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Vornamen: Wo stecken eigentlich Ernst und Gertrud?

Mia, Emma, Ben und Jonas liegen voll im Trend: Diese Vornamen waren im Jahr 2015 bei uns die beliebtesten. Nach wie vor boomen dabei auch viele traditionelle Namen, die schon bei unseren Großeltern häufig waren. Aber was bestimmt, welche Namen über Generationen immer wieder kommen und welche drohen, für immer zu verschwinden?
Ancestry, 26.02.2016

Ein Name sollte gut klingen, keinen Anlass zu Hänseleien geben und am besten noch zum Kind oder dem Nachnamen passen.

Adrian825 / thinkstock.com

Der Name ist wichtig, begleitet er uns doch unser ganzes Leben lang. Entsprechend viele Gedanken machen sich Eltern, wenn es darum geht, den Vornamen für ihr Kind auszuwählen. Er soll schließlich gut klingen, keinen Anlass zu Hänseleien geben und am besten noch zum Kind oder dem Nachnamen passen. Welche Merkmale dabei als günstig für das Kind gelten, hat sich jedoch im Laufe der Zeit stark geändert.

Im Trend: Kurz und möglichst international

So ist heute vielen Eltern wichtig, dass der Vorname ansprechend und international einsetzbar ist. Denn in Zeiten der Globalisierung ist es ein Plus, wenn man nicht jedes Mal umständlich den Namen buchstabieren muss, weil beispielsweise Friedrich oder Geraldine anderswo nicht geläufig sind. Ein weiterer Trend geht zu kurzen Vornamen. Ein- oder zweisilbige Namen sind heute deutlich beliebter als dreisilbige.

"Woran die Namentrends festzumachen sind, ist immer schwer zu sagen", erklärt Nikolai Donitzky vom Familienforschungsportal Ancestry. "Aktuell relevante Persönlichkeiten und kulturelle Ereignisse spielen mit Sicherheit eine wichtige Rolle. Vermutlich gibt es immer junge Eltern, die sich bei der Namenswahl an Filmen, Schauspielern oder Musikern orientieren und so immer wieder neuen Namen zu einem Aufschwung verhelfen."

Die Top 15 Vornamen vor gut 100 Jahren und heute.

Ancestry

Wilhelm und Erna sind out

Diese Vorlieben spielen auch eine Rolle dafür, welche alten, traditionellen Vornamen heute eine Renaissance erleben und welche drohen, ganz in Vergessenheit zu geraten.  Um die "Haltbarkeit" alter Vornamen zu untersuchen, haben Forscher des Familienforschungsportals Ancestry.de die Namen auf fast 80 Millionen Geburtsurkunden aus der Zeit von 1550 bis 1945 mit den heutigen Geburtsurkunden verglichen.

Das Ergebnis: Einige der noch vor hundert Jahren beliebtesten Namen gibt es heute kaum noch. So war der Vorname Wilhelm beispielsweise gegen Ende des 19. Jahrhunderts einer der angesagtesten deutschen Männernamen. Auch Hans, Ernst, Walter, Erich, Rudolf, Eugen, Bernhard oder Herbert waren damals sehr verbreitet. Betrachtet man aber die aktuelle Namensrangliste von 2015, so finden sich Wilhelm und Hans nur noch auf Platz 323 und 333. Die restlichen sind nicht einmal mehr in den Top 500 vertreten.

Bei den Frauennamen gibt es ähnliche Fälle: Hertha, Erna, Margarete, Barbara, Wilhelmine, Gertrud oder auch Hedwigwaren früher äußerst beliebt. Heutzutage klingen sie für unsere Ohren zu antiquiert finden nahezu keine Beachtung mehr. Sie sind heute mehr oder weniger vom Aussterben bedroht.

Gestern wie heute beliebt: Paul und Anna

Interessanterweise haben sich andere alte Namen dagegen bis heute gehalten und sind sogar wieder im Trend: Im letzten Jahr war Paul in den Top 10 der beliebtesten Vornamen vertreten. Paul war schon vor über hundert Jahren unter den beliebtesten zehn Namen in Deutschland. Zwischen 1950 und 1970 allerdings wurde er kaum noch vergeben. Erst zu Beginn der 1980er Jahre nahm seine Beliebtheit wieder kontinuierlich zu. Bei den Mädchennamen sind es Marie oder Emma, die früher wie heute zu den Favoriten zählen.

Zwischen Aussterben und Renaissance

Prominente Namensträger wie Herbert Grönemeyer, Burghart Klaußner, Margarethe von Trotta, Barbara Schöneberger oder Harry Potters Schneeeule Hedwig sind damit vielleicht die letzten bekannten Persönlichkeiten mit diesen Vornamen. "Natürlich kann man nie sagen, dass ein Vorname für immer ausgestorben ist", erklärt Donitzky. "Aber es ist interessant zu sehen, wie sich die Geschmäcker verschieben und bestimmte Namen zu bestimmten Zeiten bevorzugt vergeben wurden beziehungsweise werden."

Wenn man sich partout nicht für einen Vornamen entscheiden kann, ist manchmal vielleicht keine schlechte Idee, bei den eigenen Vorfahren nach Anregungen zu suchen.  "Denn nicht alle dieser alten Namen klingen oder sind altbacken, zumal es viele Kurzformen und Abwandlungen gibt", sagt Donitzky. "Vielleicht stößt man ja unter den Ahnen auf genau den richtigen Namen für den eigenen Nachwuchs und bewahrt so einen traditionsreichen Namen und damit auch ein Stück der eigenen Familientradition vor dem Aussterben."

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