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Das Holocaust-Mahnmal: Fragen und Antworten
Am 10. Mai ist das lang geplante und noch heute heftig umstrittene Holocaust-Mahnmal in Berlin eröffnet worden – zunächst in einer geschlossenen Feierstunde. Erst zwei Tage später hat die Öffentlichkeit Zutritt. Unser Kooperationspartner Financial Times Deutschland hat die wichtigsten Fakten zum Holocaust-Mahnmal in Berlin in Form von neun Fragen und Antworten zusammengestellt.
Woraus besteht das Mahnmal?
Auf einer Fläche von 19.000 Quadratmetern sind 2711 Stelen in einem Raster angeordnet. Die grauen, wellenförmig aufgestellten Betonstelen sind jeweils 2,38 Meter lang und 95 Zentimeter breit. Sie ragen bis zu 4,70 Meter in die Höhe. Anzahl und Größe der Stelen haben keine symbolische Bedeutung.
Woran soll es erinnern?
Offiziell trägt das Holocaust-Mahnmal den Titel "Denkmal für die ermordeten Juden Europas". Es soll zentrale deutsche Gedenkstätte für die Ermordung von Millionen Juden durch die Nationalsozialisten sein. Nach Protesten der Sinti und Roma sowie von Homosexuellen werden auch für diese Opfergruppen Mahnmale errichtet.
Ist es gegen Schmierereien geschützt?
Die Betonquader sind mit einer farbabweisenden Oberfläche beschichtet. Zudem patrouilliert ein privater Sicherheitsdienst Tag und Nacht durch das Stelenfeld.
Wer sind die Initiatoren?
Häufig wird die Publizistin Lea Rosh als Initiatorin genannt. Die Idee stammt jedoch vom Historiker Eberhard Jäckel. Der fragte Lea Rosh 1988 bei einem Besuch der israelischen Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem, warum es solch ein Mahnmal nicht auch in Deutschland gebe.
Wie kam es zu dem Denkmal?
1994 schrieben der Bund, die Stadt Berlin und ein Förderkreis von Lea Rosh einen ersten Wettbewerb aus. Bundeskanzler Helmut Kohl lehnte jedoch den Gewinnerentwurf, eine riesige Platte mit den eingemeißelten Opfernamen, ab. Die zweite Runde gewann 1997 der Entwurf des US-Architekten Peter Eisenman. Der Bundestag beschloss 1999 den Bau. Nach Fehlern bei der Ausschreibung und mehreren Änderungen der Gestaltung war erst am 1. April 2003 Baubeginn.
Warum dauerte die Errichtung so lange?
Planung und Bau wurden immer wieder durch Streit um Konzept und Finanzierung verzögert. Zunächst war unklar, wer die Kosten von 27 Mio. Euro tragen sollte. Eisenman und die Mahnmal-Stiftung debattierten lange, ob eine Ausstellung das Mahnmal ergänzen und was diese zeigen sollte. Kohl forderte, den Übergang zum Tiergarten mit Bäumen zu bepflanzen, die USA verlangten für ihren Botschaftsneubau nebenan eine größere Sicherheitszone, weshalb das Feld verkleinert wurde. Schließlich war umstritten, ob Degussa den Graffitischutz liefern dürfe. Eine Tochter des Unternehmens hatte das Zyklon B für die Gaskammern hergestellt.
Wo steht das Mahnmal?
Das Stelenfeld liegt nur wenige Schritte entfernt südöstlich vom Brandenburger Tor. Die angrenzende Ebertstraße führt zum nahen Potsdamer Platz. Im Norden grenzt es an das Hotel Adlon und die Baustelle der US-Botschaft. Das Mahnmal wurde auf dem ehemaligen Todesstreifen der Berliner Mauer errichtet. Zuvor standen dort Regierungsgebäude der Nationalsozialisten, die bei Luftangriffen zerstört wurden. Unter Teilen des Feldes befinden sich noch alte Bunkeranlagen.
Wann wurde es eröffnet?
Am 10. Mai um 14 Uhr fand der offizielle Festakt statt. Neben Überlebenden des Holocaust hielten Bundestagspräsident Wolfgang Thierse, der Architekt Peter Eisenman und die Initiatorin Lea Rosh in einer geschlossenen Veranstaltung Ansprachen.
Wann kann man es besichtigen?
Ab Donnerstag, den 12. Mai um 6 Uhr morgens ist das Mahnmal für Besucher frei zugänglich, auch nachts. Es kann von den vier Seiten an jeder Stelle betreten werden. Für Rollstuhlfahrer sind geeignete Wege mit Schildern markiert. Der Eintritt ist frei.