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Früherkennung: Krebs erkennen, bevor es zu spät ist

Krebs ist eine der häufigsten Krankheiten – und eine der unerwartetsten. Denn oft werden die bösartigen Tumore erst entdeckt, wenn sie sich schon im Körper ausgebreitet haben. Um das zu verhindern, ist die Früherkennung entscheidend. Sie kann Leben retten und steht daher auch im Rahmen des diesjährigen Weltkrebstages am 4. Februar im Mittelpunkt. Aber wer sollte wann, welche Untersuchung machen? Warum sind sie wichtig und welche Risiken gibt es?
ABO, 04.02.2021

Gerade bei häufigen Krebsarten besteht meist eine größere Heilungschance, wenn sie früh erkannt werden und die Tumore noch klein und örtlich begrenzt sind.

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Über vier Millionen Deutsche leiden an Krebs und jedes Jahr erkranken über 500.000 Menschen neu daran – Tendenz steigend. Insgesamt erkrankt etwa jeder dritte Mann und jede fünfte Frau im Laufe des Lebens an einem Tumorleiden und noch immer sterben einige daran. Gerade bei häufigen Krebsarten wie Haut-, Darm- und Brustkrebs ist aber nachgewiesen, dass sie eine größere Heilungschance haben, wenn sie früh erkannt werden und die Tumore noch klein und örtlich begrenzt sind.

Warum zur Früherkennung?

Obwohl eine gesunde Lebensweise das Risiko an Krebs zu erkranken, verringern kann, garantiert sie nicht, dass man im Laufe seines Lebens nie erkrankt. Umso wichtiger ist es, wachsam zu sein. Denn je eher eine Krebskrankheit erkannt und behandelt wird, desto größer sind die Chancen für die Heilung. In frühen Stadien lassen sich Tumore meist erfolgreicher und schonender behandeln als in späten, denn dann sind häufig schon Tochtergeschwülste, Metastasen, entstanden und verteilen sich im Körper.

Deshalb unterstützen die gesetzlichen Krankenversicherungen auch einige Früherkennungsuntersuchungen, sie sind dadurch kostenlos. Dennoch nutzt nur jede zweite Frau über 20 und jeder fünfte Mann über 45 die Untersuchungen zur Krebsfrüherkennung. Und das, obwohl bei einigen Krebsarten wie Darm- und Gebärmutterhalskrebs schon die Vorformen einer bösartigen Geschwulst entdeckt und entfernt werden können, sodass sich Krebs gar nicht erst entwickeln kann.

Darmkrebs – einer der häufigsten

Über 50-Jährige erkranken immer häufiger an Darmkrebs, wobei Männer statistisch gesehen häufiger betroffen sind als Frauen. Wer einen ungesunden Lebensstil hat, raucht, übergewichtig ist oder bereits daran erkrankte Familienmitglieder hat, ist dabei meist einem höheren Risiko ausgesetzt. Fast jeder Darmkrebs entsteht aus gutartigen Vorformen, den Adenomen. Dabei handelt es sich um meist noch gutartige Polypen, vorstehende Wucherungen der Darmschleimhaut.

Bis sich diese Polypen zu bösartigem Darmkrebs entarten, dauert es in der Regel einige Jahre. Doch wenn es soweit ist, bleibt dies oft zunächst unbemerkt. Beschwerden wie etwa sichtbares Blut im Stuhl, Blässe und Gewichtsabnahme treten bei Darmkrebs meistens erst spät auf.

Deshalb werden kostenlose Vorsorge-Untersuchungen angeboten: Frauen und Männer ab 50 Jahren können einmal im Jahr einen Stuhltest machen, der den Stuhlgang auf Antikörper untersucht und so auch für uns nicht sichtbares Blut im Stuhl nachweist. Dieser immunologische Test gilt als empfindlich und erkennnt Vorstufen und blutenden Darmkrebs laut Studien relativ zuverlässig: Schätzungsweise stirbt von 1.000 Menschen, die regelmäßig über zehn Jahre einen Stuhltest machen, weniger als einer an Darmkrebs. Den Test erhält man meistens beim Hausarzt, einem Facharzt für Innere Medizin, bei einem Urologen oder Gynäkologen.

Fällt der Test positiv aus, folgt eine Darmspiegelung, um die Ursache für das Blut im Stuhl zu prüfen. Dabei schiebt der Arzt einen dünnen biegsamen Schlauch mit einem Licht und einer Kamera vom After aus durch End- und Dickdarm bis an den Übergang zum Dünndarm. Findet er dabei Adenome, entfernt er diese während der Untersuchung. So können die Vorstufen des Krebs entdeckt und entfernt werden, was eine Erkrankung meist verhindert. Eine Darmspiegelung können Männer ab 50 und Frauen ab 55 Jahren auch unabhängig vom Stuhltest kostenlos machen und nach zehn Jahren kostenfrei wiederholen.

