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Neu-Brillenträger: Tipps für die ersten Tage und Zubehör
Nicht wundern, nicht zagen
Durch die gesamte Geschichte der Brille seit ihrer Erfindung um 1280 zieht sich ein roter Faden: Alle, die sie erstmals tragen, fühlen eine regelrechte Sensation. Klar, das Bild, das man nun sieht, unterscheidet sich teils gravierend von dem, was man vorher sah – das liegt daran, dass das Gehirn Sehschwächen nicht als solche wahrnimmt, weil sie so langsam auftreten. Setzt man hingegen die Brille auf, ist der Unterschied schlagartig.
Aber: Genau das führt in den ersten Tagen auch dazu, dass viele zweifeln. Manche bekommen Kopfschmerzen, andere ein duseliges Gefühl, als wären sie beschwipst, manche sogar Nacken- und Rückenschmerzen. Besonders, aber nicht ausschließlich, bei Gleitsichtbrillen. Und viele denken dann, dass mit der Brille irgendetwas nicht stimmt – stimmt aber nicht. Denn heutige Brillen sind computervermessen und von digitalen Maschinen geschliffen. Sie stimmen exakt. Was hingegen nicht stimmt, ist die Wahrnehmung im Gehirn. Das fühlt sich verpflichtet, die Seheindrücke weiterhin zu korrigieren, obwohl das ja nicht mehr nötig ist. Daraus ergibt sich dieses „Watte-Gefühl“ – das sich nach vier Wochen konsequenten Tragens gelegt haben wird.
Versichern
Dafür, dass man sie im Zweifelsfall jeden wachen Moment trägt – bei allen Aktivitäten – sind Brillen erstaunlich fragile Konstrukte, das gilt nicht nur für rahmenlose Stücke. Doch Brillen sind auch hochpräzise optische Instrumente, die sich kaum von Ferngläsern oder Teleskopen unterscheiden. Im Gegensatz zu denen unterliegen sie jedoch viel stärker gravierenden Risiken. Das gilt ganz besonders für Brillen, die man nicht dauernd tragen muss – die auf die Couch gelegte Sehhilfe, auf die man sich versehentlich setzt, ist weit mehr als ein Klischee.
Aus diesem Grund sollte man seine Brille grundsätzlich versichern lassen. Was eine solche Versicherung beinhaltet, zeigt das, was die Branchengröße Fielmann offeriert:
- Versicherungsdauer 12 Monate bis auf Widerruf
- 10€/Jahr für Einstärkengläser, 50€/Jahr für Mehrstärkengläser
- Bei Bruch, Beschädigung oder Sehstärkenänderung ab 0,5 Dioptrien innerhalb von zwei Jahren nach Erwerb 70% Gutschrift auf den Kaufpreis
- Kostenloser Ersatz bei Bruch und/oder Beschädigung
Es lohnt sich definitiv. Denn passieren kann bei einem Gegenstand, den man ständig auf der Nase trägt, schnell etwas; selbst wenn man keinen Sport betreibt.
Vorsichtig sein
Jede Brille, selbst die mit XL-Gläsern, deckt nicht das ganze Sichtfeld ab. Es ist immer nur ein Bruchteil. Und genau das ist für Brillen-Neulinge ein großes Problem auf zweierlei Arten:
- Man muss erst im Unterbewusstsein lernen, dass es eine abgegrenzte Scharf-Zone gibt und dass man oben und unten sowie in den Augenwinkeln unverstärkt sieht.
- Je dicker der Rahmen und die Bügel, desto größer der Bereich, in dem man gar nichts sehen kann.
Ersteres ist etwas, an das man sich automatisch gewöhnt. Letzteres indes müssen vor allem Autofahrer beachten. Denn Rahmen und Bügel bilden einen toten Winkel, in dem man gar nicht sieht, nicht einmal verschwommen. Das bedeutet einerseits, dass man mitunter Sitzposition bzw. Rückspiegel anpassen muss. Andererseits, dass man sich nicht mehr nur auf Augenbewegungen verlassen darf, sondern den Kopf häufiger drehen muss.
Richtig putzen
Brillen werden im Alltag automatisch schmutzig. Doch selbst alte Hasen machen es noch häufig falsch und geben so ein Negativbeispiel, das Neulinge übernehmen. Kurz anhauchen, dann mit dem Saum des T-Shirts putzen? Ganz falsch. Denn die allermeisten Stoffe sind viel zu rau, um damit präzisionsgeschliffenes Glas oder Kunststoff zu bearbeiten. Hat sich in den Fasern Staub (= enorm feine Festkörper) gesammelt, wirkt eine solche „Reinigung“ gar wie Schmirgelpapier und produziert Kratzer, welche die Durchsicht verschlechtern.
Ebenfalls vollkommen falsch ist es, den Fingerabdrücken und Co. auf den Gläsern mit Glasreiniger zu Leibe zu rücken. Moderne Brillen sind mit hauchfeinen Beschichtungen bedampft (etwa zur Entspiegelung). Was Straßendreck von Fensterscheiben entfernen soll, greift auch diese Schichten oft genug an – auch feuchte Brillenputztücher sind meist zu scharf.
Nein, eine Brille darf nur auf wenige Arten gereinigt werden:
- Unter Wasser und eventuell mit einem Tropfen Spülmittel
- Mit einem dedizierten Brillenputztuch vom Optiker
- Mit sogenanntem Linsenputzpapier aus dem Fotobedarf – wo die Linsen ebenso komplex beschichtet sind
Und wenn sie richtig verschmutzt ist, kann man auch einfach zum Optiker gehen und um eine Ultraschallreinigung bitten. Das gehört praktisch überall zum kostenlosen Service dazu und ist wesentlich gründliche als sämtliche Experimente.
An die Leine nehmen
Nicht jeder muss seine Brille dauerhaft tragen. Etwa, wenn es sich um eine Lesebrille handelt. Doch genau das birgt in der Eingewöhnungsphase große Risiken. Vor allem dafür, dass man die Brille nicht konsequent trägt und somit nicht nur die Eingewöhnungsdauer unnötig in die Länge zieht, sondern sein Sehen mitunter noch schlechter macht.
Doch auch anderes passiert schnell: Was man nicht dauernd auf der Nase trägt, verlegt man leicht, vergisst man leicht und verschärft somit die erstgenannten Probleme noch. Um das alles zu vermeiden, sollte man seine Brille konsequent an die Leine legen – mittels eines Bandes, das an den Bügeln befestigt wird und es erlaubt, die Brille um den Hals zu tragen. Das mag zwar auf viele nach „Rentner-Style“ wirken, ist aber die zuverlässigste Methode und gleichzeitig die mit Abstand billigste, denn Brillenschnur ist ein Cent-Artikel.
Und: Es ist auch noch ein zusätzliches Sicherheitsmerkmal. Wenn man stolpert oder scharf bremst, kann die Brille schnell nach vorn von der Nase rutschen. Dank Brillenschnur bleibt sie dann vor der Brust hängen, anstatt auf den Boden zu fallen und möglicherweise als Garantiefall zu enden.