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Vegetarisch-Vegane Leistungssportler – ein Widerspruch in sich?
Jeden Tag braucht unser Körper Energie, damit unsere Organe weiter arbeiten, damit wir unsere Muskeln bewegen, atmen und unser Gehirn benutzen können. Je stärker wir körperlich aktiv sind, desto mehr Energie benötigen wir dabei – und entsprechend mehr "Brennstoffe " müssen wir dann in Form von Nahrung aufnehmen.
Die nötige Energie liefern uns dabei vor allem die Kohlenhydrate und Fette im Essen. Denn sie können vom Stoffwechsel relativ schnell und einfach in die benötigten chemischen Energieträger umgewandelt werden. Bleibt die Zufuhr an Zuckern und Fetten allerdings aus, kann der Körper auch Eiweiße abbauen und zur Energiegewinnung nutzen.
"Man ist, was man isst"
Neben der Energie muss die Ernährung aber auch Baumaterial für unseren Körper liefern. Ganz nach dem Motto: "Man ist, was man isst". Nur so können wir Muskeln aufbauen, Haare, Nägel und Knochen erneuern, neue Zellen wie Blutzellen bilden und vieles mehr. Auch für diese Aufbau- und Reparaturarbeiten benötigt unser Körper bei erhöhter Aktivität wie etwa durch Sport mehr Nährstoff-Nachschub.
Wichtigster Baustein ist dabei das Eiweiß, das aus vielen aneinandergeketteten Einzelmolekülen, den Aminosäuren, besteht. Die Proteine aus der Nahrung zerlegt der Körper in ihre Aminosäuren und kann daraus nun nach eigenem Bedarf andere Proteine, zum Beispiel für den Muskelaufbau im Sport, bilden.
Wichtig für den Erhalt anderer Körperbestandteile wie Haare, Nägel, Knochen oder Haut sind neben den Proteinen auch die sogenannten Mikronährstoffe. Dazu zählt beispielsweise Calcium, wichtig für die Knochen, Eisen, wichtig für die Bildung der Blutzellen oder Zink, wichtig für Haare, Nägel und Haut.
Wo Vegetarier und Veganer wirklich verzichten?
Alle diese verschiedenen Nährstoffe müssen wir über unsere Ernährung ausreichend zu uns nehmen, um fit und gesund zu bleiben. Das heißt, dass auch Vegetarier oder Veganer nicht auf sie verzichten können. Sie essen vielleicht kein Fleisch, Fisch oder Milchprodukte, nehmen die Bestandteile dann aber in anderer Form auf. Und hier liegt genau die Schwierigkeit. Insbesondere das Eiweiß aus pflanzlichen Quellen ist weniger wertig. Es enthält also weniger essentielle Aminosäuren und der Körper kann es nicht so gut verwerten.
Das ist besonders für Veganer problematisch, für Vegetarier, die weiterhin Eier und Milchprodukte zu sich nehmen, weniger. Auch die Aufnahme von Eisen gestaltet sich bei pflanzlicher Ernährung schwieriger. Pflanzliche Nahrung enthält zwar nicht weniger Eisen, dafür aber in einer anderen Form, die wir nicht so einfach aufnehmen können wie beispielsweise das Eisen aus Fleisch. Genauso kann es bei pflanzlicher Nahrung leicht zu einer Unterversorgung mit Zink oder Calcium kommen.
Allerdings kann man dies durch eine gezielte Auswahl der Speisen ausgleichen: Sinnvoll ist es beispielsweise, möglichst wertige, pflanzliche Proteinquellen miteinander zu kombinieren oder zum Beispiel die Aufnahme von Eisen durch gleichzeitige Aufnahme von Vitamin C zu unterstützen. Dann lassen sich mögliche Mängel recht leicht vermeiden. Außerdem gilt: Die Aufnahme von Fetten und Kohlenhydraten stellt für Vegetarier und Veganer meist kein Problem dar. Häufig nehmen sie sogar mehr Kohlenhydrate zu sich und verzichten zudem auf die ungesunden tierischen Fette.

Gladiatoren machten es vor
Im Leistungssport stellt die intensive Bewegung ganz besondere Anforderungen an den Körper und damit auch an die Ernährung. Während Freizeitsportler ihre Ernährung nicht besonders anzupassen brauchen, benötigen Leistungssportler grundsätzlich mehr Proteine, Kohlenhydrate und Fette. Proteine sollten in ihrer Kost laut der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) sogar doppelt so viel enthalten sein wie bei einem Nicht-Leistungssportler.
Da stellt sich die Frage: Ist eine vegetarische oder gar vegane Ernährung mit dem Leistungssport überhaupt vereinbar? Hier gehen die Meinungen stark auseinander. Während der eine auf Steak und Hühnchen für den Muskelaufbau schwört, sind sich andere sicher, auch als Vegetarier neue persönliche Bestleistungen erbringen zu können.
Dass es tatsächlich möglich ist, mit einem veganen oder auch vegetarischen Lebensstil Profisportler zu sein, zeigen prominente Beispiele wie der Kraftsportler Patrik Baboumian oder Formel-1-Weltmeister Lewis Hamilton. Und auch die sportlichen "Promis" der römischen Antike machten bereits vor mehr als 2.000 Jahren vor, wie vegetarisches Sportlerleben geht: Anhand von Knochenfunden konnten Wissenschaftler zeigen, dass Gladiatoren im alten Rom sich wohl hauptsächlich von Bohnen und Gerste ernährten.
Und was sagt die Sportwissenschaft und Medizin zu diesem Thema?
"Sportler können sich vegetarisch/vegan ernähren […] sollten aber darauf achten über eine vielfältige Lebensmittelauswahl ihren Energie- und Nährstoffbedarf zu decken." schreibt Hans Braun vom Deutschen Forschungszentrum für Leistungssport. Außerdem sind regelmäßige Kontrollen der Blutwerte und ein durchdachter Ernährungsplan unerlässlich.
Auch ist es von Sportart zu Sportart unterschiedlich wie gut eine vegetarische oder vegane Ernährung geeignet ist. Im Ausdauersport soll diese recht gut umzusetzen sein, da es hier in erster Linie zu einem erhöhten Energiebedarf kommt, der über eine vermehrte Kohlenhydrataufnahme, wie sie bei Vegetariern oder Veganern vorkommt, gut gedeckt werden kann. Zudem sollen darüber Energiereserven im Muskel besser aufgefüllt werden, was für Ausdauersportler als Vorteil gewertet werden kann. Für Kraftsportler scheint dagegen gerade eine vegane Ernährung eher ungeeignet, da der erhöhte Proteinbedarf für den Muskelaufbau nur schwierig zu decken ist.
Bisherige Studien in verschiedenen Sportarten zeigten überraschenderweise, dass durch Vegetarismus oder Veganismus keine Nachteile zu entstehen scheinen, es aber auch zu keinen Vorteilen kommt. Die Vergleichsgruppen schnitten in den Tests stets ähnlich gut ab.
Allgemein sind die positiven Effekte einer gesunden Ernährung sowohl für Sportler als auch für Nicht-Sportler unumstritten. Die intensive Auseinandersetzung mit ihrer Ernährung sorgt bei vielen Vegetariern und Veganern für eine besonders vielfältige und ausgewogene Kost, durch die sich viele Sportler eine bessere Leistungsfähigkeit ihres Körpers erhoffen.