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Otto von Bismarck: Der Eiserne Kanzler

Wie kam Bismarck zu dem Beinamen »Eiserner Kanzler«?

»Wir Deutsche fürchten Gott, aber sonst nichts auf der Welt.« Mit solch markigen Aussprüchen und aufgrund seiner anfänglichen Kriegspolitik zog sich Bismarck den Ruf als »Eiserner Kanzler« zu.

Schon in jungen Jahren war Otto von Bismarck, der am 1. April 1815 im ländlich-preußischen Schönhausen (Altmark) geboren wurde, zwar ein Heißsporn, doch zugleich eine höchst empfindsame Natur, was sich in tiefer Religiosität äußerte. Erzkonservativ, stand Bismarck allen liberalen Bestrebungen misstrauisch gegenüber und profilierte sich seit 1847 im Vereinigten Landtag und während der Märzrevolution als treuer Anhänger des Königs.

Was für eine Außenpolitik betrieb der Kanzler?

Eine zunächst recht aggressive. Nach Jahren als Diplomat erreichte Bismarck 1862 der Ruf Wilhelms I., der ihm das Amt des preußischen Ministerpräsidenten anbot. Dem König erschien er als geeignete Waffe gegen seine rebellierenden Abgeordneten. Die Rechnung ging auf: Bismarck setzte sich über Verfassungsbedenken hinweg und machte dies durch außenpolitische Erfolge wett. 1864 entriss er im Auftrag des Deutschen Bundes gemeinsam mit Österreich den Dänen Schleswig-Holstein, zwei Jahre später stellte er sich gegen den Verbündeten und entschied die Rivalität mit Österreich in einem deutschen »Bruderkrieg« bei Königgrätz zugunsten Preußens, 1870 provozierte er eine Kriegserklärung Frankreichs, indem er Kaiser Napoleon III. diplomatisch brüskierte, und erzwang die Einigung Deutschlands. Am 18. Januar 1871 wurde Wilhelm I. im Spiegelsaal von Versailles zum Deutschen Kaiser proklamiert: eine weitere demütigende Provokation des Nachbarn, die sich auf lange Sicht rächen sollte.

Wie wurde der Politiker zum »ehrlichen Makler«?

Duch die Behauptung, Deutschland sei nach der Reichsgründung »saturiert«. Zwar musste er nun im nationalen Rausch der Annexion von Elsass-Lothringen zustimmen und mit fünf Milliarden Goldfrancs Frankreich harte finanzielle Bedingungen stellen. Ganz entschieden setzte er jedoch immer darauf, das Erreichte und den Frieden zu sichern. Mit einem ausgeklügelten Bündnissystem errang er in brillanter Ausbalancierung der Interessen eine Schiedsrichterrolle in Europa.

Wie fortschrittlich war Bismarck innenpolitisch?

Innenpolitisch erkannte er die Zeichen der Zeit überhaupt nicht. Er protegierte die Großagrarier und die Schwerindustrie, verkannte aber die soziale Frage: Zwar sorgte er für eine fortschrittliche Sozialgesetzgebung, versuchte jedoch ab 1872 die Macht der katholischen Kirche in einem Kulturkampf zu brechen und die Arbeiterbewegung 1878 durch ein scharfes Sozialistengesetz zu unterdrücken. Seine antikirchlichen Maßnahmen, die dem jungen Reich die katholischen Bevölkerungskreise entfremdete, musste er ab 1879 Stück für Stück zurücknehmen. Und die Arbeiter verweigerten sich ihm nach wie vor, weil er die Linke politisch entmündigte.

So war es auch die Arbeiterfrage, an der sich 1890 der Konflikt mit dem seit 1888 regierenden Kaiser Wilhelm II. entzündete, der den Reichsgründer schließlich entließ. Vieles war nur Vorwand; es ging dem jungen Regenten eher darum, sich aus dem Schatten Bismarcks zu lösen. Die Mittel dazu gab ihm die restriktiv gestaltete Reichsverfassung: Bismarck hatte es versäumt, Sicherungen gegen ein zu »persönliches Regiment« des Monarchen einzubauen.

Verbittert zog sich Bismarck nach Friedrichsruh bei Hamburg zurück, von wo aus er die Zerstörung seines kunstvollen Bündnissystems durch die vom Kaiser »ohne Augenmaß« geleitete Regierung mitansehen musste. Mit dem Tod seiner geliebten Frau Johanna traf ihn 1894 ein schwerer Schicksalsschlag. Er selbst starb am 30. Juli 1898.

Was meinte Bismarck mit seiner »Blut und Eisen«-Parole?

Ursprünglich fielen die Worte in umgekehrter Reihenfolge in durch den Verfassungskonflikt aufgeheizter Atmosphäre. Der neu ernannte preußische Ministerpräsident Bismarck erklärte vor der Budgetkommission des Abgeordnetenhauses am 30. September 1862: »Nicht durch Reden und Majoritätsbeschlüsse werden die großen Fragen der Zeit entschieden – das ist der Fehler von 1848 und 1849 gewesen –, sondern durch Eisen und Blut.« Diese Worte, als patriotischer Appell gedacht, um die Wogen zu glätten, wurden als politisches Programm der Gewalt interpretiert. Die Abgeordneteen unterstellten Bismarck eine Strategie außenpolitischer Ablenkung und gingen auf das von ihm beabsichtigte Kooperationsangebot nicht ein, jedenfalls verweigerten sich alle Liberalen. Bismarck musste nun zunächst den König beruhigen. Im kollektiven Gedächtnis sind die martialischen Worte bis heute in der von Bismarck in seinen Memoiren überlieferten »blutigen« Reihenfolge und als Drohgebärde erhalten geblieben, woran auch die Friedenspolitik Bismarcks nach der Reichseinigung nichts geändert hat.

Wussten Sie, dass …

Bismarck ein entschiedener Gegner des Kolonialismus war, dem er mit den Worten »Frankreich liegt links, Rußland liegt rechts, in der Mitte liegen wir. Das ist meine Karte von Afrika« ein Absage erteilte?

der Kanzler selbst den Namen des nach ihm benannten Bismarckherings genehmigte, weil er dieses Gericht sehr schätzte?

Bismarck aus dem konfiszierten Vermögen Georgs von Hannover, dem so genannten Welfenfonds, eine schwarze Kasse einrichtete, über die er frei verfügen konnte? Er nutzte sie unter anderem zum Kampf gegen die von ihm als »Reptilien« bezeichneten Anhänger Georgs – daher auch der Name »Reptilienfonds«.

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