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Religion im alten Indien: Glaubensformen an Indus und Ganges

Was war die Industal-Kultur?

Zu ihren bekanntesten Städten gehören die im heutigen Pakistan im Tal des Indus gelegenen Ausgrabungsorte Harappa und Mohenjo-Daro. Die Hochblüte dieser Kultur mit ihren reißbrettartig angelegten Städten existierte vermutlich vom 3. Jahrtausend v. Chr. bis etwa in die Mitte des 2. Jahrtausends v.Chr. Diese Hochkultur ist uns nur aufgrund archäologischer Funde bekannt. Da im Gegensatz zu den Schriften anderer früher Zivilisationen die der Industal-Kultur bisher noch nicht entziffert werden konnte, gestaltet sich eine Deutung ihrer Religion äußerst schwierig.

Welche Glaubensvorstellungen lassen sich rekonstruieren?

Die Rekonstruktion religiöser Glaubensvorstellungen basiert hauptsächlich auf den Figuren und Bildern sowie auf Szenen, die auf Siegeln dargestellt wurden. Einiges spricht dafür, dass Züge der Religiosität dieser Epoche sich in der vedischen und nachvedischen Religion fortsetzten. Ein Beispiel ist die Figur einer anscheinend in Meditationshaltung sitzenden Gestalt mit Büffelhörnern, die vielfach als »Protoshiva« bezeichnet wird. Ob es sich dabei um den höchsten Gott, sozusagen um eine Frühform des Shiva (eine der wichtigen Gottheiten des späteren Hinduismus) handelt, ist ebenfalls nicht sicher, denn es gibt auch viele andere Vorschläge, die in dieser Figur den Prototyp des Feuergottes Agni oder sogar eines Asketen des um 500 v. Chr. entstandenen Jainismus, einer indischen Religion, sehen möchten. Andererseits scheint die Verehrung einer Muttergöttin im Zusammenhang mit dem so genannten Baum der Fruchtbarkeit hervorstechend zu sein; ob aber die männlichen Götter ihr alle untergeordnet waren, ist wiederum nicht befriedigend zu klären.

Die aus dieser Kultur stammenden Siegel lassen auf eine ausgeprägte Baum- und Tierverehrung schließen. Die Bestattungsbräuche waren offensichtlich während der langen Zeit der Industal-Kultur nicht einheitlich. So herrschte zum Beispiel in Harappa in der älteren Besiedelungsschicht Erdbestattung vor, während man später die Urnenbestattung bevorzugte.

Was versteht man unter vedischer Religion?

Die vedische Religion, die ihre Bezeichnung von ihren heiligen Schriften, dem älteren Teil des Veda (»Wissen«) herleitet, ist gewissermaßen die Vorläuferin dessen, was man jetzt gewöhnlich mit dem Begriff »Hinduismus« bezeichnet. Bisweilen trägt die jüngere Phase dieser Religion auch das Etikett »Brahmanismus«, weil in ihr die Priesterklasse der Brahmanen eine eminent wichtige Rolle spielte.

Träger dieser Religion waren die sich selbst als arya (»Edle«) bezeichnenden Bevölkerungsgruppen, die wohl seit der Mitte des 2. Jahrtausends v.Chr. über die afghanischen Gebirgsketten in den indischen Subkontinent einwanderten und ihre Herrschaft in Kämpfen gegen die dort ansässige Bevölkerung in einem Jahrhunderte andauernden Prozess über ganz Nordindien ausbreiteten. Religion stand in dieser Gesellschaft im Zentrum der gesamten Kultur und umfasste einen Komplex von Ideen, Erfahrungen, Handlungen und Verhaltensregeln gegenüber übernatürlichen persönlichen und unpersönlichen Mächten. Damit gingen Erklärungen über Entstehen und Existenz der Welt sowie Anschauungen über die Beziehungen dieser Mächte untereinander und mit den Menschen Hand in Hand.

Wie sah die religiöse Praxis aus?

Grundsätzlich galt der Mensch als von übernatürlichen Mächten abhängig, doch konnte man durch richtiges kultisches Verhalten, Gebete und vor allem Opfer (yajña) für ein Funktionieren dieser Kräfte sorgen. Im Mittelpunkt dieser Bestrebungen stand die Sicherung weltlicher Ziele wie Nachkommenschaft, Reichtum, Genuss und Gesundheit, da der Glaube an eine Weiterexistenz im Jenseits überhaupt nicht oder nur sehr verschwommen bestand. Die vedische Mythologie kennt eine Vielzahl von Gottheiten. Der Götterkönig und Gewittergott Indra repräsentiert dabei ein besonderes Maß an Macht und Vitalität. Es existierte in der vedischen Religion weder so etwas wie eine Kirche noch ein Glaubensbekenntnis, doch gab es begabte Seher (rishis), die durch Kontakte zu den Göttern und zur Welt des Heiligen das entsprechende Wissen über das Universum und seine Geheimnisse erlangen konnten.

Welche heiligen Schriften gibt es?

Autoritative Quelle der vedischen Religion sind die älteren Veden, insbesondere der Rigveda, der sich mit seinen Hymnen an die Götter richtet. Diesen Versen soll eine besondere religiöse Kraft innewohnen, die zum Gelingen ritueller Handlungen wie etwa dem Opfer oder dem Gebet notwendig ist. Daneben spiegeln der Rigveda, der Atharvaveda (Zaubersprüche), der Yajurveda (Opfersprüche) und der Samaveda (heilige Gesänge) auch die altindoarische Ständeordnung wider. Die Gesellschaft war geteilt in den Kriegeradel, den Priesterstand (Brahmanen) und in die gemeinen Landeigentümer – nur diese drei Gruppen hatten Zugang zu den religiösen Texten. Der vierten Gruppe der Shudras kamen ausschließlich dienende Funktionen zu.

Wussten Sie, dass …

die Bedeutung der Industal-Kultur erst spät erkannt wurde? So verwendete die britische Kolonialmacht beim Bau der Eisenbahnstrecke von Karatschi nach Lahore in der Mitte des 19. Jahrhunderts Lehmziegel aus dem Ruinenfeld des antiken Harappa.

die Industal-Kultur anscheinend sehr friedfertig war? Bei den archäologischen Grabungen wurden weder Befestigungsanlagen noch Waffen gefunden.

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