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Friedrich II.: Kaiser mit universellen Interessen
Warum wuchs Friedrich in Palermo auf?
Familiäre und weltpolitische Umstände brachten ihn dorthin. Als Friedrich II. am 26. Dezember 1194 in Iesi bei Ancona (Marken) zur Welt kam, stand das Staufergeschlecht auf dem Höhepunkt seiner Macht. Friedrichs Vater Heinrich VI., seit 1169 deutscher König und 1191 Kaiser, war durch seine Heirat mit Konstanze, der Erbin des Normannenreichs, auch in den Besitz von Sizilien und Süditalien gelangt. Die Konturen eines künftigen Großimperiums zeichneten sich ab.
Vier Jahre später sah alles anders aus. Vater und Mutter waren gestorben, der kleine Friedrich kam unter die Vormundschaft von Papst Innozenz III., der ihn nach Palermo bringen ließ. Dort wurde das Kind Spielball eines Machtkampfs zwischen päpstlichen Legaten und Vertretern der deutschen Partei, einheimischen Baronen und sizilischen Sarazenen und erlebte Intrigen und Brutalitäten. Misstrauen, Härte und Verschlagenheit, die später seinen Charakter kennzeichnen sollten, dürften in dieser Zeit ausgebildet worden sein. Gleichzeitig gewann Friedrich aber auch frühe Reife und ein waches Interesse für seine Umwelt. Palermo war damals ein Schmelztiegel aller Kulturen des Mittelmeerraums.
Was kennzeichnete die Herrschaft des Stauferkaisers?
Effiziente Machtausübung, kulturelle und wissenschaftliche Blüte und seine Präsenz in Italien. Mit 14 Jahren wurde Friedrich aus der päpstlichen Vormundschaft entlassen. Es gelang ihm, Adelsaufstände in Sizilien niederzuwerfen und sich in seinen ererbten Ländern zu etablieren. Sein Leben lang blieb das Reich in Unteritalien, das er in einen leistungsfähigen, straff geführten Beamtenstaat verwandelte, die eigentliche Basis seiner Herrschaft.
In Italien trat Friedrich als Förderer der Künste und Wissenschaften auf. An seinem Hof gingen die Gelehrten ein und aus. Er beschäftigte sich mit Philosophie und verfasste das berühmte Falkenjagd-Buch »De arte venandi cum avibus« (Über die Kunst, mit Vögeln zu jagen) – Zeugnis für sein wissenschaftliches Interesse an der Natur. Er soll neun Sprachen gesprochen und sieben schriftlich beherrscht haben. Die Dichtkunst blühte, der Staufer steuerte auch selbst Kanzonen bei, auf ihn wird die Entstehung der italienischen Dichtungssprache zurückgeführt. Mit Bauten wie dem Castel del Monte in Apulien schrieb er sich in die Kunstgeschichte ein.
Spärlich dagegen war seine Anwesenheit in Deutschland. Immerhin sicherte sich Friedrich 1212 die deutsche Königskrone und setzte 1220 die Wahl seines minderjährigen Sohnes Heinrich (VII.) zum deutschen König durch, doch musste er dafür den Fürsten erhebliche Zugeständnisse machen.
Warum bekämpften sich Kaiser und Papst?
Weil Friedrich II. auf Konfrontationskurs ging. Sein anfänglich gutes Verhältnis zu den Päpsten trübte sich Mitte der 1220er Jahre. Die Gründe dafür waren, dass er die kaiserlichen Rechte in Oberitalien wieder in Kraft setzen wollte und mit den lombardischen Städten, den alten Verbündeten des Papsttums, aneinandergeriet, vor allem aber, dass er den lang versprochenen Kreuzzug schuldig blieb. Als er diesen 1228 endlich antrat, lastete schon der Kirchenbann auf ihm. Zwar wurde der Kreuzzug ein Erfolg – Friedrich zog in Jerusalem ein – aber nach seiner Rückkehr musste er sogleich gegen päpstliche Truppen ziehen, die in Apulien eingefallen waren.
Nach dem Sieg Friedrichs über die lombardischen Städte bei Cortenuova 1237 schien die Lage für ihn bereinigt. Doch erst jetzt begann der Endkampf zwischen Kaiser und dem Papst. Im März 1239 wurde Friedrich von Gregor IX. mit dem Bann belegt.
Auf dem Konzil von Lyon im Juli 1245 verkündete Papst Innozenz IV. die Absetzung des Kaisers und ließ in Deutschland Heinrich Raspe und später Wilhelm von Holland zu Gegenkönigen wählen. Derweil musste sich Friedrich mit Verschwörungen im eigenen Lager herumschlagen. Im Begriff, zur Generalabrechnung mit seinen Widersachern im Norden aufzubrechen, starb er überraschend am 13. Dezember 1250 in Fiorentino bei Lucera (Apulien).
Wie lebte Friedrich II. in der Mythologie weiter?
Der Kaiser wurde in Deutschland bald zur Sagengestalt verklärt. Man erwartete seine Rückkehr, der die Wiedererrichtung der alten Reichsherrlichkeit folgen sollte. Im 16. Jahrhundert erst verlor sich sein Bild zugunsten des Großvaters, Friedrichs I. Barbarossa (Reg. 1152–1190), der im Kyffhäuser auf die Auferstehung der staufischen Kaisermacht wartet.
Wussten Sie, dass …
Friedrich II. von seinen Zeitgenossen »Stupor mundi«, Staunen der Welt, genannt wurde? Gemeint waren damit seine immense Bildung und sein von allen religiösen Rücksichten unabhängiges Denken.
das geheimnisumwobene Castel del Monte nicht zuletzt wegen seines idealen achteckigen Grundrisses als »Steinerne Krone Apuliens« bezeichnet wird? Die Burg ziert die Rückseite der italienischen 1-Cent-Münze.
War Friedrich ein Wolf im Schafspelz?
Die Chronik des Salimbene von Parma (um 1280) beschreibt ihn jedenfalls als solchen: »Friedrich war ein verderbenbringender und verdammter Mensch, ein Schismatiker, Ketzer und Epikureer, der den ganzen Erdkreis verdarb und in den Städten Italiens den Samen der Zwietracht säte. Der Kaiser wusste mit niemand Freundschaft zu halten, ja er rühmte sich sogar, dass er niemals ein Schwein gemästet habe, von dem er nicht auch das Fett bekommen habe! (…) Bisweilen war er auch ein tatkräftiger Mann, und wenn er seine guten Eigenschaften und seine Höflichkeit zeigen wollte, freundlich, angenehm, ergötzlich, eifrig; er wusste zu lesen, zu schreiben und zu singen, Gesänge und Weisen zu erfinden.«
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