Fünf zusätzliche Rechte für EU-Bürger
Es ist seit langem eines der zentralen Probleme der Europäischen Union (EU): die mangelnde Identifizierung der Bürger mir “ihrer” Union. Um das europäische Gemeinschaftsgefühl zu stärken, hat der “Vertrag über die Europäische Union” (Maastricht-Vertrag) die “Unionsbürgerschaft” eingeführt. Seit Inkrafttreten des EU-Vertrags am 1. November 1993 sind alle Staatsangehörigen der Mitgliedsstaaten der EU automatisch zugleich Unionsbürger. Demnach haben die Bürger fünf, über ihre nationale Staatsbürgerschaft hinausgehende Rechte.
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- Recht auf Freizügigkeit und Aufenthalt: Jeder Unionsbürger darf sich im gesamten Hoheitsgebiet der Mitgliedsstaaten frei bewegen und (dauerhaft) aufhalten ― vorbehaltlich der im EG-Vertrag aufgeführten Bedingungen. So müssen Personen, die in einem anderen EU-Land wohnen wollen, über ein Einkommen verfügen, das über dem vor Ort geltenden Sozialhilfesatz liegt. Dies soll verhindern, dass Bürger den Wohnsitz verlegen, um höhere staatliche Unterstützungen zu erhalten.
- Recht auf Wahlteilnahme in anderen EU-Staaten: Wohnen Unionsbürger in einem anderen Staat der Union, so haben sie dort das aktive und passive Wahlrecht bei den Wahlen zu den kommunalen Vertretungen und zum Europäischen Parlament.
- Recht auf diplomatischen Schutz durch andere EU-Staaten: Bei einem Aufenthalt in einem der EU nicht angehörenden Drittstaat können Unionsbürger den konsularischen Schutz jeder Botschaft oder jedes Konsulats anderer EU-Staaten in Anspruch nehmen, wenn ihr Heimatstaat in diesem Drittstaat keine erreichbare ständige Vertretung unterhält (davon profitieren vor allem Bürger kleiner EU-Staaten). Der Schutz umfasst unter anderem Hilfe bei schweren Unfällen, in Todesfällen oder bei Gewaltverbrechen und Festnahmen.
- Recht auf Petitionen beim Europäischen Parlament: Jeder Unionsbürger kann sich mit einer allgemeinen Petition an das Europäische Parlament sowie mit Beschwerden, die die Institutionen der Gemeinschaft betreffen (mit Ausnahme des Gerichtshofs), an den Europäischen Bürgerbeauftragten wenden. Diese, wie auch alle anderen Eingaben an die Organe der Gemeinschaft, können in der Muttersprache verfasst sein ― die Bürger haben ein Recht auf Beantwortung in ihrer Sprache.
- Recht auf Zugang zu Dokumenten: Aufgrund der öffentlichen Kritik, dass die EU-Organe auf Arbeitsebene Dokumente behandeln, die von entscheidender Bedeutung für die Bürger aber nicht öffentlich zugänglich sind, hat jeder Bürger inzwischen “das Recht auf Zugang zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission” ― vorbehaltlich besonderer Bestimmungen etwa aufgrund von Sicherheitsinteressen.
Die Unionsbürgerschaft ist ein Versuch, die wirtschaftlichen und sozialen Rechte der EU-Bürger durch politische zu ergänzen. Die Strahlkraft dieser ergänzenden Identität könnte zunehmen, wenn die im Dezember 2000 verabschiedete, bislang deklarative “Charta der Grundrechte der EU” bei einer Vertragsrevision in das so genannte primäre Recht (EU-/EG-Vertrag) aufgenommen wird. Denn in der Charta gehören die Rechte der Unionsbürgerschaft ― neben weiteren ― zu den Bürgerrechten.