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Orgasmus: Das passiert während des Höhepunkts im Körper

Ein Feuerwerk der Emotionen: Befreiung, Entspannung, Erleichterung – kaum eine andere Erfahrung nehmen wir so intensiv wahr wie den Orgasmus. Obwohl er in der Regel nur einige Sekunden andauert, passiert währenddessen eine ganze Menge. Was genau läuft also während des Höhepunktes im Körper ab?
PST, 29.09.2022
Der Orgasmus: Was steckt hinter dem Gefühlsspektakel?

Shironosov / iStock

Ob beim Sex mit einem Mann, einer Frau oder bei der Selbstbefriedigung: Im Idealfall hat jeder Mensch schon einmal einen Orgasmus gehabt. Erlebt wird ein solcher sexueller Höhepunkt oft als Ausnahmezustand des Körpers - der Kopf scheint für den Moment völlig abgeschaltet zu sein. Das ist er aber ganz und gar nicht, denn alle körperlichen und psychischen Veränderungen während des Orgasmus werden letztlich vom Gehirn ausgelöst. Zeitlich lassen sich die Abläufe dabei in vier Phasen gliedern. Diese werden auch als Erregungszyklus bezeichnet.

Die Spannung steigt

Es beginnt mit der Erregungsphase, welche sowohl durch Berührung, als auch allein durch Vorstellungskraft oder das Unterbewusstsein ausgelöst werden kann. Äußerlich lässt sich zunächst das Anschwellen der Genitalien beobachten. Bei Frauen betrifft dies die Klitoris, die Vulvalippen, Vaginalwände und die Brustwarzen. Darüber hinaus tritt ein Vaginalsekret aus, wodurch die Vulva befeuchtet wird. Bei Männern hingegen weiten sich die Blutgefäße in den Schwellkörpern des Penis, wodurch vermehrt Blut in das Glied fließen kann. Dadurch, dass die Venen dabei zusammengepresst werden, kann das Blut nicht mehr abfließen und der Penis erigiert.

In unserem Gehirn wird in dieser Phase der genitale sensorische Cortex aktiv – ein Areal der Hirnrinde, das etwa in der Mitte unserer Scheitelregion sitzt und für die Verarbeitung von Sinneseindrücken zuständig ist.

Je mehr erogene Zonen stimuliert werden und ihre Reize an dieses Zentrum senden, desto stärker wird diese Hirnregion aktiv. Dadurch kann auch das Erregungsgefühl entsprechend intensiver sein.

Ist ein ausgelöster Reiz stark genug, wird er in das Zwischenhirn weitergeleitet, wo er den Hypothalamus erreicht. Dieses Hirnareal dient als eine Art Vermittler zwischen dem Nerven- und Hormonsystem und hat so Einfluss auf unseren gesamten Körper. Diese Verbindung sorgt unter anderem dafür, dass die Erregung auch unseren Kreislauf, den Herzschlag und die Hormonausschüttung beeinflusst.

Kein Weg zurück

Darauf folgt die Plateauphase, in welcher das starke Lustgefühl anhält. Einige Menschen empfinden die Erregung während dieser Phase auch als wellenartig. Kurz bevor es zur nächsten Phase, dem Höhepunkt, kommt, erfahren Männer die sogenannte ejakulatorische Unvermeidbarkeit. Dies kennzeichnet den Punkt, an dem die Spermien bereits über den Spermienleiter in die Prostata gepumpt wurden, wo sie sich mit Samenflüssigkeit mischen und in die Harnröhre geleitet werden. Diese Zeitspanne umfasst allerdings nur wenige Sekunden.

Hormonschub beim Höhepunkt

Kommt es dann zum Höhepunkt, schüttet der Hypothalamus schlagartig große Mengen an Hormonen aus. Das sogenannte „Kuschelhormon“ Oxytocin ist das, was hauptsächlich das berauschend angenehme Gefühl eines Orgasmus verursacht. Zusätzlich trägt das Hormon zur erhöhten Herzfrequenz sowie zum kurzfristigen Bluthochdruck bei und weitet die Pupillen.

Auch Dopamin wird nicht ohne Grund als „Glückshormon“ bezeichnet. Es wirkt während des Orgasmus ebenfalls erregend und verursacht eine Art Rauschzustand der Glücksgefühle. Indem das Hormon Serotonin freigesetzt wird, welches ebenfalls positiven Einfluss auf unsere Stimmung hat, wird auch das Schmerzunterdrückungssystem des Körpers aktiviert. Die Schmerzempfindlichkeit nimmt also während des Höhepunkts deutlich ab.

Gleichzeitig schießt bei Männern das Sperma mit einer Geschwindigkeit von circa 17 Kilometern pro Stunde durch rhythmische Muskelkontraktionen aus dem Penis, während der Zugang der Harnröhre zur Blase verschlossen wird. Durchschnittlich hält der männliche Höhepunkt ungefähr zwölf Sekunden an.

Bei Frauen hingegen kann der Höhepunkt im Schnitt 13 bis 51 Sekunden andauern. Dabei kommt es zum Zusammenziehen und Weiten des äußeren Teils der Vagina, der Gebärmutter und der umliegenden Muskeln in einem Rhythmus von etwa 0,8 Sekunden. Manche Frauen erleben auch eine Art Ejakulation, wobei der genaue Ursprung und die Zusammensetzung der ausgestoßenen Sekrete noch nicht final geklärt sind.

Zweite Runde?

Unmittelbar im Anschluss an den Höhepunkt folgt die Refraktärphase. Serotonin löst dabei ein Gefühl von Zufriedenheit und Entspannung aus, während Oxytocin die Bindung und das Vertrauen zur anderen Person stärkt. Um die Rauschwirkung des Dopamins wieder zu beenden, schüttet die Hirnanhangsdrüse zusätzlich das Hormon Prolaktin aus. Dieses ist in der Schwangerschaft und Stillzeit für das Brustwachstum und die Milchproduktion verantwortlich. Gleichzeitig wirkt es aber auch beruhigend.

Nach dem Orgasmus hemmt das Prolaktin die Wirkung des Glückshormons und unterstützt das Zufriedenheitsgefühl. Die Aktivität des Hypothalamus nimmt wieder ab, und dadurch auch das Lustgefühl. So zumindest bei den Männern, denn bei Frauen können durchaus weitere Plateauphasen folgen. Daher können sie, im Gegensatz zu Männern, mehrere Orgasmen kurz hintereinander erleben.

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