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Ziegen und Schafe: Nahe Verwandte

Wer ist die Urmutter aller Hausziegen?

Die Bezoarziege (Capra aegagrus) gilt als die Stammmutter der Hausziegen. Bereits im 8. Jahrtausend v. Chr. wurde sie als Haustier gehalten – und damit lange vor dem Rind domestiziert. Charakteristisch ist die Gehörnform: Die Böcke tragen große, krummsäbelartig geschwungene Hörner, die an der Vorderseite eine Schmalkante mit sechs bis zwölf Höckern aufweisen. Die Bezoarziege ist auf der Südseite des Kaukasus, im Taurus, in vielen Gebieten Kleinasiens und Persiens sowie auf einigen Inseln des Ägäischen Meers beheimatet.

Übrigens: Die Kretische Wildziege oder Agrimi (Capra aegagrus cretica) ist eine Unterart der Bezoarziege. Das Nationaltier Kretas lebt im Südwesten der Insel, im Gebirge Lefka Ori, den »Weißen Bergen«. Zum Schutz dieser seltenen Tierart wurde dort ein Nationalpark eingerichtet, in dem heute etwa 500 Tiere zu Hause sind.

Warum stürzen Steinböcke und Gämsen so selten ab?

Wegen ihres Hufs, ihrer wichtigsten Kletterhilfe im steilen, unwegsamen Gelände. Er besteht aus zwei Klauen, den sog. Schalen und den Afterklauen, die auf ebener Fläche den Boden nicht berühren. Die Sohlenflächen der Hufe sind weich und anschmiegsam und passen sich jeder Unebenheit des Geländes perfekt an. Der überstehende Hufrand ist dagegen härter. Rutscht ein Steinbock oder eine Gämse auf dem Felsen aus, so verhakt sich dieser Rand selbst an winzigen Vorsprüngen und hält das Tier. Zudem können sich die beiden Klauen gegeneinander verschieben, so dass sie auch im steinigsten Gelände an acht Punkten Bodenkontakt haben und sicher stehen. Bewegen sie sich steile Hänge hinab, werden die weit auseinandergespreizten Klauen der Vorderbeine und die Hinterbeine manchmal bis zur Ferse an den Boden gepresst. Dabei bohren sich neben den Hufspitzen auch die Afterklauen fest in den Hang, so dass die Tiere nicht ins Rutschen geraten können. Auch in hohem Schnee bewegen sich Gämsen und Steinböcke sicher, ohne einzusinken. Denn die beiden Klauen sind auch noch mit einem Sehnenband verbunden, das die Auflagefläche der Hufe vergrößert.

Sind Bezoarsteine tatsächlich Steine?

Nein, diese »Steine« bestehen aus Haaren, die von den Ziegen bei der Fellpflege abgeleckt werden und in den Magen wandern. Dort verdichten sich die unverdaulichen Haare zu runden, fest verfilzten Ballen. Mit der Zeit wird ihre Oberfläche glatt und hart – deshalb werden sie Bezoarsteine genant. Sie finden sich auch im Magen von Steinböcken. Da der Volksglaube ihnen Heilkräfte zuspricht, wurden die Tiere früher erbittert gejagt.

Gibt es noch echte Wildschafe?

Ja, die Wildschafe (Gattung Ovis) sind mit insgesamt 37 Unterarten in den Gebirgen Eurasiens und Nordamerikas verbreitet. Alle gehören zu den beiden Arten Ovis ammon (Eurasisches Wildschaf) beziehungsweise Ovis canadensis (Dickhornschaf).

Der Europäische Mufflon (Ovis ammon musimon) ist das einzige Wildschaf Europas und mit einer Schulterhöhe von bis zu 90 Zentimetern auch das kleinste. Seine nahen Verwandten, die asiatischen Wildschafe wie Urial (Ovis vignei) und Argali (Ovis ammon), bringen es dagegen auf bis zu 1,25 Meter. Alle heute in Europa lebenden Mufflons stammen von den letzten wild lebenden Tieren auf Korsika und Sardinien ab. Als begehrtes Jagdwild, das eine stattliche Trophäe zu bieten hat, wurden Mufflons nach 1900 auch in Deutschland ausgesetzt. Der Gesamtbestand des Wildschafes dürfte heute bei etwa 8000 Tieren liegen. Muffeltiere leben überwiegend im Wald; sie bevorzugen steinigen Boden und ein trockenes Klima.

Was haben Lämmer mit Persianerpelzen zu tun?

Die Lämmer des Karakulschafes, das in Südwestafrika und Zentralasien gehalten wird, werden für die Herstellung von Persianerpelzen innerhalb der ersten drei Tage ihres Lebens geschlacht. Sie tragen das schwarze Persianerfell, dessen Locken zu diesem frühen Zeitpunkt noch geschlossen sind. Für einen Mantel müssen 25 bis 30 Lämmer getötet werden. Ungeborene Karakullämmer liefern den Breitschwanzpelz. Um an das leicht gewellte, samtige Fell zu kommen, muss ein tragendes Mutterschaf getötet und der Fötus herausgeschnitten werden.

Was macht das besondere Aroma der Ziegenmilch aus?

Die wählerische Futteraufnahme der Ziegen und ihre Vorliebe für aromatische Kräuter sind für den charakteristischen Geschmack der Ziegenmilch verantwortlich. Ziegenmilch enthält etwa genauso viel Wasser, Fett, Eiweiß und Calcium wie Kuhmilch. Da bei uns relativ wenig Ziegenmilch hergestellt wird, ist sie wesentlich teurer als Kuhmilch. Ziegenmilch ist hauptsächlich in Naturkostläden und Reformhäusern zu kaufen, mit etwas Glück wird man auch auf Wochenmärkten fündig.

Wussten Sie, dass …

sich 93 Prozent der weltweiten Ziegenbestände (etwa 710 Millionen Tiere) in den Entwicklungsländern befinden?

in Deutschland dagegen die wirtschaftliche Bedeutung der Ziegenzucht stark zurückgegangen ist? Bei uns werden nur noch etwa 125 000 Ziegen gehalten.

früher in Europa die Ziegen vor allem von armen Leuten gehalten wurden? Für sie war Ziegenmilch ein Grundnahrungsmittel.

Ziegenhalter von der Intelligenz, aber auch der Launenhaftigkeit und dem Eigensinn der Tiere fasziniert sind? Nicht von ungefähr stammt der Begriff »kapriziös« vom lateinischen Wort für Ziege, capra, ab – und auch das Wort »Zicke« leitet sich von ihr her.

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