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Hitzewelle: Warum es Städte besonders hart trifft
Es wird heißer – und das immer häufiger. Bei uns in Deutschland klettert das Thermometer inzwischen im Sommer immer häufiger auf Werte über 30 Grad. Der anhaltende Hitzesommer 2018, aber auch die wiederkehrenden Hitzewellen des Sommers 2019 geben uns damit schon einmal einen Vorgeschmack dessen, was im Zuge des Klimawandels auf uns zukommt. Denn Klimaforscher sind sich einig darin, dass Extremwetter wie Hitzewellen und Dürren schon jetzt häufiger vorkommen als noch vor Jahrzehnten – und dass sich dieser Trend in Zukunft fortsetzen wird.
Die Städte trifft es besonders hart
Unter der brütenden Hitze leiden vor allem die Stadtbewohner. Sowohl für den Menschen, als auch für Tiere und Straßenbäume sind die Bedingungen in Ballungsräumen besonders hart. Denn im Betondschungel der Städte ist es noch heißer als anderswo. Studien zeigen, dass viele Städte in den letzten gut 65 Jahren eine im Schnitt doppelt so stark Erwärmung erlebt haben wie die ländlichen Regionen.
Bis zum Ende des Jahrhunderts könnte ein Viertel der globalen Ballungsräume dadurch sieben Grad wärmer sein als heute – das ist weit mehr als der für diese Zeit prognostizierte Temperaturdurchschnitt. Geografisch ausgedrückt bedeutet dies, dass zukünftig in vielen Städten ein Klima herrschen könnte, wie bisher einige hundert Kilometer weiter südlich. So könnte Hamburg Sommertemperaturen wie in Albanien erleben, London ein Klima wie die italienische Stadt Mailand.
In den Ballungsräumen leiden dadurch aber nicht nur die Bewohner, die Hitze hat auch handfeste wirtschaftliche Folgen. Denn durch den zunehmenden Energieverbrauch für Klimaanlagen und Kühlung entstehen mehr Kosten. Auch der Wasserverbrauch steigt und bei extremer Hitze können Schäden an Straßen, Bahnanlagen oder anderen Teilen der Infrastruktur entstehen. Gleichzeitig aber nimmt die Produktivität der Stadtbewohner und der in urbanen Gebieten ansässigen Unternehmen deutlich ab: Wer unter Hitzestress leidet, arbeitet schlechter und wird unter Umständen sogar krank.
Städte als Wärmeinseln
Was aber ist der Grund dafür, dass ausgerechnet die Städte so stark von Hitzewellen betroffen sind? Schon unter normalen Bedingungen ist die Stadt eine Wärmeinsel: Sowohl im Winter als auch im Sommer ist es in Großstädten mehrere Grad wärmer als im Umland. Der Grund dafür: Die vielen Beton- und Asphaltflächen der Stadt heizen sich in der Sonne sehr schnell und stark auf – weit stärker als die Wälder, Weiden oder Äcker im Umland. Zudem speichern sie die tagsüber aufgenommene Wärme und geben sie nachts nur langsam wieder ab. Dadurch wirken Straßen und Häuserfassaden selbst in den kühleren Nächten wie eine Heizung.
Hinzu kommt: Auf dem Land sorgen Vegetation und Gewässer für zusätzliche Kühlung durch die Verdunstung von Wasser. In der Stadt jedoch gibt es meist nur wenige Grünflächen, so dass dieser Kühleffekt kaum zum Tragen kommt. In den Stadtzentren blockieren zudem dichte Bebauung und oft hohe Häuser die Luftzirkulation, so dass heiße Luft schlechter vom Wind wegtransportiert wird. Forscher haben festgestellt, dass gerade die regelmäßige, gitterartige Struktur vieler Großstädte den Wärmeinsel-Effekt besonders verstärkt. Unregelmäßigere Grundrisse, wie sie oft bei kleineren, alten Städten zu finden sind, fördern dagegen die Luftzirkulation.
Was kann man dagegen tun?
Für die Städte in Deutschland, aber auch anderswo bedeutet dies, dass sie sich anpassen müssen. Eine Möglichkeit, dem Wärmeinsel-Effekt entgegenzuwirken, ist die Gestaltung der Straßen, Dächer und Gebäude. Denn schon die richtige Farbe oder das Material von Oberflächen kann die Aufheizung verringern. So ist es beispielsweise kein Zufall, dass die Häuser in vielen Regionen rund ums Mittelmeer weiß oder hellbeige verputzt und gestrichen sind. Die weißen Flächen reflektieren einen großen Teil des Sonnenlichts und heizen sich dadurch weniger stark auf als dunklere Fassaden.
Ähnliches gilt für Straßen und Dächer: Rote Dachziegel speichern bedeutend weniger Wärme als schwarze, und heller statt dunkler Asphalt kann im Sommer sogar einen Unterschied von bis zu 20 Grad ausmachen.
Grasdach statt Ziegel, Gingko statt Sommerlinde
Ein besonders wichtiger Helfer gegen den Wärmeinsel-Effekt sind jedoch Pflanzen: Je mehr Beton- und Asphaltflächen bepflanzt werden, desto geringer fällt die Heizwirkung dieser Flächen aus. Begrünte Dächer, mit Rasen besäte Parkplätze oder auch Fassaden mit Efeu und anderem Pflanzenbewuchs können schon dazu beitragen, ein Gebäude oder einen Straßenzug spürbar abzukühlen. Auch Wasserflächen in Form von Teichen, künstlichen Bachläufen oder Springbrunnen wirken kühlend.
Eine weitere Maßnahme setzt bei den Straßenbäumen an: Viele Baumarten, die bisher als Straßenbäume unseren Städten stehen, werden mit dem zukünftigen Klima nicht mehr zurechtkommen – es wird ihnen zu heiß und zu trocken. Vor allem großblättrige heimische Baumarten wie der Bergahorn oder Sommerlinde leiden besonders unter der Kombination von Trockenstress und Hitze.
Deshalb testen Forscher heute schon in mehreren Städten, welche Baumarten aus südlicheren Gefilden besser unter den Bedingungen im heißen Betondschungel überleben. Unter den Kandidaten sind beispielsweise Eichen-, Linden- und Ahornarten aus Nordamerika und dem Mittelmeerraum, aber auch asiatische Baumarten wie der Gingko.
All diese Maßnahmen werden die kommenden Hitzewellen zwar nicht verhindern, sie könnten aber das Leben in der Städten zumindest etwas erträglicher machen.