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Recht: Vom Gesetz zur Rechtsprechung
Wann tritt ein Gesetz in Kraft?
Wenn es vom Bundespräsidenten im Bundesgesetzblatt verkündet wird.
Am Anfang eines Gesetzes steht zunächst ein Gesetzentwurf. Dieser kann von Mitgliedern des Bundestags als Parlamentsvorlage direkt in den Bundestag eingebracht werden; Gesetzesvorlagen der Bundesregierung oder des Bundesrats müssen erst dem jeweils anderen Organ zur Stellungnahme vorgelegt werden, ehe sie den Bundestag erreichen.
Der Bundestag berät in seinen Ausschüssen und in mehreren Lesungen über den Gesetzentwurf und beschließt die Vorlage – gegebenenfalls mit Veränderungen am Gesetzestext. Nun wird das Gesetz dem Bundesrat zugeleitet. Einige Gesetze können nur zustande kommen, wenn sie vom Bundesrat gebilligt werden. Handelt es sich um ein Gesetz, das keiner Zustimmung des Bundesrats bedarf, so kann die Ländervertretung lediglich Einspruch erheben, der aber vom Bundestag mit einfacher Mehrheit zurückgewiesen werden kann.
Erst wenn Bundestag und Bundesrat ein Gesetz gebilligt haben, wird es dem Bundespräsidenten zugeleitet. Das deutsche Staatsoberhaupt verkündet das Gesetz im Bundesgesetzblatt, hat aber auch die Möglichkeit, bei schwerwiegenden Bedenken die Ausfertigung des Gesetzes zu blockieren.
Muss der Staat berechenbar sein?
Ja, immer. Nach dem Gebot der Rechtssicherheit, die das staatliche Handeln für den Einzelnen berechenbar macht, sind alle staatlichen Organe, also auch die Verwaltung (z. B. Ämter) an Recht und Gesetz gebunden. Daneben muss ein Bürger in einem Rechtsstaat darauf vertrauen können, dass neue Gesetze keine rückwirkende Geltung haben. Auch ist wichtig, dass die Staatsgewalt nicht willkürlich handeln darf, z. B. keine willkürlichen Verhaftungen vornehmen kann.
Die Gesetze müssen klar formuliert werden – Straftatbestände sollen daher möglichst exakt beschrieben werden. Zudem sind vor dem Gesetz alle gleich. Niemand darf z. B. aufgrund seiner beruflichen Position oder auch wegen eines Adelstitels vor Gericht bevorzugt werden.
Wer darf gesetzeswidriges Verhalten ahnden?
Allein der Staat. Wenn jemand gesetzeswidrig handelt, verhängt der Staat durch die dafür zuständigen Organe Sanktionen, beispielsweise Geldbußen oder Haftstrafen. Die Festlegung der Sanktionen fällt in den Aufgabenbereich der Gerichtsbarkeit. Ohne ein rechtskräftiges Gerichtsurteil dürfen sie nicht durchgesetzt werden.
Übrigens: Das Recht in Deutschland gliedert sich wie folgt: Oberste Gesetzeskraft haben die unveränderlichen Verfassungsartikel, darauf folgen diejenigen Artikel im Grundgesetz, die geändert werden können, als Drittes alle Gesetze und als Viertes Rechtsverordnungen sowie Satzungen und Ähnliches.
Was gehört zum öffentlichen Recht?
Das Verfassungsrecht, das Staatsrecht (z. B. die Wahlgesetzgebung), das Verwaltungsrecht, das Steuerrecht sowie das Sozialrecht. In Fragen des Verfassungsrechts (z. B. bei der Prüfung, ob Gesetze verfassungsgemäß sind) sind die Verfassungsgerichte bzw. -gerichtshöfe der Länder und das Bundesverfassungsgericht zuständig.
Die Verwaltungsgerichte behandeln strittige Punkte zwischen den Bürgern und der öffentlichen Verwaltung, z. B. der Polizei oder den Trägern öffentlicher Leistungen. Das Steuerrecht ist zwar Teil des Verwaltungsrechts, wird aber eigenständig behandelt. Für Streitfragen zwischen den Bürgern und der Finanzverwaltung (z. B. hinsichtlich des Steuerbescheids) sind daher auch die Finanzgerichte der Länder zuständig. Genauso gehört auch das Sozialrecht, das u. a. die soziale Sicherung der Bürger regelt, zum Verwaltungsrecht, doch gibt es dafür außerdem spezielle Sozialgerichte, die die Bürger etwa zur Schlichtung von Streitfällen mit den entsprechenden Sozialversicherungsträgern anrufen können.
Welches Recht regelt die Beziehungen der Bürger untereinander?
Das Privatrecht. Es regelt nicht nur die Beziehungen zwischen einzelnen Bürgern, sondern auch zwischen Bürgern und privaten Institutionen und gesellschaftlichen Gruppen. Die entsprechenden Regelungen sind hauptsächlich im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) zu finden. Aber auch das Arbeits-, Handels- und Wirtschaftsrecht zählt zum Privatrecht. Für privatrechtliche Streitfälle sind die sog. ordentliche Gerichtsbarkeit und als Teil dieser Gerichtsbarkeit die Zivilgerichte zuständig. Für Probleme und Konflikte zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern gibt es hingegen die Arbeitsgerichte.
Was ist Aufgabe des Strafrechts?
Der Schutz der grundlegenden Elemente des Gemeinschaftslebens. Das Strafrecht schützt u. a. Privateigentum sowie Leib und Leben des Einzelnen. Gegen Personen, die diese wichtigen Rechtsgüter verletzen, kann der Staat Strafen (z. B. Haftstrafen, Geldbußen) verhängen. Das Strafrecht ist in einem Strafgesetzbuch (StGB) und strafrechtlichen Nebengesetzen (z. B. Straßenverkehrsgesetz) geregelt. Zuständig für Strafrechtssachen sind innerhalb der ordentlichen Gerichtsbarkeit die Strafgerichte.