In der ersten Stufe eines Hautkrebs-Screening untersucht ein dafür ausgebildeter Arzt die komplette Haut auf Auffälligkeiten.

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Hautkrebs vorbeugen

In Deutschland erkranken jährlich ungefähr über 275.000 Menschen an Hautkrebs, die meisten im Alter von über 55 Jahren. Während die weißen Hautkrebserkrankungen nur sehr selten Metastasen bilden, entstehen beim schwarzen Hautkrebs bereits früh Tochtergeschwülste. Entsprechend geringer sind die Heilungschancen bei einer zu späten Diagnose. Eine hohe Zahl an Pigmentmalen, helle Haut und unter anderem Sonnenbrände erhöhen das Risiko von Hautkrebs.

Um gerade die bösartigen Melanome schonender behandeln und kleinerer Tumore operieren oder medikamentös bekämpfen zu können, bieten die Krankenkassen Menschen ab 35 Jahren alle zwei Jahre ein Hautkrebs-Screening der gesamten Körperoberfläche an. Dabei untersucht ein dafür ausgebildeter Arzt die komplette Haut mit einer Lampe auf Auffälligkeiten.

Ein Anzeichen auf Hautkrebs wird im Anschluss erst noch von einem Dermatologen geprüft. Wenn dieser einen Krebsverdacht bestätigt, entnimmt er eine Gewebeprobe, die dann in einem Labor untersucht wird. Danach kann der Dermatologe eine richtige Diagnose stellen und bei einem bestätigten Verdacht den Hautkrebs behandeln.

Brustkrebs – häufigste Krebserkrankung bei Frauen

Nach Schätzungen des Robert Koch-Instituts erkranken von jeweils 100.000 Frauen jährlich über 160 an Brustkrebs. Die meisten Frauen bekommen diesen Krebs, wenn sie älter als 50 Jahre sind n. Auch hier kann man den Krebs oft nicht direkt selbst feststellen, da man im frühen Stadium keine Beschwerden oder Schmerzen hat. Anzeichen können aber unter anderem ungewohnte Verhärtungen oder Knoten in der Brust, Schwellungen in der Achselhöhle oder Veränderungen der Brustwarze sein.

Um die Zahl der tumorbedingten Todesfälle zu senken und um kleinere Tumoren frühzeitig operieren zu können, bezahlen Krankenkassen Frauen ab 30 Jahren jährlich eine ärztliche Tastuntersuchung auf diese Anzeichen und von 50 bis 69 Jahren zudem alle zwei Jahre eine Mammographie, bei der beide Brüste geröntgt werden. Damit können die Ärzte schon sehr kleine, nicht tastbare Tumoren erkennen.

Mit der modernen Mammographie können die Ärzte schon sehr kleine, nicht ertastbare Tumoren erkennen.

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Gebärmutterhalskrebs meist durch Viren

In Deutschland bekommen von 100.000 Frauen jährlich etwa elf die Diagnose Gebärmutterhalskrebs. Die meisten sind dabei zwischen 40 und 60 Jahre alt. Für das Entstehen dieser Krebsart sind häufig die sogenannten Humanen Papilloma Viren (HPV) verantwortlich. Diese Viren übertragen sich meist bei ungeschütztem Geschlechtsverkehr. Deshalb ist das Risiko, an diesem Krebs zu erkranken, besonders hoch, wenn man oft einen anderen Sexualpartner hat.

Im Durchschnitt dauert es etwa zehn Jahre, bis sich aus einer HPV-Infektion ein Gebärmutterhalskrebs entwickelt. Seit einigen Jahren können Jugendliche  im Alter von neun bis 18 Jahren vorbeugend eine Impfung gegen das Humane Papilloma Virus (HPV) bekommen. Dies verhindert eine Infektion und verringert das Risiko für Gebärmutterhalskrebs deutlich.

Dennoch ist regelmäßige Vorsorge wichtig – gerade für nicht geimpfte Frauen. Denn bösartige Zellveränderungen können bei einer Früherkennungsuntersuchung erkannt und Vorstufen des Gebärmutterhalskrebses operiert werden. Krankenkassen bieten Frauen zwischen 20 bis 34 Jahren dafür jährlich eine Abstrich-Untersuchung des Gebärmutterhalses, den PAP-Test, an. Frauen ab 35 Jahren erhalten alle drei Jahre einen PAP-Abstrich und zusätzlich einen Test auf HPV. Der Vergleich von Erkrankungszahlen hat gezeigt, dass durch den regelmäßigen PAP-Test weniger Frauen an Gebärmutterhalskrebs erkranken oder daran sterben.

