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Filmtipp: Power to Change – die Energie-Rebellion
Großkonzerne einerseits, Rebellen andererseits
Filmemacher Carl-A. Fechner beleuchtet in seinem Film einerseits die Macht und starke Lobby, die hinter Kohle, Atomstrom und Co steht. "Wir sehen, wie Großkonzerne im Energiebereich Lobbyisten in Gang setzen, um die Regierung zu beeinflussen, etwa über die Wirtschaftsweisen, wie wir einen im Film haben", erklärt Fechner.
Ziel der Großkonzerne sei es, dass die Strukturen erhalten bleiben, mit denen weiter Millionen verdienen. "Man kann nachweisen, dass etwa die PR-Initiative gegen das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) über ein Millionen Budget verfügt. Deren Methoden finde ich perfide – wir wollten mit dem Film etwas dagegensetzen."
Andererseits begleitet der Film die "Rebellen": Diejenigen, die sich schon seit Jahren für die Vision einer sauberen Stromversorgung einsetzen – und das auf ganz unterschiedliche Weise. Die Spannbreite reicht hier vom Kraftwerksbetreiber, der auf Ökostrom umstellt, über den deutschen Erfinder, der Pellets aus Pflanzenabfällen herstellt und ukrainische Umwelt-Aktivisten bis hin zum Stromsparhelfer, der in Berlin Haushalte mit Energiespartipps versorgt, um so im Kleinen dem Wandel Vorschub zu leisten.
Speicher für ein stabiles Netz
Auch wenn der Film stellenweise eher mit Werbefilm-Ästhetik und einfachen Botschaften daherkommt, die vorgestellten Techniken und ihre Nutzung sind real. Im Fokus stehen dabei vor allem Technologien, die dabei helfen können, den aus Sonne, Wind und Co erzeugten Strom besser ins Stromnetz zu integrieren und vor allem zu speichern.
Vorgestellt wird im Film beispielsweise das erste kommerzielle Batteriekraftwerk Europas in Schwerin. Durch Zusammenkopplung von Lithium-Ionen-Akkus kann diese 2014 in Betrieb genommenen Anlage fünf Megawatt Strom speichern. Die vollautomatische Anlage trägt dazu bei, dass kurzfristige Schwankungen der Netzfrequenz ausgeglichen werden. So sorgt sie unter anderem dafür, dass Wind- und Sonnenstrom sicher in das bestehende Netz integriert werden können.
Künftig könnten solche Stromspeicher aber auch sehr viel dezentraler organisiert sein – beispielswiese könnten Batteriespeicher in Haushalten und in Elektrofahrzeugen so zusammengeschaltet, dass Strom laden, wenn gerade Überschuss im Netz herrscht und Strom ans Netz liefern, wenn ein Mangel auftritt.
Power to Gas
Eine weitere Technologie, die als Stromspeicher eingesetzt werden kann, ist das sogenannte Power-to-Gas. Hierbei wird überschüssiger Strom aus erneuerbaren Energien genutzt, um brennbare Gase und alternative Antriebe herzustellen. Dadurch kann beispielsweise ein sommerlicher Überschuss an Solarstrom in Form des Gases gespeichert werden und nach und nach verbraucht.
Der Film stellt die Power-to-Gas-Anlage im niedersächsischen Werlte vor. Hier wird seit 2013 Wasser mit Hilfe "grünen" Stroms in Sauerstoff und Wasserstoff gespalten. Der Wasserstoff könnte als Treibstoff für künftige Brennstoffzellen-Autos dienen. Weil es aber bisher kaum solche Autos gibt, schließt die Anlage in Werlte direkt einen zweiten Schritt an: Sie wandelt den Wasserstoff durch eine Reaktion mit Kohlendioxid in das brennbare Gas Methan um – das Gas, aus dem auch Erdgas besteht. Dieses Gas wird ins deutsche Erdgasnetz eingespeist.
Pro Jahr produziert die Anlage in Werlte etwa 1.000 Tonnen e-gas und bindet dabei rund 2.800 Tonnen CO₂. Das entspricht etwa der Menge, die ein Wald mit über 220.000 Buchen im Jahr aufnimmt. Als Nebenprodukte fallen lediglich Wasser und Sauerstoff an. "Mit Hilfe von erneuerbaren Energien andere Kraftstoffe herzustellen und dabei auch noch CO2 aus der Luft zu ziehen fand ich sehr beeindruckend", sagt Fechner. "Das ist Hightech – und das Ergebnis ist ein alternativer Treibstoff."
"Die Umstellung erfasst alle Lebensbereiche"
Aber der Filmemacher hat noch Beispiele von innovativen Technologien, die die Energiewende voranbringen: "Was mich auch begeistert hat: die energetische Sanierung eines ganzen Stadtviertels in Berlin mit 24.000 Wohnungen", berichtet Fechner. "Hinterher brauchen wir 50 Prozent weniger Energie. Dadurch bleiben für die nächsten fünf Jahre Miete und Nebenkosten stabil. Ohne Sanierung wären sie mit den Energiekosten weiter angestiegen."
"Die Umstellung auf erneuerbare Energien erfasst alle Lebensbereiche. Und es wird viel zu wenig in der öffentlichen Diskussion wahrgenommen, dass sie den Menschen dient", betont Carl Fechner. Die Energiewende bringt seiner Meinung nach nicht nur Vorteile für die Umwelt und das Klima, sie ist auch mit mehr Gerechtigkeit, mehr Frieden und einem angenehmeren Lebensumfeld verbunden. "Niemand kann mir erzählen, dass ein Kohlekraftwerk in der Nachbarschaft angenehm ist, verglichen mit einer Windkraftanlage."
Kommt die Kehrtwende?
Trotz des Klimaabkommens vom Weltklimagipfel in Paris im Dezember 2015 sieht es momentan für die Energiewende zumindest international eher mau aus. Der Umstieg auf erneuerbare Energie kommt nur schleppend in Gang und teilweise gibt es sogar Rückschritte. So wurden in Deutschland allein in den letzten fünf Jahren fünf neuen Kohlekraftwerke in Betrieb genommen, in Großbritannien und andern Ländern wird die Atomkraft weiter ausgebaut.
Dennoch sind zumindest einige Experten gemäßigt optimistisch: "Eine Kehrtwende ist zwar unwahrscheinlich, bleibt aber machbar", sagt beispielsweise Hans-Joachim Schellnhuber, Leiter des Potsdam Instituts für Klimafolgenforschung. "Vielleicht kommt das Ende des fossilen Zeitaltes sogar schneller, als wir das heute zu träumen wagen."
POWER TO CHANGE - Die EnergieRebellion Offizieller Trailer:
fechnerMEDIA Produktion