter Einzug gehalten hat in die Kinderzimmer von Generationen: Walt Disney. Ein Reklamezeichner, der die Welt des Trickfilms revolutionierte. Am 5. Dezember 1901 in armen Verhältnissen in Chicago geboren, sollte Walt Elias Disney ein riesiges Unterhaltungsimperium erschaffen. Als der Vater von Micky und Donald 1966 starb, galt er als der Märchenonkel Hollywoods. Doch wer ihn besser kannte, wusste auch über „Uncle Walt’s“ dunkle Seiten Bescheid.

 

Disneys Figuren erobern die Leinwände

Der oberschlaue Micky, der jähzornige Donald Duck, der tollpatschige Goofy – sie stellen ebenso wie Minnie und Daisy, Pluto und Dagobert seit Jahrzehnten das Stammpersonal Entenhausens. Mit Witz und Charme, aber auch mit einer guten Portion List und Tücke verzaubern sie kleine und nicht mehr ganz so kleine Zuschauer und Comicleser. Doch nicht nur die Bewohner von Entenhausen gehören seit 80 Jahren zur Kindheit von Millionen von Menschen dazu wie Wackelzähne und Schultüten.

Auch berühmte Märchengestalten wie Cinderella, Pinocchio oder Dornröschen haben im neuen Zeichentrickgewand aus der Disney-Schneiderei die Kinoleinwände und Fernsehbildschirme der Welt erobert. Den ersten Abend füllenden Film „Schneewittchen und die sieben Zwerge“ brachte Disney bereits1937 in die Kinos. Dafür sollte er später einen großen und sieben kleine Oscar erhalten – einen für jeden Zwerg. Und auch Disneys drollige Tiergeschichten rühren noch heute die Kinderherzen – trotz aller Ninja Turtles, Pokémons und Mangas. An die Magie von „Bambi“, „Dumbo“ oder „Susi und Strolchi“ kommen sie einfach nicht heran.
 

Ruhm und Reichtum

Unglaubliche 64 Mal ist Walt Disney für den Oscar nominiert worden. Ganze 26 Mal erhielt er die begehrte Trophäe auch. Für die Erschaffung der Micky Maus bekam er einen Ehrenoscar. Damit ist der Cartoonist der am häufigsten mit einem Oscar ausgezeichnete Filmschaffende aller Zeiten. Insgesamt kommt er auf weit über 800 Auszeichnungen und gleich zwei Sterne auf dem berühmten Walk of Fame.

Der Hollywoodproduzent kam über die Jahre jedoch nicht nur zu Ruhm, sondern auch zu Reichtum. Aus dem Nichts erschuf er einen riesigen Entertainmentkonzern, der schnell Milliardenumsätze machte. Denn Walt Disney wusste seine kleinen Leinwandstars lukrativ zu vermarkten. Seit er 1930 seine erste Micky Maus-Lizenz einem Schulranzen-Hersteller für schlappe 300 Dollar gewährte, hat die Walt Disney Company bis heute über 60.000 Lizenzen weltweit vergeben.

Als Abziehbilder, auf T-Shirts und Traininganzügen, als Bleistiftanspitzer oder Essbesteck, als Telefone oder Zahnbürsten machen sich die Comic-Helden in unserem Alltag breit. Kein Wunder, dass die „Disney-sozialisierten“ Kinder irgendwann sehen wollten, „wo Micky und Donald eigentlich wohnen“. Diesen Wunsch erfüllte ihnen Hollywoods Märchenonkel 1955 mit „Disneyland“, dem ersten seiner Art, im kalifornischen Annaheim. Damit hatte sich Walt Disney noch zu Lebzeiten ein Denkmal gesetzt.  
 

Bescheidene Anfänge
 

Doch wie hat dieser amerikanische Traum eigentlich begonnen? Im Grunde wenig verheißungsvoll. Als viertes von fünf Kindern in ärmliche Verhältnisse geboren, sollte Walt lieber auf dem Hof seiner Eltern helfen, statt zu zeichnen. Doch der Junge nahm bereits mit 14 Kunstunterricht und begann 1919 als Reklamezeichner in einem Werbestudio in Kansas. Hier traf er auf den Kollegen Ub Iwerks. Dass der ein viel größeres Zeichentalent besaß als er selbst, war Walt schnell klar. Dass er selbst und nicht Iwerks das Zeug zum Unternehmer hatte, allerdings auch.


