Lexikon

Pakistan

Im Bann von Militarismus und Islamismus

Aus den Parlamentswahlen ging 1988 die PPP als stärkste Partei hervor. Benazir Bhutto, die Tochter Z. A. Bhuttos, wurde Premierministerin. Bis 1999 wechselten sich nun von Bhutto geführte Kabinette mit Regierungen der PML unter Nawaz Sharif ab. Ihnen gelang es nicht, die vielfältigen innenpolitischen Probleme zu lösen. Dies betraf sowohl das Erstarken des islamischen Fundamentalismus als auch die ansteigende Inflation. Als Reaktion auf indische Atomwaffentests führte auch Pakistan 1998 mehrere solcher Tests durch. 1999 eskalierte erneut der Kaschmir-Konflikt. Im selben Jahr setzte sich Generalstabschef Pervez Musharraf nach einem unblutigen Militärputsch an die Spitze des Staates und ließ sich 2001 als Präsident vereidigen. Umfangreiche Verfassungsänderungen (Legal Framework Order) stärkten die politische Macht des Staatsoberhauptes. Die Außenpolitik stand im Zeichen der Entwicklungen im Nachbarland Afghanistan nach dem Sturz des von Pakistan lange geförderten Talibanregimes.
Trotz innenpolitischer Widerstände bemühte sich Musharraf, die USA im Kampf gegen das Terrornetzwerk Al Qaida zu unterstützen. Dabei konnte die pakistanische Regierung nicht verhindern, dass die an Afghanistan grenzende North West Frontier Province zum Rückzugsgebiet für Taliban und Al Qaida wurde. Zur Lösung des Kaschmir-Problems verfolgten Pakistan und Indien mit vertrauensbildenden Maßnahmen eine Politik der „kleinen Schritte“ (z.  B. Öffnung von Verkehrsverbindungen).
Die Suspendierung des Obersten Richters Pakistans durch Musharraf löste 2007 landesweite Proteste aus. Auseinandersetzungen mit radikalen Islamisten führten im selben Jahr zur Erstürmung der Roten Moschee in Islamabad durch pakistanische Sicherheitskräfte. Die Wiederwahl Musharrafs zum Präsidenten im Oktober 2007 erfolgte unter dem Vorbehalt einer rechtlichen Prüfung durch den Obersten Gerichtshof. Im selben Monat forderte ein missglücktes Selbstmordattentat auf die aus dem Exil zurückgekehrte frühere Regierungschefin Benazir Bhutto in Karachi über 130 Tote. Am 3. 11. 2007 verhängte Musharraf den Ausnahmezustand und setzte die Verfassung außer Kraft. Eine Übergangsregierung wurde mit der Führung der Amtsgeschäfte bis zu den für 2008 angekündigten Parlamentswahlen beauftragt. Das personell neu zusammengesetzte Oberste Gericht bestätigte die Rechtmäßigkeit von Musharrafs Wiederwahl endgültig. Dieser legte sein Amt als Generalstabschef nieder und trat am 29. 11. 2007 seine zweite Amtszeit als Staatspräsident an. Im Dezember 2007 hob er den Ausnahmezustand auf. Benazir Bhutto fiel im selben Monat in Rawalpindi einem neuerlichen Anschlag eines Selbstmordattentäters zum Opfer. Bei den Neuwahlen zum Parlament im Februar 2008 wurde die PPP vor der PML-N zur stärksten politischen Kraft. Die Musharraf und der Armee nahe stehende PML-Q musste starke Stimmenverluste hinnehmen. PPP und PML-N einigten sich auf die Bildung einer gemeinsamen Regierung. Neuer Premierminister wurde Yusuf Raza Gilani (PPP).
Die neue Regierung sah sich mit großen Herausforderungen konfrontiert. Im Nordwesten des Landes nahmen die Auseinandersetzungen mit militanten Islamisten zu. Stark steigende Energie- und Lebensmittelpreise beflügelten die Inflation und stürzten die pakistanische Wirtschaft in eine schwere Krise. Gleichzeitig entbrannte ein innenpolitischer Machtkampf mit dem Präsidenten. Nach der Androhung eines Amtsenthebungsverfahrens durch die Regierung trat Musharraf im August 2008 schließlich zurück. Im Anschluss an den Rücktritt erklärte die von Nawaz Sharif geführte PML-N den Austritt aus der Regierungskoalition. Die PPP bildete eine neue Koalition mit der MQM und kleineren Parteien. Im September 2008 wurde Asif Ali Zardari (PPP), der Witwer von Benazir Bhutto, zum neuen Staatspräsidenten gewählt. In der Folge militärischer Auseinandersetzungen zwischen der Armee und Talibankämpfern flohen 2008/09 Hunderttausende aus Nordwestpakistan. Im Dezember 2010 zog sich die MQM aus der Regierung zurück. Im Mai 2011 wurde Al-Qaida-Gründer Osama Bin Laden in der pakistanischen Stadt Abbottabad gestellt und bei einem Einsatz von US-amerikanischen Spezialkräften erschossen. Durch ein Urteil des Obersten Gerichthofes vom 19. 6. 2012 verlor Premierminister Gilani sein Amt. Das Parlament wählte am 22. 6. 2012 den PPP-Politiker Raja Pervez Ashraf (* 1950) zum Nachfolger.
  1. Einleitung
  2. Natur und Klima
    1. Subtropisch-kontinentales Klima
  3. Bevölkerung
  4. Bildung
  5. Staat und Politik
  6. Wirtschaft und Verkehr
    1. Bewässerungswirtschaft
    2. Textilien und Teppiche
    3. Verkehrsnetz im Aufbau
  7. Geschichte
    1. Staatsgründung und Sezession Ostpakistans
    2. Zulfikar Ali Bhutto und Zia ul-Haq
    3. Im Bann von Militarismus und Islamismus
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