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Jugendproblem Alkohol: Das steht auf dem Spiel
1. Alkohol und der Körper
Betrunkene sind für Umstehende oft vergleichsweise lustig anzuschauen – auf den ersten Blick. Lallen, Enthemmtheit, Gleichgewichtsstörungen. Das sind die Folgen des Alkohols, oder viel mehr seinem Inhaltsstoff, dem Ethanol. Eigentlich ist das ein Gift – jedoch kommt es auf die Menge an.
Das Problem ist die Masse. Denn weil der Körper den Alkohol als Gift erkennt, beginnt die Leber, als Filter des Körpers, diesen abzubauen – allerdings sind auch die Abbauprodukte wie Acetaldehyd giftig. Und diese sind es auch, die für einen Kater sorgen – teilweise. Denn Alkohol entwässert auch, man geht im Vergleich zur Menge verhältnismäßig oft zur Toilette. Der Körper verliert Wasser, dehydriert, das Blut wird dicker – die beste Basis für starke Kopfschmerzen.
Wie intensiv Alkohol wirkt, hängt nicht nur von Gewicht, Geschlecht und Alter, sondern auch der Gewöhnung und der Tagesform ab. Ein Näherungswert sind allerdings folgende Stationen:
- Ab 0,3 ‰ gelöste Stimmung, reduzierte Aufmerksamkeit, vermindertes Reaktionsvermögen
- Ab 0,8 ‰ Einengung des Sehfeldes, Konzentrationsschwächen, Gleichgewichtsstörungen, Enthemmung
- Ab 1,0 ‰ Weiter gesteigerte Enthemmung, Sprechstörungen, Gleichgewichtsprobleme, Verwirrung, Gefahr eines Filmrisses
- Ab 2,0 ‰ Schwere Gleichgewichtsstörungen, Verlust der Muskelkontrolle, Erbrechen, Gedächtnisverlust
Ab 3 ‰ werden viele Betrunkene bewusstlos und fallen teilweise gar ins Koma. Gut zu sehen ist auch, wie das Gift die Wirkung macht. Anders erklärt: Zwei Gläser Wein oder Bier sind meist kein Problem – auch nicht für junge Menschen. Erst durch die Gewöhnung will der Körper mehr, wodurch die Gefahren steigen.
2. Alkohol und das Gesetz
Gerade in jungen Jahren ist Alkohol auch aus der Sicht des Gesetzgebers noch ein zweischneidiges Schwert. Zwar gelten de jure ab 18 keinerlei Verbote mehr, davor sieht die Sachlage jedoch gänzlich anders aus. So regelt das Jugendschutzgesetz vereinfacht ausgedrückt:
- Unter 16 herrscht absolutes Alkoholverbot
- Ab 16 sind Getränke mit geringem Alkoholgehalt erlaubt (Bier, Wein) aber keine Branntweine, also Schnaps
- Ab 18 Gilt man als Erwachsener und sämtliche Regulierungen diesbezüglich sind aufgehoben
Was allerdings nicht heißen soll, dass das Gesetz einem dann nicht dennoch beim Alkohol etwas vorschreiben darf. Das gilt vor allem für Fahranfänger. Die Bußgelder für das Fahren unter Alkoholeinfluss sind zwar je nach Promille-Wert gestaffelt, für Fahranfänger und Fahrer unter 21 lauten sie jedoch schlicht 0,0 Promille – kein kleines Bier, kein Kurzer, kein Glas Prosecco. Wer das nicht beachtet, zahlt in jedem Fall 250 Euro, bekommt einen Punkt, darf zur Nachschulung und bekommt auch noch die Probezeit verlängert. Ob ein Drink so viel Ärger wert ist, muss jeder für sich entscheiden.
