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Warum erkranken auch Jüngere an Darmkrebs?

Darmkrebs gehört zu den häufigsten und tödlichsten Tumorerkrankungen. Dank besserer Vorsorge sinkt zwar die Zahl der Betroffenen seit Jahren, doch besonders unter Jüngeren nimmt Darmkrebs besorgniserregend zu. Warum ist das so? Welche Faktoren beeinflussen, ob wir an Darmkrebs erkranken und wie wirken sie zusammen?
CKR, 16.06.2025
Symbolbild Darmkrebs

© peterschreiber.media/ GettyImages

Wer von Darmkrebs spricht, meint fast immer einen Tumor im Dickdarm oder Mastdarm, auch Enddarm genannt. In diesen beiden Abschnitten unseres Verdauungstrakts bilden sich am häufigsten Tumore. Jährlich erhalten rund 55.000 Menschen in Deutschland die Diagnose Darmkrebs, wie aus Statistiken des Robert Koch-Instituts hervorgeht. Damit ist Darmkrebs – nach Lungenkrebs – hierzulande die zweithäufigste und zugleich die zweittödlichste bösartige Krebserkrankung.

An Tumoren im Dickdarm sterben etwa sechs Prozent aller Krebspatienten, an Tumoren im Mastdarm rund drei Prozent, wie Daten des Statistischen Bundesamtes zeigen. Dank stetig verbesserter Behandlungsmöglichkeiten, Vorsorge und Früherkennung ist die Diagnose aber inzwischen nicht mehr zwangsläufig ein Todesurteil. Im Zeitraum von 2003 bis 2023 ist die Zahl der Darmkrebs-Toten in Deutschland sogar um 17 Prozent gesunken. Die Todesrate liegt nun bei etwa 44 Prozent.

Darmkrebs bei Jüngeren nimmt zu

Im Durchschnitt erhalten Männer in Deutschland die Diagnose Darmkrebs mit 71 Jahren, Frauen im Alter von 75 Jahren. Das Alter gilt daher als wesentlicher Risikofaktor. Doch inzwischen sind auch immer häufiger junge Menschen zwischen 20 und 50 Jahren betroffen. Fünf Prozent der Menschen, die an Darmkrebs erkranken, sind heute jünger als 50 Jahre. Einen ähnlichen Trend gibt es in dutzenden weiteren Länder weltweit, darunter Australien, England, Frankreich und die USA.

Bei den jungen Patienten treten vor allem drei Symptome auf: blutiger Stuhl, Bauchschmerzen und veränderte Stuhlgewohnheiten. Diese Anzeichen sind zwar typisch für Darmkrebs, können aber auch bei zahlreichen anderen Erkrankungen auftreten. Wegen des jungen Alters der Betroffenen fällt bei diesen Symptomen daher oft der Verdacht zunächst auf andere Krankheiten und erst spät auf Krebs, was die Diagnose erschwert. „Die Folge ist, dass die Tumoren erst spät entdeckt werden und schlechter behandelbar sind“, erklärt der Facharzt Benjamin Kobitzsch vom Krebszentrum des Universitätsklinikums Leipzig.

Wie kommt es zu Tumoren im Darm?

Doch warum nehmen Darmtumore bei Jüngeren zu? Dazu haben Forschende verschiedene Hinweise gefunden und erste Theorien entwickelt. Gründe könnten demnach ein hoher Antibiotika-Einsatz sein, ein hoher Konsum taurinhaltiger Energy Drinks oder eine Kombination aus diesen neu identifizierten und den zahlreichen schon lange bekannten Risikofaktoren, die Tumore im Darm begünstigen.

Viele dieser Stellschrauben lassen sich durch den Lebensstil beeinflussen. Dazu zählen wie bei anderen Krebsarten auch Übergewicht, Alkoholkonsum, Rauchen und zu wenig Bewegung. „Die Wahrscheinlichkeit, an Dickdarmkrebs zu erkranken, lässt sich – statistisch gesehen – durch körperliche Aktivität um 20 bis 30 Prozent verringern“, schreibt die Deutsche Krebshilfe.

Symbolbild Darmflora
Bei Darmkrebs kommt der Ernährung eine besondere Rolle zu, da sie die Darmflora negativ verändern und so Darmtumore fördern kann.

© nopparit, iStock.com

Risikofaktor Ernährung

Eine besonders wichtige Rolle kommt bei Darmkrebs der Ernährung zu. So kann der Konsum von stark verarbeiteten Lebensmitteln – zum Beispiel Fertiggerichte, Wurstwaren, Fast Food und Sportlernahrung – die Darmflora negativ verändern und so Darmtumore fördern. Schuld sind die darin enthaltenen Fette, Zucker, Zusatz- und Konservierungsstoffe. Zudem gilt rotes Fleisch als starker Darmkrebstreiber. Denn das darin enthaltene Eisen kann nachweislich die Darmzellen schädigen. Aber auch weißes Fleisch von Hähnchen wurde inzwischen mit Darmkrebs in Verbindung gebracht.

Das Darmkrebsrisiko senken kann hingegen eine Ernährung mit viel Ballaststoffen und Vitaminen aus frischem Obst und Gemüse, Hülsenfrüchten und Vollkornprodukten. Schützend wirken auch Inhaltsstoffe von Nüssen sowie das Calcium aus Milch und Joghurt. Mit diesen Lebensmitteln läuft die Verdauung schneller ab und schädliche Substanzen bleiben kürzer in den Eingeweiden. Zudem verändern die Lebensmittel die Zusammensetzung der im Verdauungstrakt lebenden Mikroben und fördern dabei Bakterien, die entzündungshemmende Substanzen herstellen.

Zusammenspiel der Darmflora

Diese Beispiele zeigen: Die Ernährung und andere Risikofaktoren interagieren mit der Darmflora und beeinflussen unsere Verdauung. Welche Keime in unserem Darm wohnen, können wir aber nur zum Teil über unseren Lebensstil steuern. Tatsächlich kommen bei Menschen mit Darmkrebs dutzende Bakterien besonders häufig vor. Forschende vermuten inzwischen, dass sie möglicherweise zusammen den Krebs auslösen.

Denn diese Mikroben der Darmflora produzieren in ihrem Stoffwechsel Moleküle, die das Erbgut in Darmzellen schädigen und daher zu Tumoren führen können. Ein Beispiel dafür sind bestimmte Stämme von Escherichia coli, die das DNA-schädigende Gift Colibactin produzieren. Sie stehen ebenfalls im Verdacht, an den steigenden Krebsfällen bei Menschen unter 50 Jahren beteiligt zu sein.

Vererbtes Risiko

Ein erhöhtes Risiko, an Darmkrebs zu erkranken und das bereits in jüngeren Jahren, haben zudem Menschen mit bestimmten chronischen Erkrankungen des Verdauungsprozesses oder familiärer Vorbelastung. Unter letzterem verstehen Ärzte Personen, bei denen ein oder mehrere enge Verwandte einen Darmtumor oder zahlreiche Darmpolypen hatten, aus denen sich die meisten Tumore entwickeln. In diesen Fällen besteht oft eine genetische Veranlagung.

„Drei bis fünf Prozent aller Fälle lassen sich auf bekannte Genveränderungen zurückführen, die vererbt werden können und vor allem Dickdarmkrebs auslösen“, erklärt die Deutsche Krebsgesellschaft. Es gibt also vielfältige Faktoren, die zur Entstehung von Tumoren im Darm beitragen, auch bei Jüngeren, und nicht alle sind beeinflussbar.

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