Können Richter abgesetzt werden?
Richter können nicht ohne Weiteres ihres Amtes enthoben oder gegen ihren Willen versetzt werden. Gegen sie kann nur ein Amtsenthebungsverfahren eingeleitet werden, wenn z. B. der Verdacht auf Korruption oder Rechtsbeugung besteht. Zur Bewahrung ihrer Unabhängigkeit besitzen Richter einen beamtenähnlichen Status, sie sind also keine Beamten im eigentlichen Sinn.
Die Gerichte in einem Rechtsstaat wie Deutschland sind unabhängig. Ihre Richter sind nicht weisungsgebunden, das heißt, weder die Regierung noch andere staatliche Institutionen dürfen einem Richter vorschreiben, was er zu tun hat, oder ihn in seinen Entscheidungen beeinflussen. Richter sind allein dem Gesetz verpflichtet und müssen ihre Urteile nach Recht und Gesetz fällen.
Übrigens: Die Gerichte in einem Rechtsstaat haben das Rechtsprechungsmonopol. Verhaftungen z. B. dürfen nur auf richterliche Anweisung hin vorgenommen werden.
Was geschieht in einem Gerichtsverfahren?
In einem Verfahren muss das Gericht die geltenden Gesetze auf den vorliegenden Fall anwenden und – falls ein Gesetzesverstoß vorliegt – eine Rechtsfolge (im Strafgerichtsprozess z. B. eine Haftstrafe) festlegen. Im Allgemeinen muss das Gericht jedoch zunächst einmal den Sachverhalt klären, da Kläger und Beklagte dem Gericht zumeist unterschiedliche Ansichten des Sachverhalts darlegen. Zur Klärung werden – soweit vorhanden – Beweismittel sowie Zeugenaussagen herangezogen. Falls die Schuld des Beklagten nicht eindeutig festgestellt werden kann, gilt der Grundsatz »im Zweifel für den Angeklagten«.
Wie ist die Gerichtsbarkeit unterteilt?
Jeder Einzelbereich der Gerichtsbarkeit hat mehrere Stufen, Instanzen genannt. Gegen ein Urteil der unteren Instanz kann man Berufung einlegen. Dann wird der Prozess an die nächsthöhere Instanz verwiesen, die den Fall noch einmal prüft. Gegen deren Urteil ist erneut Revision zulässig.
Die ordentliche Gerichtsbarkeit ist in vier Stufen unterteilt: Die unterste Stufe bilden die Amtsgerichte, es folgen die Landgerichte, die Oberlandesgerichte und der Bundesgerichtshof. Arbeits-, Verwaltungs- und Sozialgerichtsbarkeit sind dreistufig. Bei der Arbeits- und Sozialgerichtsbarkeit bilden die Arbeits- und Sozialgerichte die unterste Stufe, es folgen die Landesgerichte und schließlich die Bundesgerichte. Bei der Verwaltungsgerichtsbarkeit sind es – von unten nach oben – die Verwaltungsgerichte, der Verwaltungsgerichtshof und das Bundesverwaltungsgericht. Die Finanzgerichtsbarkeit ist zweistufig; sie umfasst auf Landesebene das Finanzgericht und auf Bundesebene den Bundesfinanzhof.
Welchen Gesetzen muss der Bundesrat zustimmen?
Allen Gesetze, die das Grundgesetz, Abkommen mit anderen Staaten oder die Bundesländer unmittelbar betreffen, muss der Bundesrat zustimmen. Lehnt der Bundesrat die Zustimmung ab und legt sein Veto ein, bemüht sich der Vermittlungsausschuss um einen Kompromiss. Die Änderungsvorschläge des Vermittlungsausschusses müssen von Bundestag und Bundesrat akzeptiert werden, sonst ist die Gesetzesvorlage gescheitert.
Wer darf ein Gericht anrufen?
Jeder Bürger, der sich in seinen Rechten verletzt fühlt. Artikel 19 Absatz 4 GG garantiert den Bürgern, dass sie auch dann den Rechtsweg beschreiten dürfen, wenn die öffentliche Gewalt ihre Rechte verletzt. Bei vermeintlichem Verstoß gegen ein Grundrecht kann ein Bürger das Bundesverfassungsgericht anrufen.
Wussten Sie, dass …
das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) bereits am 1. Januar 1900 in Kraft trat? Damit galt erstmals in allen deutschen Ländern ein einheitliches Privatrecht.
sich das BGB in fünf Teile gliedert? Nach dem Allgemeinen Teil regelt es das Recht der Schuldverhältnisse, das Sachenrecht, das Familienrecht und das Erbrecht.
ein Gericht auch rechtspflegerische Aufgaben wahrnimmt? Dies gilt vor allem für das Amtsgericht, das u. a. als Behörde das Grundbuch führt sowie als Insolvenz- und Vollstreckungsgericht tätig ist.
Wussten Sie, dass …
der Bundesgerichtshof (BGH) seinen Sitz an zwei Standorten hat, und zwar in Karlsruhe und Leipzig? Der BGH besteht aus zwölf Zivil- und Straf- sowie acht Spezialsenaten.
das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG, Leipzig) in manchen Fällen erste und letzte Instanz ist? Dies ist z. B. bei Streitigkeiten zwischen Bund und Ländern der Fall.
der Bundesfinanzhof (BFH) der oberste Gerichtshof Deutschlands für Steuern und Zölle ist? Er hat seinen Sitz in München.
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