Lexikon
italienische Literatur
Die italienische Literatur begann später als die eigensprachige Literatur der anderen romanischen Länder, da bis ins 13. Jahrhundert das Lateinische die beherrschende Sprache blieb. Am Beginn stehen der „Cantico delle Creature“ (Sonnengesang) des Franz von Assisi, entstanden 1224/25, und die „Laude“ (geistliche Lobgesänge) des Jacopone da Todi (im ersten bzw. letzten Drittel des 13. Jahrhunderts). Ins gleiche Jahrhundert fällt die sog. Sizilianische Dichterschule, die von einem Dichterkreis am Hof Friedrichs II. in Palermo begründet wurde; nachempfunden wurde die Troubadourlyrik der Provence in italienischer Sprache. Als neue Form entstand das Sonett, dessen ältestes uns erhaltenes Beispiel von Giacomo da Lentino (*um 1185, † um 1250), dem Kanzler des Kaisers, stammt. Die Lauden Jacopones da Todi sind eine der Keimzellen des späteren italienischen Dramas, da sich aus ihnen die Mysterienspiele des späteren Mittelalters entwickelt haben.
Im 13. Jahrhundert formte G. Guinizelli in Bologna aus dem provençalisch-sizilianischen Minnesang den „Dolce Stil Nuovo“ (Süßen Neuen Stil), der besonders in der Toskana angesiedelt war.
Das 14. Jahrhundert führte die italienische Literatur mit dem klassischen Dreigestirn Dante, F. Petrarca, G. Boccaccio auf den ersten Höhepunkt, dem größte europäische Bedeutung zukommt. Dantes „Göttliche Komödie“ ist eine Summe des mittelalterlich-abendländischen Denkens. Die Ausdruckskraft der Sprache der Lyriker des Dolce Stil Nuovo war so verfeinert, dass sie später auch zum vollkommenen Instrument der hohen Gefühls- und Gedankenlyrik F. Petrarcas werden konnte, in der sich antikes Form- und Gedankengut mit einer neuen Welterfahrung und den Errungenschaften des Neuen Stils verknüpfte und die für Jahrhunderte das große Vorbild der Dichter Italiens und Europas wurde. G. Boccaccios „Decamerone“ begründete die italienische Kunstprosa und wurde das klassische Modell der italienischen Novellistik. A. Poliziano schrieb mit seinem „Orpheus“ das erste weltliche Schauspiel, J. Sannazaro wurde mit dem Versroman „Arcadia“ zum Vorbild für die gesamte europäische Hirtendichtung der Neuzeit. M. M. Boiardos „Der verliebte Roland“ brachte eine Wiederbelebung des höfischen Epos französischen Stils in romantisch-ironisierender Form.
In der Hochrenaissance im 16. Jahrhundert setzte sich die Vulgärsprache entgültig gegen das Lateinische durch. P. Bembo wurde der erste Grammatiker und glänzender Stilist dieser neuen italienischen Sprachblüte. Er begründete zudem durch seine absichtsvolle Nachahmung F. Petrarcas den formstrengen Petrarkismus, dem auch die gefühlsstarke Lyrik der Dichterinnen Gaspara Stampa und Vittoria Colonna entsprang. Abseits des Formalismus stehen die zugleich sprach- und aussagegewaltigen Gedichte Michelangelos. Das romantisch-ironisierende Ritterepos gelangte in L. Ariostos „Der rasende Roland“ zu höchster Vollendung. T. Tassos „Aminta“ und G. B. Guarinis „Der treue Schäfer“ brachten Schäferdichtung und Schäferspiel zu europäischer Geltung; sie wurden zum künstlerischen Erlebnis ganz Europas. Die Novellistik ist durch viele glänzende Namen vertreten, vor allem durch M. Bandello. Schließlich reifte das Drama von der antikisierenden Komödie bis zu der von Berufsschauspielern geprägten Commedia dell’Arte heran.
In der Barockzeit, dem Secento, verlor das Epos an Bedeutung, doch entwickelte sich eine rege wissenschaftliche Prosa (G. Galilei, G. Bruno, T. Campanella). Im 18. Jahrhundert fand das Drama in C. Goldoni und C. Gozzi neue Meister. A. Manzoni fasste die romantischen Ideale der Vaterlandsliebe, der christlichen Gesinnung und der Geschichtsnähe in seinen Hymnen und seinem historischen Roman „Die Verlobten“ zusammen. Klassische Form und romantisches Fühlen vereinen sich in den durch Erfindungsreichtum ausgezeichneten Gesängen G. Leopardis.
Die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde von der Lyrik G. Carduccis, G. d’Annunzios und G. Pascolis beherrscht, während in der Erzählkunst A. Fogazzaro ein Meister des italienischen psychologischen Romans wurde. Ihn übertrifft an Wirkung noch G. Verga, der Begründer des Verismus, dem M. Serao und G. Deledda folgten. Welterfolg hatten die Romane G. d’Annunzios, die Jugendschriften E. de Amicis’ und C. Collodis.
Zwischen 1900 und 1950 hatten die philosophischen und literarästhetischen Werke B. Croces großen Einfluss. Nach dem 1. Weltkrieg gab L. Pirandello besonders dem Schauspiel neue Impulse. Bedeutsam sind nach 1945 die gesellschaftskritisch-psychologischen Romane A. Moravias und die sozialkritischen Bücher C. Levis und I. Silones sowie die neorealistischen Romane von C. E. Gadda, P. P. Pasolini, C. Pavese, V. Pratolini und E. Vittorini. Zu internationalen Erfolgsautoren wurden die Schriftsteller C. Malaparte (Kriegsromane), G. Guareschi (mit Schelmenromanen um Don Camillo und Peppone), G. Tomasi di Lampedusa („Der Leopard“). Seit Anfang der 60er Jahre setzten sich fantasievolle Erzähler gegenüber dem Neorealismus durch (I. Calvino, D. Buzzati, T. Landolfi); U. Eco errang mit einem historischen Kriminalroman großen Erfolg; L. Sciascia klagt in seinen (Kriminal-)Romanen die sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse in Sizilien an. Gegen Ende des Jahrhunderts schilderten N. Ginzburg und D. Maraini die Situation der Frau in der modernen Gesellschaft. Der Dramatiker D. Fo schreibt gesellschaftskritische Agitationsstücke. Als Lyriker traten G. Ungaretti, E. Montale, U. Saba und S. Quasimodo hervor.
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