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Draht – Rohstoffe, Herstellung, Weiterverarbeitung
Rohstoffe und Herstellung
Lang und biegsam mit meist kreisförmigem Querschnitt lassen sich Drähte und Drahtbiegeteile für viele Branchen nutzbar machen. Dabei gibt es Drähte aus unterschiedlichsten Materialien. Am häufigsten werden für die Drahtherstellung folgende Rohstoffe und Materialien genutzt:
- Eisen
- Kupfer und Kupferlegierungen
- Messing
- Aluminium
- (rostfreier) Stahl
- Bronze
- Zink
- Silber
- Gold
- Titan
- Platin
Eine kurze Geschichte der Drahtherstellung
Die erste bekannte schriftliche Erwähnung von Draht und seiner Herstellung findet sich übrigens in der Bibel. Hier heißt es im Exodus: „Und man hämmerte Blattgold aus und schnitt es zu Fäden […]“. Runddrähte wurden früher wahrscheinlich hergestellt, indem Metallplatten in dünne Streifen geschnitten und anschließend mit Hammer und Feile in eine runde Form gebracht wurden. Diese Drähte waren vermutlich relativ kurz und es mussten mehrere Drahtstücke aneinander gelötet oder gehämmert werden, um mehr Länge zu erhalten.
Seit dem Mittelalter wurde zur Drahtherstellung das Drahtziehen genutzt. Über Jahrhunderte wurden dabei kürzere und grobe Drähte per Hand durch Metallmatrizen gezogen, um den Draht länger und dünner zu machen. Ein Drahtstück wurde durch die sich verjüngende Öffnung in der Matrize gebracht. Dem Drahtzieher kam dabei die Aufgabe zu, den Draht mit den Händen oder einer Zange zu fassen und durch die Matrize zu ziehen. Der Draht wurde so ganz ohne Materialverlust dünner und länger. Das Drahtziehen war jedoch eine sehr kraftraubende Arbeit und der Umfang der Reduzierung war durch die Kraft des Drahtziehers begrenzt. So wurden zum Teil recht kreative Hilfsmittel eingesetzt, um die Muskelkraft des Drahtziehers zu unterstützen und bestmöglich zu nutzen. Man verwendete beispielsweise Hängesessel, in denen der Drahtzieher saß und sich mit den Beinen gegen die Halterung der Matrize stützen konnte. So konnte er mit den Armen ziehen und sich mit den Beinen zusätzlich abdrücken und auf diese Weise mehr Kraft einbringen.
Als im 19. Jahrhundert mit der Industriellen Revolution, der Erfindung des Drahtseils und der Entwicklung der Telegraphen und des Telefons, der Bedarf an Draht enorm stieg, wurde das Bessemer-Verfahren zur Stahlerzeugung entwickelt und man nutzte nun sogenannte Windenscheiben-Grobzüge, um ein andauerndes Drahtziehen zu ermöglichen.
Drahtherstellung heute
Tatsächlich wird Draht noch bis heute gezogen. Das Verfahren an sich geht mittlerweile aber deutlich einfacher als noch vor Jahrzehnten oder gar Jahrhunderten. Moderne Maschinen übernehmen das, wofür früher Muskelkraft notwendig war. Doch das Prinzip des Drahtziehens besteht weiterhin darin, einen gewalzten, gegossenen oder geschmiedeten Metallrohling auf einer Seite anzuspitzen und ihn durch eine oder mehrere sich verjüngende Bohrungen zu ziehen, um das Werkstück im Durchmesser zu verkleinern und in der Länge zu strecken. Das Ziehwerkzeug wird Ziehdüse, Ziehstein oder Ziehring genannt. Die Ziehdüse bestimmt dabei nicht nur den Durchmesser des Drahts, sondern auch das Querschnittsprofil. Auf diese Weise kann beispielsweise nicht nur ein Runddraht, sondern auch ein Vierkantdraht hergestellt werden.
Dabei wird der Endquerschnitt in der Regel nicht in einem einzigen Arbeitsschritt erreicht. Mit dem Mehrfachzug – dem wiederholten Ziehen durch immer kleiner werdende Ziehdüsen – können jedoch sehr dünne Drähte hergestellt werden. Zwischen den Ziehstufen wird das Metall immer wieder geglüht, damit es nicht zu einer Kaltverfestigung kommt und das Metall hart und spröde wird.
Übrigens: Feinstdrähte können heute einen Durchschnitt von nur 0.015 mm haben.
Weiterverarbeitung und Nutzung
Draht kann in seiner Reinform Verwendung finden, muss aber abhängig von der Art der Nutzung nach dem Ziehen oftmals noch weiterverarbeitet werden. Dabei sind dann häufig nicht mehr die Drahtzieher, sondern die Drahtbieger gefragt. Zum Drahtbiegen kommen unterschiedliche Drahtbiegemaschinen zum Einsatz, die aus klassischen Industriemaschinen oder spezialgefertigten Maschinen bestehen können. Auf diese Weise sind Großserien und Mittelserien für die Industrie sowie Spezialanfertigungen möglich. Die Drahtbiegeteile können dabei die unterschiedlichsten Formen annehmen.
Zur Weiterverarbeitung des Drahts kann auch das Schleifen, Verzinken und Beschichten gehören.
Weiterverarbeitung zu Kabeln
Stark gefragt sind Drähte für die Verwendung in Kabeln für Informationstechnik und Elektrotechnik. Der Draht ist dabei Bestandteil eines mehrstufigen Produktionsprozesses. Der Draht selbst wird für die Kabelherstellung und bessere Flexibilität oftmals mit anderen Drähten verseilt. Es entsteht eine sogenannte Litze, die bei gleichem Querschnitt nicht nur flexibler ist als ein einzelner Draht, sondern auch eine bessere elektrische Leistung aufweist. Anschließend kann der Draht durch einen Extruder geführt werden, wo die Beschichtung aus Kunststoff oder einem anderen Isoliermaterial aufgebracht wird. Sind diese grundsätzlichen Schritte durchgeführt, kann das entstandene Kabel in einer entsprechenden Kabelstation für den endgültigen Verwendungszweck konfektioniert werden.
Ohne Draht wäre unser modernes Leben kaum denkbar. Drähte werden in allen technikgestützten Bereichen verwendet. Kein Wunder also, dass der Draht sogar sein eigenes Museum hat. Im Deutschen Drahtmuseum in Altena erfahren die Besucher in der Dauerausstellung ‚Vom Kettenhemd zum Supraleiter‘ alles über Geschichte, Herstellung und Nutzung des Drahts.