Prostatakrebs: Häufigste Krebserkrankungen bei Männern

Statistisch gesehen erkranken in Deutschland rund 150 von 100.000 Männern jährlich neu an Prostatakrebs. Die Krankheit tritt besonders häufig bei Männern in fortgeschrittenem Alter auf. Als mögliche Früherkennungsuntersuchung bieten Krankenkassen allen Männern ab 45 Jahren deshalb jährlich eine kostenlose Tastuntersuchung der Prostata durch den Enddarm an.

Eine weitere Methode der Früherkennung bei Prostatakrebs ist der sogenannte PSA-Test. Diesen zahlt die Krankenkasse aber nur bei Symptomen oder einer Vorerkrankung an der Prostata. Bei dem Test wird die Konzentration des Prostata-spezifischen Antigens (PSA) gemessen. Es handelt sich dabei um einen Eiweißstoff, der in der Prostata produziert und bei einer Krebserkrankung in ungewöhnlich großen Mengen ins Blut gelangt.

Ein auffälliger Fund bei dem Test reicht aber meist nicht aus, um eine Krebserkrankung sicher festzustellen, denn die PSA-Konzentration kann auch durch andere Einflüsse wie das vorherige Abtasten oder eine Entzündung ansteigen und nimmt auch mit dem Alter zu. Deshalb  wird häufig ein zweiter Test zur Sicherheit gemacht. Bestätigt sich der Verdacht, wird der Krebs zunächst regelmäßig kontrolliert und kann im fortgeschrittenen Stadium unter anderem mit einer Operation oder Bestrahlung behandelt werden.

Für Hodenkrebs und anderen generellen Krebserkrankungen wie beispielsweise Nieren-, Leber-, Schilddrüsen- oder Magenkrebs gibt es bisher keine speziellen Früherkennungsuntersuchungen. Bei einem Verdacht auf eine dieser Erkrankungen durch typische Symptome - die man zum Beispiel beim Deutschen Krebsforschungszentrum prüfen kann - oder schon aufgetretene Erkrankungen in der Familie sollte man aber in allen Fällen den Arzt informieren, der dann auch regelmäßige Untersuchungen für diese Krebsarten durchführt.

Mit Risiken und Nebenwirkungen

Obwohl Früherkennung Leben retten kann und Vorsorgeuntersuchungen bei vielen Krebsarten sinnvoll und hilfreich sind, können einige Untersuchungen auch Nebenwirkungen haben. Dies gilt vor allem für weitergehende, invasivere Untersuchungen wie Biopsien oder endoskopische Untersuchungen. So können bei einer Darmspiegelung Probleme wie Blutungen entstehen. Wenn bei einem Verdacht auf Brust- oder Gebärmutterhalskrebs Gewebeproben entnommen werden, kann es ebenfalls zu Nachblutungen oder lokalen Infektionen kommen.

Außerdem gilt, dass keine der Untersuchungen zu 100 Prozent zuverlässig ist und sich ein Verdacht auf Krebs nicht immer bestätigt. Zum Beispiel können bei Tastuntersuchungen gerade Vorstufen von Tumoren nur schwer festgestellt werden. Zudem muss man, bis das Ergebnis einer Abklärungsuntersuchung vorliegt, eine gewisse Zeit mit der Unsicherheit, vielleicht Krebs zu haben, leben. Zusätzlich können die Diagnosen einer Früherkennungsuntersuchung beispielsweise starke Ängste auslösen, wenn ein Verdacht bestätigt wurde, aber noch die Therapie nicht geklärt ist oder aber aus medizinischen Gründen noch nicht ansteht.

Bei routinemäßigen Früherkennungs-Untersuchungen kann es zudem zu einer sogenannten Überdiagnose kommen: Dabei entdeckt der Arzt zum Beispiel Veränderungen am Gewebe, die auf eine Entartung hinweisen. Bei einigen Krebsraten, wie beispielsweise beim Prostatakrebs, kann es aber sein, dass sich der Tumor nur langsam oder gar nicht weiterentwickelt. Er würde daher in der Lebenszeit des Patienten wahrscheinlich keine Beschwerden verursachen. In diesem Fall hat die Diagnose keinen Überlebensnutzen, sondern belastet den Betroffenen nur unnötig. Zusätzlich kann es infolgedessen auch zur Übertherapie kommen, bei der der Betroffene behandelt wird, obwohl es überflüssig ist.

Das persönliche Risiko abschätzen

Die Deutsche Krebshilfe empfiehlt, vor einen Test das persönliche Risiko abzuschätzen. Dafür sollte man sich selbst zum Beispiel fragen, wie gefährdet man durch seinen Lebensstil oder die Verwandtschaft ist, welche Nebenwirkungen die Untersuchungen haben und wie oft die Ergebnisse richtig oder falsch sind.

Allgemein ist es also sinnvoll, für die Untersuchung jeder Krebsart die Vorteile und Risiken genau zu recherchieren. Dennoch gilt für die meisten Krebsarten, dass eine möglichst frühe Erkennung die Chancen auf ein krebsfreies Weiterleben deutlich erhöht.