Wissensbibliothek
Simón Bolívar: Vergötterter Befreier von spanischer Herrschaft
Welche geistigen Strömungen beeinflussten Simón Bolívar?
Vor allem die Ideen der Aufklärung und der französischen Revolution. Der am 24. Juli 1783 in Caracas geborene Bolívar stammte aus einer reichen Familie, die im 17. Jahrhundert aus Spanien nach Südamerika ausgewandert war. Mit neun Jahren wurde er Waise, er genoss eine liberale Erziehung im Geiste Rousseaus und wurde von Verwandten sehr früh nach Spanien geschickt. Bei einem späteren Europabesuch begeisterte er sich in Paris für die Revolution und den Liberalismus, machte Bekanntschaft mit Befürwortern der Unabhängigkeit Lateinamerikas wie Alexander von Humboldt und trat einer Freimaurerloge bei.
Wie kam es zum Aufstand in Venezuela?
In Venezuela hatte sich inzwischen eine Gruppe um reiche Kreolen (mantuanos) gebildet, die gegen Spanien konspirierte und beabsichtigte, eine eigene Nation zu schaffen. Ein erster Aufstand fand am Gründonnerstag des Jahres 1810 statt. Die Kreolen nutzten die Gelegenheit, dass es im Mutterland unter Joseph Bonaparte gärte, und bildeten eine Junta, die zunächst Treue auf den spanischen König Ferdinand VII. schwor. Bolívar wurde nach England entsandt, wo er die Möglichkeit hatte, Hilfe für die Rebellen zu organisieren, aber auch Francisco de Miranda zu treffen, einen der großen Vordenker der Unabhängigkeit, der mit Bolívar nach Venezuela zurückkam. Dann überschlugen sich die Ereignisse, ein Kongress proklamierte 1811 eine unabhängige Republik, gab Miranda weitgehende militärische Vollmachten und rief eine föderative Verfassung aus.
Stießen die Aufrührer auf Widerstand?
Durchaus: Die Anhänger des Königs von Spanien und des alten Systems waren noch sehr zahlreich. Zudem erschütterte 1812 ein fürchterliches Erdbeben das Land. Schließlich wurden die Anführer der Unabhängigkeitsbewegung in Puerto Cabello geschlagen, die wütenden Soldaten rebellierten und warfen Miranda Versagen vor. Bolívar ließ ihn kurzerhand an die Spanier ausliefern.
Brachte Bolívar die Wende?
Zunächst noch nicht. Bolívar versuchte, eine neue Armee zu organisieren. Er zog sich nach Neugranada zurück, heute Kolumbien. Danach drang er mit Unterstützung von aufständischen Generälen wieder nach Venezuela ein, wo er im Juni 1813 in Trujillo sein berühmtes Dekret »Guerra a muerte« veröffentlichte, wonach keine Gefangenen mehr unter den Spaniern gemacht werden dürften. Dann ließ er sich im Oktober 1813 zum »Libertador« (Befreier) in Caracas ausrufen. Aber die Royalisten und die spanientreuen llaneros (Viehbesitzer) gewannen wieder die Oberhand und nach unzähligen Gefechten musste Bolívar 1815 nach Jamaica fliehen. Dort nutzte er die Zeit des Exils und entwarf ein politisches Programm für die Zukunft Lateinamerikas. Er sprach sich gegen Monarchie, für Föderalismus und Demokratie aus und forderte eine große Allianz der amerikanischen Völker. Die Hauptstadt sollte in Panama liegen.
Wie kam es schließlich zur Unabhängigkeit?
1816 gelang es Bolívar, nach Venezuela zurückzukehren und im August 1819 in Boyacá einen brillanten Sieg über die Spanier und Spanienanhänger zu erringen. Die spanische Herrschaft brach zusammen, und im Dezember 1819 proklamierte ein Kongress in Angostura die Bildung der Republik Großkolumbien, die Neugranada, Venezuela, Panama und Ecuador umfasste. Ihr Präsident wurde Bolívar. Nachdem nun auch in Spanien selbst Aufruhr herrschte und dort die liberale Verfassung von 1812 ausgerufen wurde, befahl die Regierung in Madrid, einen Kompromiss mit den südamerikanischen Rebellen auszuhandeln. Bolívar schloss zwar im November 1820 in Trujillo mit dem General der spanischen Streitkräfte, Morillo, einen Waffenstillstand, aber die Spanier lehnten jede Art von Unabhängigkeit ab. Der Krieg ging folglich weiter. Erst im Juni 1821 konnte Bolívar in Carabobo den entscheidenden Sieg über die Spanier erringen, der Venezuela in die Unabhängigkeit führte. Endgültig unabhängig als eigener Staat wurde es 1830, im Todesjahr Simón Bolívars, als sich Großkolumbien auflöste.
Welche Mitstreiter hatte Bolívar?
Im Juli 1822 traf Bolívar in Guayaquil auf José de San Martín (1778–1850), den zweiten großen Helden in der Unabhängigkeitsbewegung Südamerikas und »Protector« (Beschützer) Perus. Aber es gab Differenzen zwischen den beiden Männern. Bolívar wollte eine Vereinigung Guayaquils mit Kolumbien, während San Martín eine Union mit Peru bevorzugt hätte, wo die spanische Kolonialherrschaft noch viele Anhänger hatte. Auch stand Bolívar dem Wunsch San Martíns, europäische Herrscher als Könige für die südamerikanischen Staaten zu proklamieren, um die Anarchie zu bekämpfen, ablehnend gegenüber. San Martín zog sich 1824 nach Frankreich zurück und überließ es Bolívar, Peru in die Unabhängigkeit zu führen. Im peruanischen Ayacucho wurden die Spanier im Dezember 1824 endgültig von General Sucre geschlagen, dem späteren Präsidenten von Bolivien. Bolívar versuchte sofort, seine alte Idee einer amerikanischen Konföderation wieder zu beleben, indem er zu einer Versammlung aller hispanischen Nationen nach Panama einlud. 1826 fand der Kongress statt, allerdings nur mit Mexiko, Guatemala, Kolumbien und Peru.
Wussten Sie, dass …
Bolívars Frau ein Jahr nach der Hochzeit an Gelbfieber starb?
sich Bolívar angeblich 1805 in Rom verpflichtete, die Unabhängigkeit seiner Heimat von der spanischen Herrschaft zu erreichen?
der Feldherr, nachdem er sich 1828 zum Diktator ernannt hatte, ein Attentat überlebte?
neben dem Staat Bolivien auch die venezolanische Währung nach dem Freiheitskämpfer benannt ist?
Moore fürs Klima
Intakte Moore binden Kohlendioxid – und sind damit ein wichtiger Beitrag zum Klimaschutz. von KLAUS JACOB Das Moor war über viele Jahrhunderte der Inbegriff für Abgeschiedenheit, Angst und Armut. Dort lauerte das Böse. Nur die ärmsten Menschen siedelten, wo nachts Irrlichter herumgeisterten und uralte Leichen ans Licht kamen. Wo...
Wie sich die Pferde über die Welt verbreiteten
Ausgehend von Westasien und dem Orient haben sich domestizierte Pferde in der ganzen Welt verbreitet. Eine Studie kartiert nun, auf welchen Wegen sich aus dem Orient stammende Pferde wie Araber verbreitet haben und welche genetischen Spuren sie in modernen Pferderassen hinterlassen haben. Demnach gelangten diese Pferde zum einen...