3. Alkohol und die Seele
Das große Problem ist daran, dass viele junge Menschen ihre Grenzen entweder nicht kennen, oder sie bewusst überschreiten. Natürlich macht es Spaß, mit den Freunden ein paar Drinks zu genießen, in lockerer Atmosphäre und ohne direkte Sorgen. Doch dabei vergessen viele folgendes:
- Die gute Laune ist nicht echt, sondern nur durch den Alkohol hervorgerufen oder zumindest verstärkt
- Durch Gewöhnung reicht dem Körper rasch eine niedrige Dosis nicht mehr, um aufs gleiche Laune-Level zu gelangen.
Allerdings will dieser Artikel ja kein typischer Moralprediger sein. Weshalb es auch durchaus probate Formen des Alkoholgenusses gibt – sie alle haben mit der Häufigkeit und der Menge zu tun. Wer alle zwei Wochen oder noch seltener geringe Alkoholmengen im Bereich der klassischen „ein, zwei Gläser Bier“ konsumiert, hat ein extrem geringes Risiko, durch diesen Genuss Probleme zu bekommen. Erst wenn „Sprit“ in rauen Mengen zu jedem Wochenend-Ausgang gehört und vielleicht sogar unter der Woche zum Einsatz kommt, werden seine negativen Eigenschaften überwiegen.
4. Alkohol und Verantwortung
Auf den vorherigen Zeilen wurde bereits angedeutet, dass es durchaus Mittel und Wege gibt, Alkohol und sein ganzes Drumherum so zu gestalten, dass es nicht zum Problem wird. Grundlage dessen ist persönliche Verantwortung. Schon als 16jähriger sollte man einfach bedenken, dass die Phase, in der andere immer darauf achten, dass man nichts Dummes anstellt, sich dem Ende entgegenneigt – nicht umsonst feiern viele den 18. als Tag der Freiheit, weil sie nun tun und lassen können, was sie wollen. „Lassen können“ ist das Stichwort, denn Freiheit bedeutet (frei nach Astrid Lindgren) eben auch, dass man bewusst nicht alles tut, was einem möglich ist und was andere tun. Klar darf man auch als Fahranfänger mit 180 über die Autobahn brettern – Erwachsen zu sein bedeutet jedoch auch, es sein zu lassen, weil man noch nicht über ausreichende Fahrerfahrung verfügt.
Ein paar Lösungswege für alle, die nicht zum totalen Abstinenzler werden, aber dennoch verantwortungsvoll trinken wollen:
- Nach dem zweiten Bier nur noch Alkoholfreies bestellen, das Gehirn merkt dann den oft beklagten geschmacklichen Unterschied kaum noch.
- Im Sommer nicht nur als Fahrer alkoholfreies Weizen-Radler bestellen. Geschmacksdifferenzen zu „echtem“ Radler gibt es praktisch nicht und man kann auch in der Hitze Glas auf Glas genießen, ohne einen dicken Kopf zu bekommen.
- Statt Wein pur, nur Weinschorle ordern – prickelt angenehm und man kann statt zwei auch drei Gläser genießen.
- Alkoholfreie (Schaum-) Weine sind im Kommen und werden selbst von Profi-Sommeliers als gut bezeichnet.
Und dass es viele alkoholhaltige Cocktails gibt, die so süß sind, dass man den Alkohol sowieso nicht schmeckt, dürften Fans der Schirmchendrinks wissen – und auch, dass es für die meisten Varianten eine ähnlich schmeckende Alternative ohne „Umdrehungen“ gibt.
Fazit
Alkohol kann nicht nur ein junges Leben ziemlich schnell aus der Spur werfen – umgekehrt muss man aber nicht zwingend zum Asketen werden. Es reicht schon, so verantwortungsbewusst mit dem Alkohol umzugehen, wie es die meisten älteren Erwachsenen tun – ein Glas hier, ein Bier dort aber ohne Vollrausch und Filmriss ermöglichen den Spagat zwischen Gesellschaft und Gesundheit. Und das zu meistern, gehört auch zum Erwachsensein dazu.