Lexikon
Homosexualitạ̈t
[griechisch + lateinisch]
Gleichgeschlechtlichkeit; Homophilieim Unterschied zur Heterosexualität die sexuelle Beziehung oder Neigung zum eigenen Geschlecht, heute sowohl für Männer (Schwule) als auch für Frauen (Lesben) gebraucht. Seit den grundlegenden Untersuchungen des Sexualforschers A. Kinsey Ende der 1940er Jahre ist bekannt, dass etwa 4 % aller Männer und etwa 2 % aller Frauen ausschließlich homosexuell sind, der Anteil mit gelegentlichen homosexuellen Kontakten aber wesentlich größer ist. Eine der wesentlichen Erkenntnisse des Kinsey-Reports war, dass Hetero- und Homosexualität als mögliche Verhaltensweisen in einem Individuum nebeneinander angelegt sind und je nach den gegebenen Rahmenbedingungen die eine oder andere Verhaltensweise zur Ausprägung kommen kann (Bisexualität).
Die Ursachen der Homosexualität sind bis heute nicht bekannt. Die Theorien zur Entstehung der Homosexualität haben sich im Laufe der Zeit gewandelt. Im 19. Jahrhundert galt die Homosexualität als medizinisch-psychiatrisches Problem und als sozial schädlich. Zu einem Wandel in der Bewertung der Homosexualität kam es zu Beginn des 20. Jahrhunderts vor allem durch S. Freud, der die Homosexualität als eine natürliche Variante menschlicher Sexualität erkannte, die auch im heterosexuellen Individuum als Möglichkeit angelegt ist und erst durch bestimmte frühkindliche Prägungen manifest wird. Freuds Hypothese einer extremen Mutterfixierung als Ursache für die Ausprägung einer Homosexualität gilt heute allerdings als überholt. Stattdessen gehen manche Theorien heute davon aus, dass die sexuelle Orientierung schon vor der Geburt angelegt ist. Auch eine genetische Komponente wird diskutiert. Andere wiederum glauben weiterhin, dass sich Homosexualität erst durch Erfahrungen in der frühen Kindheit oder in der Pubertät oder auch später ausprägt. Auch eine Kombination aus diesen Ursachen erscheint denkbar. Unter Homosexuellen wird die Forschung nach den Ursachen der Homosexualität oft kritisch gesehen, weil befürchtet wird, dass Ergebnisse zu erneuter Diskriminierung führen könnten.
Christopher-Street-Day (1994)
Christopher-Street-Day (1994)
© Corbis/Bettmann/Reuters
In der Bundesrepublik Deutschland galt Homosexualität zwei Jahrzehnte lang weiterhin als Straftatbestand (§ 175 StGB). In den 1970er Jahren kam es zu einer Emanzipationsbewegung der Homosexuellen, die in der Gesellschaft zu einer breiteren Akzeptanz dieser Personengruppe geführt hat. Durch eine Strafrechtsreform 1973 wurden nur noch homosexuelle Handlungen mit männlichen Jugendlichen unter 18 Jahren unter Strafe gestellt. Mit dem Aufkommen der Immunschwächekrankheit Aids, die sich zunächst vor allem unter Homosexuellen ausbreitete, nahmen Diskriminierung und Ausgrenzung der Betroffenen zeitweise erneut zu. Durch das Lebenspartnerschaftsgesetz können seit 2001 gleichgeschlechtliche Paare eine behördlich eingetragene Lebenspartnerschaft eingehen.
Die europäischen Länder stellen Homosexualität unter Erwachsenen nicht mehr unter Strafe. In der Bundesrepublik Deutschland wurde der Paragraph 175 StGB erst 1994 aufgehoben.
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