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Marcel Reich-Ranicki - ein bewegtes Leben

Schon zu Lebzeiten war Marcel Reich-Ranicki eine Legende: Kein Literaturkritiker im deutschsprachigen Raum besaß ein solches Renommee wie er - dabei war sein Urteil stets gefürchtet, seine Verrisse galten als erbarmungslos. Seit seiner Jugend widmete Reich-Ranicki seine Aufmerksamkeit ganz der deutschen Literatur und avancierte im Laufe seines bewegten Lebens zum Starkritiker.

Frühe Leidenszeit

Marcel Reich-Ranicki hat viel Leid gesehen in seinem Leben. Ihren Anfang nimmt eine der bedeutendsten Karrieren in der Literaturgeschichte des 20. Jahrhunderts am 2. Juni 1920 in Wloclawek an der Weichsel, als der Sohn eines polnisch-jüdischen Kaufmanns und seiner deutsch-jüdischen Frau geboren wird - Marcel Reich.

Schon mit neun Jahren vollzieht sich der erste Einschnitt im Leben des jungen Marcel Reichs: Die väterliche Fabrik, in der Baumaterialien hergestellt wurden, geht Pleite - die Reichs siedeln nach Berlin über, wo der junge Marcel das Werner-von-Siemens-Gymnasium besucht und, nach dessen Auflösung 1935, an das angesehene Fichte-Gymnasium wechselt. In diese Jugenzeit fällt die so nachhaltige Begegnung mit der deutschen Literatur und der blühenden Berliner Theaterszene der 30er Jahre.

Die Repressalien der Nationalsozialisten werden jedoch immer größer und führen schließlich 1938, kurz nachdem Marcel Reich das Abitur abgelegt hat, zur Ausweisung nach Polen. Am 28.Oktober 1938 muss er mit der Familie das Land verlassen als Deportierter. Die nächsten Jahre sollten die brutalsten und prägendsten seines Lebens werden: Es ist die Zeit der nationalsozialistischen Diktatur in Polen während des Zweiten Weltkriegs, die dem jüdischen Volk unvorstellbares Leid zufügt. Im ummauerten Warschauer Ghetto werden auf vier Quadratkilometern über 400 000 Juden unter unmenschlichen Lebensbedingungen zusammengepfercht - Hunger, Kälte und Seuchen fordern unzählige Opfer.

 

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