Die beiden Zeichner schlossen sich zusammen und begannen, Zeichentrick-Werbefilme zu produzieren. Jedoch: ohne nennenswerten Erfolg. Walt, gerade Anfang 20, ließ sich nicht entmutigen. 1923 ging er – so will es die Legende - mit 40 Dollar in der Tasche nach Hollywood. Dort gründete er mit seinem Bruder Roy die „Disney Brothers Cartoon Studios“, die späteren „Walt Disney Productions“. Und beinah wäre dem jungen Zeichner schon jetzt der Durchbruch gelungen. Die erste Disney-Produktion  „Oswald der lustige Hase“ kam nämlich hervorragend an. Allerdings hatte Disney vergessen, sich die Filmrechte zu sichern und so ging ihm der Gewinn durch die Lappen. Was er mit dem Hasen verpatzt hatte, sollte die Maus wieder gut machen.
 

Durchbruch dank fremder Federn
 

Micky Maus endlich verhalf Walt Disney zum ersehnten Erfolg. Dass der freche Mäuserich mit der kurzen Hose aus Iwerks Feder geflossen und Disney nur der geistige Vater war, kehrte er geflissentlich unter den Teppich. Tatsächlich hatte der mäßig begabte Walt längst zu zeichnen aufgehört und sich auf seine wirklichen Talente konzentriert: die des Unternehmers.
1928 also trat Micky im ersten vertonten Zeichentrickfilm aller Zeiten auf: „Steamboot Willy“ war technisch eine Sensation und sein tierischer Protagonist wurde ein Weltstar. Anarchisch, amoralisch, wild und schadenfroh – so präsentierte sich Micky Maus anfangs. Doch nach Protesten pikierter Zuschauer verpasste Disney – stets auf den kommerziellen Erfolg bedacht – der Maus das Image eines Saubermanns – und lange Hosen. Dies war wiederum die Geburtsstunde des aufbrausenden Enterichs Donald, des tollpatschigen Goofy und des chaotischen Pluto. Sie übernahmen fortan die schlechten, aber amüsanten, Eigenschaften der Micky Maus.
Disney, politisch korrekter Zaubermeister von Entenhausen, ließ die Öffentlichkeit lange glauben, er habe seine Figuren selbst erfunden. Tatsächlich hat jedoch sein Mitarbeiter Carl Barks die Donald-Duck-Storys entworfen. Ein lästiges Detail, das erst 1961 ans Licht kam. Da war Walt Disney längst weltberühmt und vor Kritik weitgehend gefeit. Sein Bruder Roy, der jahrelang treu die Finanzen des wachsenden Imperiums regelte, schaffte es übrigens auch nicht, jemals aus dem Schatten des charismatischeren Bruders hervorzutreten.
 

Disney dunkle Seiten
 

Seine Mitarbeiter hält Walt Disney an, „den Blick auf die Schönheiten der Welt zu lenken“. Seine Geschichten sollen bei aller Unterhaltung stets Lehrstücke sein. In seinen Comic- und Spielfilmen entwirft er eine perfekte heile Welt, die in den Disneylands schließlich zum Greifen nah scheint.
 

War Walt Disney also „der gute Mensch von Hollywood“?

Wohl nicht. Bei genauerem Hinschauen zeigt die Fassade des erzkonservativen Patrioten Risse. Der Mythos Märchenonkel gerät ins Wanken.  Ein manischer Kontrollfreak soll er gewesen sei, in seiner Firma ein eisernes Regiment geführt haben, schelten die Kritiker. Die Biographen schreiben, seinen Zeichnern habe Disney kaum Anerkennung gezollt, sie nach Belieben gefeuert.  Auch kein Geheimnis ist: Disney mochte keine Kommunisten, keine Juden und keine Schwulen. Seinem Hass auf die „Roten“ ließ der Zaubermeister 1947 vor dem McCarthy-Ausschuss freien Lauf. Hier denunzierte er genüsslich persönliche Feinde. Und wahrscheinlich hat „Uncle Walt“ sogar als FBI-Informant gearbeitet und Andersdenkende in Hollywood denunziert.

Am meisten Angst hatte er dabei, selbst denunziert zu werden: nämlich als uneheliches Kind einer spanischen Dienstmädchens. Die Gerüchte von seiner Adoption verfolgten Disney ein Leben lang. In der rührenden Geschichte vom verlassenen Rehkitz „Bambi“ habe er seine geheimsten Ängste verarbeitet, glauben seine Kritiker.
Doch so widersprüchlich die Person Walt Disney auch gewesen sein mag. Sicher ist, ohne seine Phantasie hätten wir so manchen magischen Moment unserer Kindheit verpasst.

 

Susanne Böllert, wissen.de-Redaktion

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