Lexikon

Mann

Weimarer Krise und Zweiter Weltkrieg

Manns Essays zu Freud (1929), Goethe (1932), Wagner (1933) und Nietzsche reflektieren seine gewandelten Ansichten und verdeutlichen die Zerbrechlichkeit von Toleranz, Vernunft und Menschlichkeit unter den Zeitumständen. In der Ansprache „Ein Appell an die Vernunft“ 1930 und auf folgenden Vortragsreisen attackierte er offen den aufstrebenden Nationalsozialismus. Nach der Machtübernahme lebte er zunächst in Zürich, ab 1938 in den USA, deren Staatsbürgerschaft er 1944 annahm. Nach dem Krieg besuchte er Deutschland oft, lebte aber ab 1952 bis zu seinem Tod in der Schweiz. 1933 erschien mit „Joseph und seine Brüder“ der erste Roman eines Zyklus (4 Bände 19331943, 1939, 1947), in dem Mann das Leben des biblischen Joseph humorvoll-ironisch und mit mythologischen Bezügen versehen, als das Hervortreten des eigenverantwortlichen Individuums beschreibt. In „Lotte in Weimar“ 1939 lässt er die nunmehr gealterte Heldin aus Goethes „Werther“ ihrem früheren Verehrer begegnen. Auf dem Höhepunkt des Krieges entstand 1943 „Doktor Faustus“ (veröffentlicht 1947), Manns politischstes Werk. Anhand der Geschichte des Komponisten Leverkühn beschreibt der Roman symbolisch den Niedergang und die Zerstörung Deutschlands unter den Nationalsozialisten.
  • Erscheinungsjahr: 1939
  • Veröffentlicht: Deutsches Reich
  • Verfasser: Mann, Thomas
  • Deutscher Titel: Lotte in Weimar
  • Genre: Roman
Thomas Mann (* 1875,  1955), Literaturnobelpreisträger 1929, seit 1933 im Exil, legt mit dem Roman »Lotte in Weimar«, der beim Verlag Bermann-Fischer in Stockholm erscheint, eine Art Fortsetzung des Briefromans »Die Leiden des jungen Werthers« von Johann Wolfgang von Goethe vor. Im Mittelpunkt steht die Begegnung zwischen dem 65-jährigen Goethe, dem Werther des Briefromans von 1774, und der inzwischen ebenfalls über 60-jährigen, verwitweten Charlotte Kestner, der »Lotte« des Romans, im Jahr 1816 in Weimar. Für die gealterte Charlotte überlagert sich die »große Wirklichkeit des Werther« immer wieder mit der »kleinen« des Alltagslebens. Der Darstellung der Persönlichkeit Goethes und der Verhältnisse am Weimarer Hof verleiht Mann ein hohes Maß an historischer Authentizität, die den kämpferischen Geist und die Ideale der Klassik für die Gegenwart lebendig macht als Gegenbild zur NS-Kulturbarbarei.
  • Erscheinungsjahr: 1947
  • Veröffentlicht: Deutschland
  • Verfasser: Mann, Thomas
  • Deutscher Titel: Doktor Faustus
  • Genre: Roman
Im Rahmen der seit 1938 bei Bermann-Fischer erscheinenden »Stockholmer Gesamtausgabe der Werke« sowie bei Suhrkamp in Frankfurt am Main erscheint der im Exil in den USA entstandene Roman »Doktor Faustus« des Literaturnobelpreisträgers Thomas Mann (* 1875,  1955), ein Werk, das in seiner formalen und geistigen Geschlossenheit zu den bedeutendsten der gesamten Weltliteratur zählt und gleichzeitig eine Epochenbilanz darstellt, eine Abrechnung des »bürgerlichen« Thomas Mann mit dem bürgerlichen Kulturverfall; vielfach wird in diesem 800-Seiten-Opus eine Absage des Autors an die eigene Herkunft gesehen. Nach der Niederlage der Wehrmacht bei Stalingrad im Mai 1943 beginnt der vorzeitig pensionierte Gymnasiallehrer Dr. Serenus Zeitblom in seiner Gelehrtenstube in Freising, das Leben seines 1940 verstorbenen Freundes Adrian Leverkühn niederzuschreiben. Diese Lebensbeschreibung, in die immer wieder Gedanken über die letzten Jahre des Faschismus und Sorgen über das Näherrücken der Front eingeflochten sind, beendet Zeitblom im Mai 1945 nach dem Zusammenbruch des Faschismus. Dies ist der beziehungsreiche Rahmen, in den die Vita des hoch begabten Tonkünstlers Leverkühn, eines »Repräsentanten der deutschen Seele«, gestellt ist. Um musikalisch zu höchster Produktivität fähig zu sein in einer Zeit, in der die musikalischen Tiefen bereits ausgeschöpft zu sein schienen , verschreibt sich Leverkühn in dieser ihm ausweglos erscheinenden Kulturkrise dem Teufel, den »dunklen unteren Mächten« Bedingung ist, dass Leverkühn nicht lieben darf: »dein Leben soll kalt sein, darum darfst du nicht lieben« , verfällt in Wahnsinn und wird vom Teufel geholt. Zeitblom beendet die Biografie mit den Worten: »Gott sei eurer armen Seele gnädig, mein Freund, mein Vaterland.« Für Thomas Mann ist die Musik nur ein Beispiel, »nur Mittel, die Situation der Kunst überhaupt, der Kultur, ja des Menschen, des Geistes selbst in unserer durch und durch kritischen Epoche auszudrücken«.
  1. Einleitung
  2. Erste literarische Früchte
  3. Betrachtungen eines Unpolitischen
  4. Weimarer Krise und Zweiter Weltkrieg
  5. Klassiker des 20. Jahrhunderts
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